Befestigungsanlagen

von Regina Fürsich

Die Festung Hohenasperg auf einer Zeichnung von Matthias Weickler, 1669 [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS N 200 P 44]. Zum Vergrößern bitte klicken.
Die Festung Hohenasperg auf einer Zeichnung von Matthias Weickler, 1669 [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS N 200 P 44]. Zum Vergrößern bitte klicken.

Das im 15. Jahrhundert in Italien entwickelte Bastionärsystem in Form der altitalienischen Festungsbaumanier setzte sich im südwestdeutschen Festungsbau erst im späten 16. Jahrhundert durch. Bei dem Bastionärsystem handelt es sich um eine Festungsbauweise, die sich nach der Grundmaxime richtet, dass Bastionen, also aus der Festungsmauer herausragende Festungswerke, systematisch so angeordnet werden, dass von ihnen aus sowohl das Vorfeld als auch die Flanken der angrenzenden Bastionen möglichst vollständig bestrichen, also mit Feuerwaffen gedeckt werden können.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war indes die bastionäre Befestigungsweise in den Niederlanden bereits optimiert worden („altniederländische Manier“). Diese setzte sich im 17. Jahrhundert in Südwestdeutschland vorrangig durch, weshalb zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges viele Städte in der Region in kurzer Zeit im altniederländischen Bastionärsystem ausgebaut wurden. Hierfür wurden vom Militär oftmals erfahrene Ingenieure aus den Niederlanden engagiert, wie beispielsweise Johan van Valckenburgh in Ulm. Die ursprüngliche Befestigung Ulms sollte ab 1611 durch Gideon Bacher im italienischen System ausgebaut werden, mit der Berufung van Valckenburghs 1617 bis 1623 wurde der Plan jedoch zugunsten der moderneren, typisch niederländischen Erdbastionen geändert.

Im Gegensatz zur altitalienischen Manier zeichnet sich die altniederländische Manier durch weitgehenden Verzicht auf Kasematten, Flankenhöfe und Ohren, die Verwendung von dicken (Erd-)Mauern und Wällen gegen Geschützfeuer sowie durch mithilfe von Blick- und verbesserten Bestreichungswinkeln gesicherte Flanken aus.

Während manche Befestigungen im deutschen Südwesten in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vollkommen neu erbaut wurden (z.B. Mannheim, Philippsburg), wurden bereits bestehende Anlagen oft ausgebaut und zum Bastionärsystem aufgerüstet, mit dem oft die Bewaffnung der Festungen mit schwerer Artillerie einher ging (z.B. Konstanz, Hohentwiel, Ulm). Eine wichtige Rolle spielten in Württemberg die sieben Landesfestungen. Nach seiner Rückkehr nach Württemberg 1534 hatte Herzog Ulrich zur besseren Verteidigung seines Territoriums gezielt den Hohenasperg, Hohenneuffen, Hohentübingen, Hohenurach und den Hohentwiel sowie die Städte Kirchheim/Teck und Schorndorf befestigen und ausbauen lassen.

Aber auch andernorts gab es im deutschen Südwesten wichtige Festungen, die bereits im 16. Jahrhundert von den Herrschaften ausgebaut worden waren und im Dreißigjährigen Krieg eine nicht unbedeutende Rolle spielten, so beispielsweise die von den Habsburgern ausgebaute Reichsfestung Breisach, die aufgrund ihrer Lage als „Schlüssel zum Reich“ galt, 1638 allerdings nach mehrmonatiger Belagerung durch Bernhard von Sachsen-Weimar eingenommen werden konnte. Die Festung Philippsburg hingegen war erst kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg ab 1615 vom Fürstbischof von Speyer zur modernen Festung ausgebaut worden. Im Verlauf des Krieges wurde sie mehrfach belagert und erobert, so 1634 von den Schweden, 1635 von kaiserlichen Truppen und 1644 von einem französischen Heer, woraufhin sie 32 Jahre lang französisch blieb und in dieser Zeit noch weiter ausgebaut wurde. Auch Mannheim wurde erst kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg ab 1606 von Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz zur Festung ausgebaut. Der Bodenseeraum wies ebenfalls Bastionärfestungen verschiedenster Art und Funktionen auf. So war beispielsweise die Mainau eine Inselfestung, der Hohentwiel eine Bergfestung und Konstanz eine Seefestung, für die Petershausen als Brückenkopf fungierte.

