Preisend mit viel schönen Versen

Ein Geburtstagslied aus dem Jahr 1643 für Konrad Widerhold und weitere Schriftzeugnisse über einen legendären württembergischen Kriegshelden

Die Festung Hohentwiel 1703, gut zu erkennen ist die in der Ära Konrad Widerholds errichtete Festungskirche, Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS B 33 Bü 71
Die Festung Hohentwiel, Zeichnung von Johann Baptist Gumpp aus dem Jahr 1703. Der Gebäudekomplex wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg nochmals erweitert und diente zwischenzeitlich als Staatsgefängnis. Gut zu erkennen ist die in der Ära Konrad Widerholds errichtete Festungskirche, Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS B 33 Bü 71

 

Conradus Widerholde

der tewr und tapfer Held

Ist höher als das Golde

Zu schäzen und vil Gelltt

Von wegen seiner Thaaten

So er anstellt mit Fleiß

Die thun fast wol gerahten

Zu Gottes Lob und Preyß

Mit diesen Zeilen beginnt ein von Andreas Bauknecht (Pawknecht) verfasstes Akrostichon an Konrad Widerhold anlässlich seines 45. Geburtstags im Jahr 1643. Dies ist nur die erste von insgesamt 18 Strophen, mit denen der Jubilar so überschwänglich geehrt wird und deren Anfangsbuchstaben seinen Namen (CONRADVS WIDERHOLDT) ergeben. Gezeichnet wird das Bild eines frommen Kriegshelden, der auf der richtigen Seite kämpft und in eine Reihe mit diversen Helden des Alten Testaments gestellt wird, an deren Vorbild er sich orientieren soll. Dieses Persönlichkeitsbild ist in der württembergischen Heimatforschung bis heute verbreitet.

Konrad Widerhold, 1598 im hessischen Ziegenhain geboren, trat ungefähr 1620 in württembergische Dienste. Nach der für die evangelische Seite verlorenen Schlacht von Nördlingen 1634 wurde er zum Kommandanten der Festung Hohentwiel ernannt. Dieser militärische Stützpunkt war bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg eine von katholischem Gebiet umgebene württembergische Exklave und hatte ein Jahrhundert zuvor Herzog Ulrich nach seiner Vertreibung durch den Schwäbischen Bund als Zufluchtsort gedient. Aufgrund der Besetzung Württembergs und der Flucht Herzog Eberhards III. nach Straßburg war Widerhold zunächst mehr oder weniger auf sich alleine gestellt. Dennoch konnte er den im weiteren Kriegsverlauf fünf Mal belagerten Hohentwiel – trotz der zeitweiligen Tendenz seines Herzogs zur Festungsübergabe – erfolgreich bis Kriegsende verteidigen und schließlich 1650 nach längeren Verhandlungen an Eberhard III. zurückgeben. In der Wahl seiner Mittel hatte er allerdings wenig Skrupel und schreckte auch vor Entführungen, Erpressung, Raubzügen und einer Politik der verbrannten Erde nicht zurück. Widerhold kontrollierte zeitweilig weite Gebiete Oberschwabens und zwang 1638 sogar die Reichsstadt Pfullendorf unter seinen Schutz und Schirm. Sein Einflussbereich war freilich stets in Reichweite der katholischen Kriegsprotagonisten Österreich und Bayern, dazu erwuchs ihm im besetzten Württemberg in Person der Erzherzogin Claudia von Österreich-Tirol seine wichtigste Gegenspielerin.

Widerhold war unzweifelhaft von einer persönlichen lutherisch-orthodoxen Frömmigkeit geprägt, auf welche die Leichenpredigt von Matthaeus Esenwein d. Ä. aus dem Jahr 1667 hauptsächlich abhebt, aber auch ein berechnend-pragmatischer und mitunter eigensinniger Kriegsunternehmer. Andererseits tat er sich schon damals als Stifter verschiedener Gefäße und Ornate für das Inventar der Festungskirche hervor.

Eine herausragende Quelle für die Kommandantur Widerholds, der im Hauptstaatsarchiv Stuttgart verwahrte Bestand A 360 (Hohentwiel, Festung und Kellerei), enthält eine umfangreiche Sammlung eingehender Originalschreiben an Widerhold, die seine weitreichenden Kontakte zu europäischen Fürsten und bekannten Generälen während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges dokumentieren. Neben einer Korrespondenz zwischen Widerhold und Herzog Eberhard III. über die Belagerung von 1635/36 finden sich auch ein Originalschreiben von König Ludwig XIII. von Frankreich oder des schwedischen Oberkommandierenden Bernhard von Weimar, mit denen Widerhold im weiteren Verlauf des Krieges Bündnisse einging.

Sein Bild als Kriegsheld ist aufgrund seiner mitunter skrupellosen Politik – neben den zahlreichen Raubzügen in Oberschwaben muss dazu auch das Bündnis mit dem katholischen Frankreich gezählt werden – also nicht ungetrübt. Weniger in Zweifel zu ziehen ist sicherlich seine spätere Rolle als Kirchheimer Obervogt und Begründer einer wohltätigen Stiftung, aus deren Geldern auch württembergische Geistesgrößen wie Philipp Matthäus Hahn einmal ihr Studium bestreiten sollten. In Kirchheim unter Teck sind heute mehrere öffentliche Einrichtungen nach Widerhold benannt und halten so die Erinnerung an ihn wach.

Johannes Renz

Quelle: Archivnachrichten 57 (2018), S. 22-23

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