Mit Magie zum Reichtum

Schatzgräberei in der Frühen Neuzeit

Aufmacher eines Christophelgebetbuchs mit eingezeichnetem Zauberkreis. Vorlage: Landesarchiv BW, GLAK 118 Nr. 329. . Zum Vergrößern bitte klicken.
Aufmacher eines Christophelgebetbuchs mit eingezeichnetem Zauberkreis. Vorlage: Landesarchiv BW, GLAK 118 Nr. 329. Zum Vergrößern bitte klicken.

Arm am Beutel, krank am Herzen,
Schleppt’ ich meine langen Tage.
Armuth ist die größte Plage,
Reichthum ist das höchste Gut!

So beginnt Goethes Ballade Der Schatzgräber aus dem Jahre 1797. Sie thematisiert Praktiken der frühneuzeitlichen Schatzgräberei. Diese war kein ehrenvolles Werk von mutigen Abenteurern, im Gegenteil, sie wurde streng verfolgt und untersagt. Doch worum ging es bei der jahrhundertealten Schatzgräberei überhaupt?

Im Gegensatz zur klassischen Schatzsuche oder der Frühform archäologischer Forschungen stellt die hier behandelte Schatzgräberei ein Betrugsdelikt dar und knüpft ganz bewusst an magische Vorstellungswelten der damaligen Zeit an. Durch das Zeichnen von Zauberkreisen, dem Lesen des Christophelgebets und anderen magischen Aktivitäten verspricht der Schatzgräber leichtgläubigen Kunden und Kundinnen, dass ein heraufbeschworener Geist an einem bestimmten Ort einen Schatz herbeizaubern könne, den der Schatzgräber dann heben müsse. Hierfür sei allerdings eine Vorauszahlung notwendig. Das Geld wird daraufhin an einem vereinbarten Ort platziert und darf nicht mehr angerührt werden. So stellt der Betrüger sicher, dass er genügend Zeit hat, die Münzen der Leidtragenden vor dem nächsten vereinbarten Treffen einzusammeln und zu verschwinden, während die Opfer, im Glauben der Schatz würde sonst verloren gehen, Stillschweigen bewahren.

Der wahre Grund der Diskretion ist jedoch die Angst vor der Justiz. Die Betrüger verstießen mit ihren Machenschaften eindeutig gegen weltliches und geistliches Recht. In Verordnungen der Bischöfe von Konstanz und Speyer aus dem 18. Jahrhundert ist sogar vom Veracht der Gebotten Gottes die Rede. Schatzgräber mussten also harte Strafen für Ihre Taten befürchten. Der Bischof von Speyer drohte 1753 gar mit dem Staupenschlag und ewiger Landesverweisung. Man erhoffte sich so, noch vorhandene magische Vorstellungen in der Bevölkerung bekämpfen zu können. Dennoch war die Masche im Jahrhundert weit verbreitet. Bischof Damian Hugo von Konstanz machte 1741 dafür auch die Priester verantwortlich, welche zum öfteren die Sach mit allzu gleichgültigen Augen ansehen.

Das Generallandesarchiv in Karlsruhe verwahrt neben Verordnungen die Verhörprotokolle von Tätern und Opfern, durch deren Aussagen nicht nur der Tathergang vermittelt, sondern auch ein Stück Alltagsgeschichte erzählt wird. Aus einem solchen Protokoll stammen Zauberzettel sowie der abgebildete Aufmacher aus einem Christophelgebetbuch, welche dem vagabundierenden 62-jährigen Joseph Hoßmann gehörten. Dessen schatzgräberische Tätigkeiten wurden 1741 von einem Amtmann in Bodman-Ludwigshafen an die Landgrafschaft Nellenburg gemeldet. In dem überlieferten Fragment des Verhörs weist Hoßmann jedoch jegliche Schuld von sich, da er das Buch gar nicht lesen könne. Der Ausgang der Untersuchung ist leider nicht überliefert.

Dominique Maurice Frings

Quelle: Archivnachrichten 64 (2022), Seite 28-29.

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