Abseits der Bastionärfestungen spielten im Dreißigjährigen Krieg auch vorübergehende Feldbefestigungen eine Rolle. Jene Seiten, die bei der Einrichtung eines Feldlagers nicht durch die natürliche Umgebung geschützt waren, wurden so zur Sicherung vor gegnerischen Überfällen häufig von Schanzen umgeben, also durch in kurzer Zeit errichtete Befestigungswerke, die meist aus Erdanlagen (Wall-Graben-Anlagen) bestanden, die in manchen Fällen auch mit Holz (z. B. Palisaden) verstärkt sein konnten. Dabei konnten je nach lokalen Gegebenheiten sowohl einzelne Werke (offene Schanzen wie Fleschen oder geschlossene Schanzen wie Redouten und Sternschanzen) als auch ganze verschanzte Linien zum Einsatz kommen.

Auch bei Belagerungen konnten von den Belagernden Schanzanlagen errichtet werden. Entweder richtete sich das Heer dann in der Nähe der zu belagernden Stadt ein, so lagerten im August 1634 bei ihrer Belagerung Nördlingens die Schweden beispielsweise auf dem Breitwang bei Bopfingen, wozu sie bei Hohenberg Schanzen anlegten (vermutlich auf dem Höhenzug). Oder man umschloss die zu belagernde Stadt oder Festung mit einer Zirkumvallationslinie, also einer Kette von Schanzen oder einer verschanzten Linie, die den Angreifer vor Ausfällen aus dem belagerten Ort schützen sollten. Solche Zirkumvallationen konnten durch eine weiter außen liegende verschanzte Linie, die Kontravallationslinie, ergänzt werden, die den Belagerern im Rücken Schutz vor Entsatzheeren bieten sollte.

Literatur in Auswahl

  • Büchi, Tobias Fortifikationsliteratur des 16. und 17. Jahrhunderts. Traktate deutscher Sprache im europäischen Kontext, Einsiedeln/Basel 2015.
  • Haas, Erwin, Die sieben württembergischen Landesfestungen: Hohenasperg, Hohenneuffen, Hohentübingen, Hohenurach, Hohentwiel, Kirchheim/Teck, Schorndorf, Reutlingen 1996.
  • Neumann, Hartwig, Festungsbau-Kunst und -Technik. Deutsche Wehrbauarchitektur vom XV. bis XX. Jahrhundert mit einer Bibliographie deutschsprachiger Publikationen über Festungsforschung und Festungsnutzung, Erftstadt 2004.
  • Ottersbach, Christian/Wagner, Heiko/Wöllper Jörg, Festungen in Baden-Württemberg (Deutsche Festungen, Bd. 3), Regensburg 2014.
  • Reinisch, Ulrich, Angst, Rationalisierung und Sublimierung. Die Konstruktion der bastionierten, regulären Festung als Abwehr von Angstzuständen, in: Festungsbau. Geometrie – Technologie – Sublimierung, hg. von Bettina Marten/Ulrich Reinisch/Michael Kory, Berlin 2012, S. 269-313.
  • Wöllper, Jörg, Die Festungen am Bodensee während des 30-jährigen Krieges, in: Festungsbaukunst in Europas Mitte. Festschrift zum 30-jährigen Bestehen der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung, hg. von Deutsche Gesellschaft für Festungsforschung (Festungsforschung, Bd. 3), Regensburg 2011, S. 245-281.
  • Wunder, Bernd, Kleine Geschichte der Kriege und Festungen am Oberrhein 1630-1945, Karlsruhe 2013.

Zitierhinweis: Regina Fürsich, Befestigungsanlagen, in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 11.08.2022

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