Axel Oxenstierna (geb. 16.06.1583, gest. 28.08.1654)

von Alexander Staib

Axel Oxenstierna (1583-1654) [Quelle: Unibibliothek Tübingen]
Axel Oxenstierna (1583-1654) [Quelle: Unibibliothek Tübingen]

Axel Oxenstierna af Södermöre war hochadliger Reichsrat und engster politischer Mitarbeiter des Schwedenkönigs Gustav II. Adolf. Das Ableben Gustav Adolfs in der Schlacht bei Lützen 1632 stellte eine Zäsur für die schwedische Kriegsführung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation dar. Fortan fielen die politische und die militärische Gesamtleitung auseinander. Letztere ging auf die Generäle Herzog Bernhard von Weimar und Gustav Horn über, politisch gab Axel Oxenstierna als Reichskanzler, Haupt der schwedischen Aristokratie und Vormund der schwedischen Thronerbin Christina den Ton an.

Der Stockholmer Reichsrat stattete ihn mit weitreichenden Vollmachten aus. Während die Thronfolgerin Christina noch minderjährig war, lag die Regierungsgewalt bei der Regentschaftsregierung, deren Mitglied Oxenstierna war. Zudem waren drei von deren fünf Mitgliedern enge Verwandte des nun mächtigsten Mannes in Schweden. Schon vor Gustav Adolfs Tod hatte Oxenstierna eine eigenständige Machtposition inne. Der schwedische König stütze seine Herrschaft und seine Reformen maßgeblich auf den Hochadligen.

Unter Oxenstierna kam es zu einer Neuausrichtung der schwedischen Kriegspolitik. Von den Kriegszielen, die Historiker König Gustav Adolf zuschreiben, blieb nicht viel: Oxenstiernas Politik zielte fortan weder auf die Loslösung der protestantischen Stände von Reich und Kaisertum, noch wollte er Schweden als europäischen Hegemon etablieren; auch hatte er es nicht auf das Kaisertum für Schweden abgesehen.

Oberstes Ziel Oxenstiernas war es, die hohen materiellen, finanziellen wie personellen Belastungen des nordischen Königreichs zu mindern. Das dünnbesiedelte skandinavische Land hatte seine Ressourcen überbeansprucht und ging einer demographischen Katastrophe entgegen. Zugleich sollte sich Schweden aber nicht aus dem Krieg zurückziehen. Aus schwedischer Sicht stellte die Fortführung des Krieges noch immer die beste Garantie gegen die polnische Ostseepolitik dar. Das Militär weiterhin unter Waffen zu halten, so der Gedanke, sichere die Stellung Schwedens am Mare Balticum. Zudem war Schweden, das tief in den Dreißigjährigen Krieg verstrickt war, auf eine angemessene territoriale und materielle Entschädigung (am besten an der Ostseeküste) aus. Dies war aus drei Gründen wichtig: Erstens war die schwedische Reputation an eine würdige Entschädigung geknüpft; Schweden konnte nicht einfach so aus dem Krieg ausscheiden. Zweitens war es angesichts der hohen Militärausgaben notwendig, die investierten Aufwendungen zu ersetzen. Drittens ging es um die für Schweden zentrale Herrschaft über die Ostsee. Oxenstierna musste daher – trotz der überstrapazierten Ressourcen Schwedens – weiterhin Krieg führen, um möglichst schnell einen ehrenvollen Frieden schließen zu können.

Sein Plan war es, dass an die Stelle schwedischer Soldaten zunehmend die Truppen Verbündeter treten sollten. Entsprechend war der Reichskanzler darauf aus, dass der Heilbronner Bund – ein Zusammenschluss protestantischer Territorien unter Führung Schwedens – vermehrte Kriegsanstrengungen unternehmen und die finanzielle Last des Krieges tragen sollte. Doch zeigten die Bündnispartner Schwedens in dieser Vereinigung bis zur Auflösung des Bundes 1635 nur zögerliches Engagement.

