Zwei Brüder

Von Laëtitia Brasseur-Wild

 

Lucien und Charles Rudrauf

Soldaten
8.1.1890 – 2.2.1968 und 23.12.1896 – 3.8.1916

 

„Wenn wir plötzlich in Stellung rücken sollten, und Ihr einige Zeit ohne Nachricht von mir bleibt, sagt Euch, dass alles gut geht. Von einem außergewöhnlichen Pech einmal abgesehen, werde ich die Sache schon schaffen.“
(Charles Rudrauf an seine Eltern, Villiers les Mangiennes, 30. Juni 1916)

 

Selbstporträt des jungen Malers Charles Rudrauf 1914. (Quelle: Musée d'Art moderne et contemporain. Photo Musées de Strasbourg. Mathieu Bertola. )

Selbstporträt des jungen Malers Charles Rudrauf 1914. (Quelle: Musée d'Art moderne et contemporain. Photo Musées de Strasbourg. Mathieu Bertola. )

Einer Familie aus Graffenstaden entstammend, waren Charles und Lucien in einem sehr frankophilen Klima aufgewachsen. Lucien, der seit 1912 in Paris lebte, trat bereits im Juli 1914 in die französische Armee ein und diente im Infanterie-Regiment 133 bis 1916 als Telegraphist. Charles verkehrte in Pariser und Elsässer Künstlerkreisen und studierte die Schönen Künste. Am 1. Juli 1915 wurde er zur deutschen Armee eingezogen. Seine Ausbildung als Einjährig-Freiwilliger und Offiziersanwärter absolvierte er bei den Gardegrenadieren in Berlin-Moabit. Im September wurde er zur weiteren Ausbildung zu einer Kompanie Gebirgsjäger nach Hirschberg in Schlesien abgeordnet. Er kam im April 1916 in die Vogesen, bevor er weiter nach Verdun geschickt wurde. Mit dem Willen zur Desertion verschwand er während einer Nachtpatrouille am 10. Juli und geriet in feindliches Feuer. 

 

 

 

Porträtfoto des alten Gelehrten Lucien Rudrauf um 1950.(Quelle: Collection et Photo. BNU Strasbourg )
Porträtfoto des alten Gelehrten Lucien Rudrauf um 1950. (Quelle: Collection et Photo. BNU Strasbourg )

Der durch Granatensplitter Verletzte wurde zwar von einer deutschen Einheit wieder aufgefunden, doch erlag er später seinen Verletzungen. Lucien hingegen marschierte 1918 mit der Fahne seines Regiments in der Hand als französischer Leutnant, dekoriert mit dem Croix de Guerre mit Palme und sechs Sternen, in Straßburg ein. Nach dem Krieg wurde er Bibliothekar und unterrichte Literatur am französischen Institut in Tartu, Estland. Er wurde in die Ehrenlegion aufgenommen und publizierte 1924 den Briefwechsel seines Bruders aus der Militärzeit. Erneut zur französischen Armee im Zweiten Weltkrieg eingezogen, war er nach 1945 Forscher für Kunstgeschichte an der Universität Straßburg, dann Forschungsdirektor am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS). In dieser Funktion publizierte er 1966 ein neues Buch über seinen Bruder, das eine Biographie und ein Werkkatalog zugleich ist.

 

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