Als Württemberg fast bis in die Normandie reichte

Herzog Friedrich I. (1557–1608) und die Verpfändung des Herzogtums Alençon

Wappenentwurf von 1607. Das neue, zentrale Element ist der bekrönte Herzschild mit dem Wappen des Herzogtums Alençon. Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS 115 Bü 43
Wappenentwurf von 1607. Das neue, zentrale Element ist der bekrönte Herzschild mit dem Wappen des Herzogtums Alençon: drei goldene Lilien in blau, umgeben von einem roten Bord mit acht goldenen Kugeln. In der Helmzier wird das Wappen im Kleid des Mömpelgarder Fischweibleins erneut dargestellt. Die umlaufende Kette und die Umschrift (HONY SOIT QVI MAL Y PENSE) nehmen Bezug auf die beiden renommierten Orden, die Herzog Friedrich erhalten hatte: 1596 den Michaelsorden (Kette) und 1603 den englischen Hosenbandorden (Umschrift). Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS 115 Bü 43. Zur Vergrößerung bitte klicken.

Als Fürst ohne Grenzen hat man den württembergischen Herzog Friedrich I. bezeichnet – nicht nur wegen seiner imponierenden Reisen, sondern auch wegen seiner umtriebigen politischen Ambitionen. Bereits vor seinem Herrschaftsantritt in Württemberg (1593) war er als Graf von Mömpelgard in die konfessionellen Spannungen in Frankreich verwickelt, die seit 1585 im Krieg der drei Heinriche eskalierten. Friedrich unterstützte dabei Heinrich von Navarra (1553–1610) – dieser galt als zukünftiger Thronfolger und als Garant für die französischen Protestanten.

Die finanziellen Leistungen Friedrichs waren enorm, an eine Rückzahlung der Subsidien war auch nach der Thronbesteigung Heinrichs IV. (1594) kaum zu denken. Dankbarkeit und Wertschätzung des französischen Königs äußerten sich zunächst anders: 1596 verlieh er Friedrich den französischen Michaelsorden, und im berühmten Edikt von Nantes 1598 wurde der württembergische Herzog als treuer Alliierter der französischen Krone erwähnt – beides war für den prestigebewussten Württemberger äußerst wichtig.

Um die Kredite zurückzuzahlen, sollte Friedrich pfandweise die Einkünfte des Herzogtums Alençon in der Normandie erhalten. Pläne dazu wurden bereits 1598 / 99 mit Heinrich IV. verabredet, federführend auf württembergscher Seite war Friedrichs Vertrauter Benjamin Bouwinghausen von Wallmerode. Aber die Sache landete vor Gericht, denn das Herzogtum gehörte zum französischen Tafelsilber – als Apanage war es den Prinzen der Bourbonen vorbehalten und eigentlich unveräußerlich. Der Streit der französischen Rechtsgelehrten darüber dauerte bis 1605.

Friedrich war dann Titularherzog von Alençon. Der Vertrag wurde in gedruckter Form publiziert: Contract d’Engagement faict par le Roy à Monseigneur le Duc de Wirtemberg des Domaines, Chateaux, terres et Seigneuries d’Alençon (1606). Format und Ausgestaltung der gedruckten Urkunde sind ungewöhnlich, neben einer beglaubigten Abschrift sind auch mehrere gedruckte Exemplare mit Pergamenteinband und Goldprägung vorhanden. Der württembergische Gesandte und zeitweilige Obervogt Hans Jakob Breuning von Buchenbach verfasste dazu auch eine aufwendig gestaltete Geschichte der Herzöge von Alençon.

Der finanzielle Gewinn aus dem Pfandbesitz war bescheiden, denn die Verwaltungskosten des Herzogtums – als Statthalter wurde von Bouwinghausen eingesetzt – fraßen die Einkünfte vollständig auf. Umso größer aber war der Prestigegewinn, den Friedrich auch repräsentativ zum Ausdruck bringen wollte. Das verdeutlicht der Entwurf für ein neues Staatswappen von 1607. Dem bisherigen Wappen wird als Herzschild das Wappen von Alençon hinzugefügt. Die drei gekrönten bourbonischen Lilien, umgeben von einem kugelbesetzten roten Bord, weisen prominent auf den prestigeträchtigen neuen Titel hin. Zudem nahm das neue Wappen auch die beiden renommierten Orden auf, die Friedrich bekommen hatte: Die Kette steht für den französischen Michaelsorden, die Umschrift HONY SOIT QVI MAL Y PENSE symbolisiert den englischen Hosenbandorden, den Friedrich 1603 erhalten hatte. Beide Verleihungen steigerten das Prestige des Württembergers an den europäischen Höfen. Im Januar 1608 ist Friedrich unerwartet gestorben, die geplante heraldische Repräsentation mit dem neuen Wappen wurde nicht verwirklicht. 1612 schließlich fand die Episode ein Ende, denn für rund 750.000 Gulden löste die französische Krone das Herzogtum Alençon wieder aus.

Erwin Frauenknecht

Quelle: Archivnachrichten 61 (2020), S. 14-15.
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