Die Schlacht bei Nördlingen (5./6. September 1634)

von Marius Wieandt

Die Schlacht bei Nördlingen, 1634; Illustration aus dem Theatrum Europaeum, Bd. 3 [Quelle: Württembergische Landesbibliothek]
Die Schlacht bei Nördlingen, 1634; Illustration aus dem Theatrum Europaeum, Bd. 3 [Quelle: Württembergische Landesbibliothek]

Die Situation der protestantischen Partei war im Spätsommer 1634 ausgesprochen angespannt. Der Krieg konzentrierte sich vor allem auf Süddeutschland, wo mehrere schwedische Armeen agierten und der Heilbronner Bund seinen räumlichen Schwerpunkt hatte. Im Juli war Regensburg und im August Donauwörth durch ein kaiserliches Heer unter Matthias Gallas erobert worden. Am 17. August, bereits einen Tag nach der Einnahme Donauwörths, schlossen die Truppen Gallas‘ die zum Heilbronner Bund gehörende Reichsstadt Nördlingen ein. Die beiden Führer der schwedischen Heere in der Region, Bernhard von Sachsen-Weimar, der in Franken operierte, und Gustav Horn, der in Schwaben stand, taten sich jedoch aufgrund persönlicher Differenzen schwer, sich auf eine gemeinsame Strategie zu verständigen. Zwar vereinigten sie ihre Armeen am 16. August bei Ulm, das Heer war aber wegen der unterschiedlichen Auffassungen der beiden Generäle zunächst nicht handlungsfähig. Horn wollte die zahlenmäßig überlegenen Kaiserlichen, die von Truppen der Liga und Spaniens unterstützt wurden, nicht direkt angreifen, sondern auf eigene Verstärkungen und den Abzug der bald in die Niederlande weiterreisenden Spanier warten. Bernhard dagegen wollte den Fall der Stadt Nördlingen in jedem Fall verhindern, da er fürchtete, dass der Fortbestand des Heilbronner Bundes in Gefahr geriet, wenn die Schweden sich weiter unfähig zeigten, die Bundesmitglieder zu schützen.

Nachdem sich beide Seiten für mehrere Wochen in einiger Entfernung gegenüberstanden, ohne dass es zu größeren Gefechten gekommen wäre, war die Widerstandsfähigkeit Nördlingens zusehends erschöpft. In dieser Situation setzte sich Herzog Bernhard im Kriegsrat mit seiner Position gegen Horn durch. Die Protestanten täuschten am 5. September einen Abzug vor und rückten dann in einem Bogen von Süden her auf Nördlingen vor, wo am Abend noch Kämpfe zwischen dem schwedischen Heer und vorgeschobenen Stellungen der Katholiken stattfanden. Von diesem Manöver überrascht, verloren die unvorbereiteten kaiserlichen Truppen zunächst einige vorgeschobene Verteidigungspositionen in den umliegenden Wäldern. Das hügelige und stark bewaldete Gelände erschwerte jedoch die schwedische Koordination und ein schnelles Fortkommen, sodass die Schweden bis zur Einstellung der Kampfhandlungen gegen Mitternacht keinen entscheidenden Vorteil erzielen konnten.

Das Gelände südlich der Stadt Nördlingen ist geprägt von einem längeren Höhenzug mit der besonders dominanten Anhöhe Albuch. Wer den Albuch beherrschte und Kanonen auf der Anhöhe in Stellung bringen konnte, kontrollierte die gesamte Umgebung. Da die Schweden mit nur etwa 20-24.000 Soldaten deutlich in der Unterzahl gegen die etwa 33-42.000 Soldaten der spanisch-kaiserlich-ligistischen Armee waren, bestand die einzige Hoffnung Horns und Bernhards darin, den Albuch zu erobern und damit den Gegner zum Rückzug und zum Abbruch der Belagerung Nördlingens zu zwingen. Da die Bedeutung des Albuch auch der katholischen Generalität bewusst war, nutzte diese die Nacht, um auf der Anhöhe Schanzen zur Verteidigung aufwerfen zu lassen und Kanonen und Fußsoldaten in Stellung zu bringen. Wiewohl der ungarische König und spätere Kaiser Ferdinand III. und sein Cousin, der spanische Kardinalinfant Ferdinand, Erzbischof von Toledo, in der Schlacht anwesend waren, überließen sie dem erfahrenen Gallas den Oberbefehl über die Armee. Dieser kooperierte gut mit dem kommandierenden spanischen General Leganes und konnte sich auf erfahrene Offiziere und Truppenführer wie Octavio Piccolomini und Johann von Werth verlassen. Alles in allem bot die Kooperation des katholischen Lagers einen deutlichen Kontrast zur uneinigen Führung des schwedisch-protestantischen Heeres.

