Das Katharinenhospital Esslingen

Wappen des Esslinger Katharinenhospitals an der Pforte des Hofguts in Esslingen-Sirnau. Copyright: LABW
Wappen des Esslinger Katharinenhospitals an der Pforte des Hofguts in Esslingen-Sirnau. Copyright: LABW

Die erste Nachricht über das Esslinger Hospital stammt aus dem Jahr 1232. Damals bestätigte Papst Gregor IX. die Existenz dieser, St. Katharina geweihten, Einrichtung. Ablässe und Stiftungen ließen ihren Besitz rasch anwachsen, der sich im 15. Jh. zwischen Alb, Schwarzwald und Stromberg erstreckte. Betrieben wurde sie von einer aus Männern und Frauen bestehenden Bruderschaft, die 1247 die Augustinerregel annahm. Schon im späten 13. Jh. geriet das Spital zunehmend unter städtische Kontrolle. Seit 1285 gehörten Möhringen, seit 1297 Vaihingen und seit 1411 Deizisau zum Hospital. Diese drei Dörfer bildeten das Territorium der Reichsstadt Esslingen. Der zunehmende städtische Einfluss bewirkte eine Konzentration der spitalischen Aktivitäten auf Esslinger Bürger. Reiche Leute konnten sich eine Herrenpfründe, d.h. eine lebenslange Versorgung kaufen, Arme fanden eine kostenlose Aufnahme dort, mussten jedoch in der Ökonomie mitarbeiten und tägliche Fürbitte für die Wohltäter des Spitals leisten. Andere Bedürftige wohnten in der Stadt, bekamen aber als sogenannte Ladenpfründner täglich ein Brot oder eine Suppe zugeteilt. Außer dem eigentlichen Spital entstanden im 13. und 14. Jh. zwei Sondersiechenhäuser für Leprakranke, ein Seelhaus für durchreisende Pilger, ein Waisen- und im 16. Jh. ein Warzenhaus für Syphilitiker. Alle diese Nebenspitäler außer dem Waisenhaus dienten später als Unterkünfte für städtische oder fremde Bedürftige. Das hier wirkende Personal wurde gleichfalls städtisch. 1420 starb der männliche Zweig der Bruderschaft aus, der weibliche bestand fort bis etwa 1530. Den vorher von der Bruderschaft gewählten Spitalmeister ernannte seit 1430 der Rat.

Das Zentrum des Spitals bildete die 1484 nach einem Brand auf dem heutigen Marktplatz neu errichtete, umfangreiche Gruppe von Gebäuden, die aus Wohnhäusern, Werkstätten, Scheuern, Kellern und einer von Matthäus Böblinger erbauten, sehr qualitätvollen spätgotischen Kapelle bestanden. 1582 folgte der Neubau der Spitalkelter, das heutige Kielmeyerhaus am nördlichen Marktplatzrand.

In der Reformationszeit übernahm das Spital die gesamten Güter der aufgehobenen sechs Bettelordensklöster. Die Kriege des 17. Jh. ließen die einst wohlhabende Einrichtung samt der Stadt verarmen, sodass zwischen 1676 und 1693 wertvolle Güter, u.a. in Hohenheim, verkauft werden mussten. Zur Sanierung ihres auch durch Misswirtschaft belasteten Haushalts nahm die Stadt bis zum Ende des 18. Jh. immer wieder größere Darlehen beim durch Korruption und eine aufgeblähte Verwaltung gleichfalls geschädigten Spital auf, ohne sie zu verzinsen oder zurückzuzahlen.

Die nach 1803 weiterhin schlechte Finanzlage veranlasste 1811 bis 1815 den Abbruch der baufälligen Spitalgebäude. Die städtische Kranken- und Armenpflege wurde nunmehr im ehemaligen St. Klarakloster (heute Altenpflegeheim Obertor) konzentriert. Seit 1824 verwaltete die Stiftungspflege das gesamte Kirchen- und Spitalvermögen in der Stadt, das durch die Ablösung der bäuerlichen Feudallasten erhebliche Einbußen erlitt. Die Stadt und die evangelische Kirchengemeinde teilten das noch vorhandene Stiftungsvermögen 1893 untereinander auf. Was die Stadt davon übernahm, wird seit 1933 nicht mehr als gesonderter Bestandteil des kommunalen Vermögens verwaltet. Dies bedeutete das endgültige Ende der eigenständigen Esslinger Hospitalstiftung.

Rainer Jooß (†)

Veröffentlicht in: Der Landkreis Esslingen. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Esslingen (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). Ostfildern 2009, Bd. 1, S. 465. 

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