Protestantische Union

von Amelie Bieg

Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz (1596-1632) [Quelle: Unibibliothek Tübingen]
Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz (1596-1632) [Quelle: Unibibliothek Tübingen]

Nach dem Scheitern des im Januar eröffneten Regensburger Reichstages am 28. April 1608 vereinigten sich nur wenige Tage später, am 11. Mai, im ehemaligen Benediktinerkloster Auhausen unter der Führung des Vertreters des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz die Reichsstände Württemberg, Baden-Durlach, Ansbach, Bayreuth und Pfalz-Neuburg zur sogenannten „Union“. Mit Ausnahme des pfälzischen Kurfürsten, der dem Calvinismus angehörte, handelte es sich hierbei ausschließlich um lutherische Reichsstände. 1609 schlossen sich die Reichsstädte Ulm und Straßburg, 1610 Kurbrandenburg, Hessen-Kassel, Pfalz-Zweibrücken und der lutherische Anteil der Grafschaft Oettingen sowie weitere 18 Reichsstädte dem Bündnis an.

Die Union war ein Defensivbündnis, dessen Absicht das gemeinsame Eintreten für die Interessen und Rechte der in ihm vereinten protestantischen Reichsstände war. Damit zeigten die Mitglieder der Union, dass unter anderem infolge der Krise um Donauwörth 1606/1607 ihr „Vertrauen in die Fähigkeit der Reichsorgane zur Eindämmung der Spannungen im Reich dahin war.“[1]

An der Spitze der Union stand das Direktorium, das die Kurpfalz innehatte und dessen Aufgabe es war, „den Zusammenhalt der Union zu sichern und sie gleichzeitig als eine politisch handlungsfähige Größe im Reich zu positionieren“[2] . Das Direktorium war außerdem mit der Einberufung von Unionstagen, auf welchen die Bündnismitglieder zu Beratungen zusammenkamen, und mit der Redaktion der dort getroffenen Unionsabschiede wie auch der Einleitung der Bundeshilfe betraut und besaß damit weite Gestaltungsmöglichkeiten. Obwohl die Reichsstädte „überproportional an den Kosten des Bundes beteiligt waren und die Fürsten auch an Zahl übertrafen, fand dies im Abstimmungsmodus auf Bundestagen keinen Niederschlag“[3], denn die Fürsten hatten stets zwei Stimmen mehr als die Städte. Zum Unionsgeneral wurde Markgraf Joachim Ernst von Ansbach-Bayreuth, Fürst Christian von Anhalt-Bernburg zu seinem Feldmarschall ernannt. Das Heer der Union wurde aus einer gemeinsamen Kasse finanziert. Durch die Aufstellung eines Heeres sollten die protestantischen Stände vor „Rechtswidrigkeiten und Gewalttätigkeiten vonseiten der Reichsgewalt“ [4] geschützt werden. Damit stellte sich die Union als „potentielle Fundamentalopposition“[5] gegen Kaiser und Reich. Unter anderem deshalb gelang es der Union nicht, den stärksten der protestantischen Reichsstände, Kursachsen, als Mitglied zu gewinnen. Auch innerhalb der Union herrschte zunächst Unklarheit über die einzuschlagende Strategie. Während Landgraf Moritz von Hessen eine „enge Abstimmung mit anderen europäischen Mächten“[6] befürwortete, hielt die Kurpfalz dies für nicht realisierbar und schlug deshalb „eine Vorwärtsstrategie [ein], um die anderen Unionsmitglieder und die europäischen Verbündeten zum Handeln zu zwingen“[7].

Nach der Annahme der böhmischen Königswürde durch Kurfürst Friedrich V. lenkten die Unionsmitglieder ein und beschlossen gemeinsame militärische Rüstungen. Nach Ausbruch des böhmischen Aufstandes kämpften Unionstruppen auf der Seite des Heeres der böhmischen Ständeopposition, allerdings ohne die erhoffte europäische Unterstützung. Zur Eigensicherung garantierte 1620 das Direktorium der Union im Vertrag von Ulm der Katholischen Liga notgedrungen, dass die Union kein Mitglied der Liga angreifen und ihre Truppen von der Westgrenze Bayerns abziehen werde. Durch diese Truppenverschiebung war es Bayern allerdings möglich geworden, dem Kaiser zusätzliche Truppen nach Böhmen zu schicken. „So führte eine für die Union strategische Notwendigkeit zu einer Schwächung der eigenen Position.“[8]. In der Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 wurden die Union und ihre Verbündeten in gerade einmal zwei Stunden geschlagen. Friedrich V. floh ins niederländische Exil. Auf dem zwischen Februar und April 1621 stattfindenden Unionstag kam in der Folge keine Verlängerung des im Mai 1621 auslaufenden Unionsvertrags mehr zustande.