Die dominante Position, die die Schweden auf dem Schlachtfeld bis 1634 innehatten, schwächte sich anschließend ab. Dies hatte Folgen für das weitere politische Agieren Oxenstiernas. Nach der Niederlage bei Nördlingen war der Reichskanzler gezwungen, eine flexiblere, defensive diplomatische Linie einzuschlagen. Die Situation spitzte sich mit dem Prager Frieden 1635 weiter zu: Schweden hatte nun fast keine Verbündeten mehr. Kardinal Richelieu war besorgt, dass das nordische Land Frieden mit dem Kaiser schließen könnte. Im September 1635 trat Frankreich daher offen in den Krieg ein. Oxenstierna verfolgte eine zweigleisige politische Strategie: Einerseits nahm er Kontakt mit dem Kaiser auf, um einen ebensolchen Separatfrieden zu schließen. Andererseits bemühte er sich zugleich um eine Annäherung an Frankreich. Eine eindeutige Festlegung versuchte er möglichst lange hinauszuzögern. Schließlich sah er sich doch dazu gezwungen, ein festes Bündnis mit Frankreich zu schließen.

1635/36 bat Oxenstierna den Reichsrat um seine Rückberufung nach Schweden. Er war entmutigt und erschöpft: Meuternde Offiziere hatten ihn im August in Magdeburg als Geisel genommen. Für seine Freiheit musste er ihnen versprechen, bei den Friedensverhandlungen ausreichend Gelder für die Abdankung der Armee zu erstreiten. Im März 1636 berief man Oxenstierna zurück nach Stockholm – der schwedische Reichsrat wollte Frieden und misstraute der Politik des Kanzlers.

In Schweden wurde Oxenstierna im Amt bestätigt. Er blieb die zentrale Figur der schwedischen Politik. Dem Kanzler gelang es, den Reichsrat auf eine Fortsetzung des Krieges einzuschwören. In Stockholm konnte Oxenstierna sich der Erziehung der jungen Königin Christina annehmen. Die Königswitwe schloss er aus der Erziehung aus; sie wurde politisch entmachtet. Nach dem Regierungsantritt Königin Christinas 1644 blieb Oxenstierna weiter im Amt. Im darauffolgenden Jahr wurde er zum Grafen ernannt. Der alte Kanzler wurde der jungen Regentin jedoch allmählich zum Hindernis. Trotz dieser Spannungen wurde er allerdings nie seines Amtes enthoben.

Johan Axelsson Oxenstierna, einer der beiden Söhne Axel Oxenstiernas, wurde 1641 Leiter der schwedischen Friedensdelegation bei den Verhandlungen von Münster und Osnabrück. Er folgte den Anweisungen seines Vaters genau. Immer wieder kam es zu Differenzen zwischen dem Sohn Oxenstiernas und dem Diplomaten Johan Adler Salvius, der Königin Christina nahestand. Während Oxenstierna auf größtmöglichen Gewinn und eine dauerhafte Sicherung für Schweden zielte, wollte die Königin vor allem Frieden – auch wenn man dafür die ursprünglichen Ziele nicht umsetzen konnte.

Durch den Westfälischen Frieden und den Nürnberger Exekutionstag erhielt Schweden umfassende territoriale wie finanzielle Entschädigungen. Es war nun Reichsstand – damit hatte es eine Stimme auf dem Reichstag – und Garantiemacht des Friedens. Die gigantische Summe von 5 Millionen Reichstalern blieb jedoch weit hinter dem von Schweden geforderten Betrag zurück.

Literatur in Auswahl

  • Gotthard, Axel, Der Dreißigjährige Krieg. Eine Einführung, Köln/Weimar/Wien 2016.
  • Kampmann, Christoph, Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg. Geschichte eines europäischen Konflikts, Stuttgart 2013.
  • Robert, Michael, From Oxenstierna to Charles XII. Four Studies, Cambridge u. a. 1991.
  • Zirr, Alexander, Axel Oxenstierna – Schwedens Reichskanzler während des Dreißigjährigen Krieges. Studien zu seiner Innen- und Außenpolitik (Thematische Schriften-Reihe „Historische Studien“, Bd. 3), Leipzig 2008.

 

Zitierhinweis: Alexander Staib, Axel Oxenstierna, in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 16.08.2022

Suche

Logo der Abteilung Landesgeschichte des Historischen Instituts der Universität Stuttgart