Kriegsende

Von Peter Exner

 

Im Februar 1919 kommt es im Industriezentrum Mannheim zu Unruhen. Die provisorische Regierung in Baden stellt eigene Freiwilligenverbände auf: Besuch des Präsidenten Anton Geiß (SPD) mit Hermman Hummel (DDP) und Ludwig Haas (DDP) in der Karlsruher Grenadierkaserne. (Quelle: Landesarchiv BW, GLA N Geiss, Nr. 9,1)
Im Februar 1919 kommt es im Industriezentrum Mannheim zu Unruhen. Die provisorische Regierung in Baden stellt eigene Freiwilligenverbände auf: Besuch des Präsidenten Anton Geiß (SPD) mit Hermman Hummel (DDP) und Ludwig Haas (DDP) in der Karlsruher Grenadierkaserne.  (Quelle: Landesarchiv BW, GLAK N Geiss, Nr. 9,1)

Im Herbst 1918 brach das Deutsche Kaiserreich zusammen – an der Kriegsfront kriegsmüde und überrannt, an der Heimatfront erschöpft und desillusioniert. Als am 11. November endlich die Waffen schwiegen, zog der vierjährige Krieg eine schreckliche Bilanz: Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts hatte 15 bis 20 Millionen Menschen das Leben gekostet.

Die von den Matrosen der deutschen Kriegsflotte ausgelöste Revolution erreichte rasch den Oberrhein. Schon standen sich zwei konkurrierende politische Modelle gegenüber: auf der einen Seite der geordnete Übergang von der Monarchie zu einer parlamentarisch-demokratische Republik, auf der anderen Seite der radikale Umbruch der Staats- und Gesellschaftsform nach sowjetischem Vorbild. Am 10. November kam es in Baden zur Bildung einer Vorläufigen Volksregierung unter dem Vorsitzenden Anton Geiß (SPD). Großherzog Friedrich II. floh aus Karlsruhe und dankte am 22. November offiziell ab. Bereits am 14. November hatte die Vorläufige Volksregierung die freie Volksrepublik proklamiert und für Anfang Januar 1919 Wahlen für die verfassunggebende badische Nationalversammlung angesetzt. Diese verabschiedete dann am 25. März die neue badische Verfassung, die von den Bürgern in der Volksabstimmung vom 13. April angenommen wurde. Nachdem kommunistische Aufstandsversuche im Februar und Juni 1919 in Mannheim gescheitert waren, begann sich die parlamentarisch-demokratische Republik als neue Staatsform zu konsolidieren.

Der Krieg indes war 1918 nicht zu Ende, er ging in den Köpfen und Seelen der Beteiligten weiter und strahlte auf die nachfolgenden Generationen aus. Viele Deutsche lehnten die neue Demokratie innerlich ab, weil sie in ihren Augen entweder aus einer steckengebliebenen Revolution hervorgegangen oder mit dem Geburtsmakel der militärischen Niederlage und des schmachvollen Versailler Friedensvertrags behaftet war.

Im Elsass markierte der November 1918 nicht nur das Ende des Krieges, sondern auch eine erneute Änderung der nationalen Zugehörigkeit. Die einrückenden französischen Truppen wurden von der Masse der Bevölkerung begeistert empfangen. Nach 47 Jahren deutscher Herrschaft kehrte das Elsass zu Frankreich zurück. Dies bedeutete einen grundlegenden Wechsel in vielen Lebensbereichen: Sprache, Gesetze und Verwaltungsstrukturen, Schule und Erziehung, Handel und Wirtschaft – alles änderte sich. Deutsche Beamte wurden vertrieben und durch französische ersetzt, deutschlandfreundliche Elsässer überprüft und eine französische Eingliederungspolitik betrieben, die teilweise wenig Rücksicht auf die regionalen Besonderheiten nahm. Nicht nur die zerstörten Gebäude waren wieder aufzubauen, ein neues, anderes Leben entfaltete sich nun im Elsass.

Würde die Region des Oberrheins eines Tages zu einer Brücke zwischen Frankreich und Deutschland werden können, wie der Schriftsteller René Schickele glaubte? Der von Deutschland entfesselte Zweite Weltkrieg machte zunächst alle Hoffnungen auf Frieden und Versöhnung zunichte. Erst der Elysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 legte die Grundlage für eine dauerhafte deutsch-französische Freundschaft, auf der das gemeinsame europäische Haus errichtet werden konnte.

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