Die Forschung sieht das Scheitern der Union letztlich in verschiedenen Umständen. Die Unionsmitglieder hatten sich nur „halbherzig dem böhmischen Kronabenteuer angeschlossen“[9], während das kurpfälzische Direktorium mithilfe der Union vor allem eigene Interessen verfolgte. Gleichzeitig fehlte es dem Bündnis an Unterstützung von europäischen Großmächten wie England oder Frankreich. Axel Gotthard urteilte: „Es war von Anfang an ein Manko der Union, dass sie nur gleichsam im Negativen zusammengehalten wurde.“[10]

Anmerkungen

[1] Bergerhausen: Ein Bündnis der Widersprüche S. 133 f.
[2] Münkler: Der Dreißigjährige Krieg, S. 94
[3] Bergerhausen: Ein Bündnis der Widersprüche, S. 141
[4] Hopfenzitz: Zwischen Union und Liga, S. 221
[5] Hopfenzitz: Zwischen Union und Liga, S. 222
[6] Ehrenpreis: Die protestantische Union, S. 94
[7] Ehrenpreis: Die protestantische Union, S. 94
[8] Ehrenpreis: Die protestantische Union, S. 96
[9] Ehrenpreis: Die protestantische Union, S. 98
[10] Gotthard: Norm und Kalkül, S. 38

 

Literatur in Auswahl

  • Bergerhausen, Hans-Wolfgang, Ein Bündnis der Widersprüche: Die protestantische Union 1508 bis 1621, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 143 (2007), S. 133-152.
  • Ehrenpreis, Stefan, Die protestantische Union 1608-21. Ein regionales Verteidigungs- oder antikaiserliches Offensivbündnis?, in: 1618. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, hg. von Robert Rebitsch, Wien / Köln / Weimar 2017, S. 77-100.
  • Ernst, Albrecht, Die Gründungsdokumente von Union (1608) und Liga (1609), in: Union und Liga 1608/09. Konfessionelle Bündnisse im Reich – Weichenstellung zum Religionskrieg?, hg. von Albrecht Ernst / Anton Schindling (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landekunde in Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen, Bd. 178), Stuttgart 2010, S. 343-372.
  • Gotthard, Axel, Norm und Kalkül. Über Württemberg, Baden und die Union von Auhausen, in: Union und Liga 1608/09. Konfessionelle Bündnisse im Reich – Weichenstellung zum Religionskrieg?, hg. von Albrecht Ernst / Anton Schindling (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landekunde in Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen, Bd. 178), Stuttgart 2010, S. 29-61.
  • Hopfenzitz, Josef, Zwischen Union und Liga. Donauwörth, Auhausen und Prag im Spannungsfeld vor dem Dreißigjährigen Krieg, in: Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 43 (2009), S. 203-239.
  • Schindling, Anton, Gab es eine Kurpfälzer Kriegsschuld? Die Pfalzgrafen bei Rhein und die Union 1608 bis 1622, in: Union und Liga 1608/09. Konfessionelle Bündnisse im Reich – Weichenstellung zum Religionskrieg?, hg. von Albrecht Ernst / Anton Schindling (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landekunde in Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen, Bd. 178), Stuttgart 2010, S. 301-341.
  • Schmidt, Georg, Die Union und das Heilige Römische Reich deutscher Nation, in: Union und Liga 1608/09. Konfessionelle Bündnisse im Reich – Weichenstellung zum Religionskrieg?, hg. von Albrecht Ernst / Anton Schindling (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landekunde in Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen, Bd. 178), Stuttgart 2010, S. 9-28.

Zitierhinweis: Amelie Bieg, Protestantische Union, in: Der Dreißigjährige Krieg, URL: […], Stand: 23.05.2022

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