Am Morgen des 6. September eröffneten schwedische Kanonen mit einem Bombardement des Albuchs die Schlacht. Gustav Horn sollte mit der rechten Flanke des Heeres den Albuch erobern, während Herzog Bernhard mit der linken Flanke Sicherungsaufgaben erfüllen und katholische Kräfte binden sollte. Gegen 6 Uhr morgens, während Horn noch mit dem Aufmarsch seiner Fußtruppen für die Erstürmung des Albuch beschäftigt war, griff Oberst von Witzleben mit seiner Reiterei, die die rechte Flanke Horns sichern sollte, ohne Befehl den Albuch an. Die Reiterei wurde jedoch bald gestoppt und geriet in Gefahr, vernichtet zu werden. Horns Fußvolk, das nun umgehend die verschanzten Verteidiger angreifen musste, um Witzlebens Reiter zu entlasten, gelang es bereits beim ersten Sturm, die Schanzen zu überrennen. Statt sich jedoch nun ihrerseits in den Befestigungen auf den katholischen Gegenangriff einzurichten, verfolgte das schwedische Fußvolk befehlswidrig die fliehenden Verteidiger. Dabei gerieten Horns Truppen in Unordnung und lösten ihre Schlachtordnung auf, was sie anfällig für einen Angriff gegnerischer schwerer Reiterei machte. Ein solcher Angriff trieb die Schweden dann auch hinter die Schanzen zurück und erlaubte es dem katholischen Fußvolk gegen 8 Uhr, die Schanzen wieder zu besetzen. Angeblich griff das schwedische Fußvolk am Vormittag 14 weitere Male die Schanzen an, ohne nochmals durchbrechen zu können. Die katholische Überzahl, insbesondere an Fußvolk und Kanonen, machte sich bemerkbar, während die Schweden ihre zahlenstarke Reiterei auf der Anhöhe nicht einsetzen konnten.

Bernhard focht auf der linken Flanke einige kleinere Gefechte aus, ohne dass dies den Kampf auf dem Albuch wesentlich beeinflusst hätte. Seit etwa 10 Uhr fingen frische und ausgeruhte katholische Regimenter zunehmend an, Druck auf die schwedischen Stellungen auszuüben. Horn befahl einen Rückzug der Armee, dem Herzog Bernhard widerwillig zustimmte. Während Horn seine Truppen erfolgreich absetzen konnte, wurden Herzog Bernhards Truppen, die den Rückzug decken sollten, massiv angegriffen und begannen zu fliehen. Während ihrer Flucht nahmen sie die noch intakten Einheiten Horns mit, sodass jede Kontrolle über das schwedische Heer verloren ging. Auf der Flucht wurden die Schweden von katholischer leichter Reiterei verfolgt, die den Fliehenden schwere Verluste zufügte. Mit insgesamt 8-10.000 Toten, etwa 4.000 Gefangenen und dem Verlust aller Kanonen sowie großer Teile des Trosses wurde das schwedisch-protestantische Heer nahezu zerschlagen, viele der Gefangenen wurden zwangsweise in das katholische Heer integriert. Auch Gustav Horn wurde im Nachgang der Schlacht gefangen genommen und verbrachte die folgenden acht Jahre in Haft.

Mit der schweren Niederlage bei Nördlingen und dem weitgehenden Verlust zweier Armeen fand nicht nur die Legende der schwedischen Unbesiegbarkeit ihr Ende. Zugleich brach die schwedische Macht in Süddeutschland zusammen. Im folgenden Jahr wurde der Heilbronner Bund aufgelöst, wodurch Schwedens Einfluss auf die deutschen Protestanten sank. Dem Kaiser gelang es, im Prager Frieden von 1635 mit zahlreichen protestantischen und reformierten Reichsständen Frieden zu schließen.

Diese Schwäche der Gegner des Kaisers veranlasste Frankreich, von nun an nicht länger nur mit finanzieller Unterstützung in den Krieg einzugreifen, sondern sich ab 1635 auch militärisch am Krieg zu beteiligen. Da sich Bernhard von Sachsen-Weimar nach der Niederlage bei Nördlingen gezwungen sah, wegen des Zusammenbruchs der schwedischen Macht und Differenzen in der Führung inoffiziell in französische Dienste zu treten, stand Kardinal Richelieu 1635 auch eine bereits kampferfahrene Armee im Reich zur Verfügung.

Nach der Schlacht bei Nördlingen verschob sich der Schwerpunkt des Krieges von Bayern und Franken Richtung Westen nach Schwaben und Württemberg. Insbesondere Württemberg, das zuvor weitgehend verschont geblieben war und daher noch über abschöpfbare Ressourcen verfügte, wurde in den folgenden Jahren von durchziehenden und einquartierten Truppen stark in Mitleidenschaft gezogen. Zudem veränderte sich die Struktur des Krieges, der nach der Phase der großen Schlachten in der ersten Hälfte der dreißiger Jahre zunehmend zu einem Krieg wurde, in dem um Festungen und Versorgungsgüter für die Heere gekämpft wurde und der von kleinen Scharmützeln und Repressionen gegen die Bevölkerung geprägt war.

Literatur in Auswahl:

  • Engerisser, Peter, Von Kronach nach Nördlingen. Der Dreißigjährige Krieg in Franken, Schwaben und der Oberpfalz 1631-1635, Weißenstadt 2004, S. 305-346.
  • Engerisser, Peter/Hrnčiřík, Pavel, Nördlingen 1634. Die Schlacht bei Nördlingen – Wendepunkt des Dreißigjährigen Krieges, Weißenstadt 2009.
  • Guthrie, William, Battles of the Thirty Years War. From White Mountain to Nördlingen, 1618-1648, Westport CT/London 2002, S. 259-296.
  • Durch Blitz und Donner. Der Dreißigjährige Krieg und die Schlacht bei Nördlingen 1634, hg. vom Stadtmuseum Nördlingen, Deiningen 2009.
  • Frieden ernährt – Krieg und Unfrieden zerstört. 14 Beiträge zur Schlacht bei Nördlingen, hg. von Dieter Voges, Nördlingen 1985.

Zitierhinweis: Marius Wieandt, Die Schlacht bei Nördlingen (5./6. September 1634), in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 16.08.2022

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