Unterschwandorf 

Bereich um den Standort der Synagoge unweit des Schlosses auf der Württembergischen Flurkarte, Blatt NW III 25 von 1836. Die durch Abwanderung dezimierte Gemeinde verkaufte das Gebäude bereits um die Mitte des 19. Jh. In den 1920er Jahren folgte der Abbruch. [Quelle: Landesarchiv BW, StAL EL 68 VI Nr 7265]
Bereich um den Standort der Synagoge unweit des Schlosses auf der Württembergischen Flurkarte, Blatt NW III 25 von 1836. Die durch Abwanderung dezimierte Gemeinde verkaufte das Gebäude bereits um die Mitte des 19. Jh. In den 1920er Jahren folgte der Abbruch. [Quelle: Landesarchiv BW, StAL EL 68 VI Nr 7265]

Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Paul Sauer, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 18), Stuttgart 1966.

Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1966. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.

In dem reichsritterschaftlichen, seit 1805 württembergischen Ort Unterschwandorf nahmen die Frei­herrn von Kechler Ende des 18. Jahrhunderts neben heimatlosen Leuten auch Juden auf, die 1803 am Fuß des Schlossbergs eine kleine Synagoge erbauten. Die jüdischen Einwohner, deren Zahl in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beträchtlich zunahm (1824 64 Juden, 1831 88, 1843 109, 1854 105) und zeitweise mehr als ein Drittel der Bevölkerung des kleinen, abgelegenen Dorfes ausmachte, lebten anfäng­lich vom Hausiergewerbe, später wohl auch mit vom Viehhandel. Da die Markung von Unterschwandorf bis auf wenige Morgen zum Gut der Freiherrn von Kechler gehörte, waren die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bewohner wenig günstig. Dies veranlasste wahrscheinlich auch die jüdischen Familien, unter denen Namen wie Katz, Schlesinger, Rödelsheimer, Harburger und Dessauer vertreten waren, nach der Jahrhundertmitte innerhalb weniger Jahre abzuwandern und sich vornehmlich in Mühringen und Baisingen niederzulassen. Die politische Gemeinde Unterschwandorf, die 1854 272 Einwohner gehabt hatte, war 1869 auf 165 Ein­wohner, darunter eine Jüdin, die 1879 hier starb, zurückgegangen. Nur einige ein­gesunkene Grabsteine auf dem 1801 angelegten, längst wieder vom Wald überwucherten Friedhof bewahren bis heute die Erinnerung an die einstige Juden­siedlung.

 

In dieser Studie nachgewiesene Literatur

  • Beschreibung des Oberamts Nagold, 1862.
  • Bild vom Friedhof, in: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe, 1932, S. 132.
  • Straßburger, M., Der Juden­friedhof in Unterschwandorf, in: Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden Würt­tembergs, Jg. 2, Nr. 4, 15. Mai 1925, S. 102 f.

Ergänzung 2023:

Die Synagoge war bereits 1860 verkauft worden. Seitdem diente sie als Lagerhalle und wurde 1920 schließlich abgebrochen.

 

Zitierhinweis: Sauer, Paul, Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 1966, Beitrag zu Unterschwandorf, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.11.2022

Lektüretipps für die weitere Recherche

  • Der jüdische Friedhof von Unterschwandorf, Otto-Hahn-Gymnasium Nagold, 1992.
  • Die Unterschwandorfer Juden. Geschichte einer vergessenen Gemeinde. 7 Hefte, Otto-Hahn-Gymnasium Nagold, 1992.
  • Frieß, Martin, Leben in Armut, doch „in seltener Eintracht“. Die jüdische Gemeinde in Unterschwandorf, in: Jüdisches Leben im Nordschwarzwald, hg. von Thorsten Trautwein, Neulingen 2021, S. 197-226.
  • Jüdisches Leben im Nordschwarzwald, hg. von Thorsten Trautwein, Neulingen 2021.
  • Kullen, Siegfried, Der Einfluss der Reichsritterschaft auf die Kulturlandschaft im Mittleren Neckarland, 1967, S. 79-81.
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