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Zur Geschichte der „Seegfrörne“

Vor 60 Jahren ist der Bodensee das letzte Mal komplett zugefroren

Die Eisprozession von 1830 mit Schulkindern in Tracht und den begleitenden Honoratioren. Zu sehen sind außerdem Schlitten, Pferdefuhrwerke, mehrere Hunde und die von Eis umgebenen Landungsstege. Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 498-1 Nr. 5548

Davor war das Phänomen in den Jahren 1880 und 1830 zu verzeichnen, wobei sich 1880 die Eisschicht als nicht zuverlässig erwiesen hatte und die traditionelle Eisprozession nicht stattfinden konnte.

Die Seegfrörne von 1830 war ein bedeutendes Ereignis, das – zu jener Zeit noch selten – zeichnerisch festgehalten wurde. Das vorliegende Bild mit Beschreibung dokumentiert die Verhältnisse. So erfahren wir, dass der See ab Dienstag, den „2ten Hornung“ – eine damals gebräuchliche Bezeichnung des Februars – komplett zugefroren war. Die Rede ist von einer 14 Zoll dicken Eisschicht. Dadurch wurde es möglich, die Fläche mit Schlitten und Wagen zu befahren, was „in der That von Inn- und Ausländern geschehen“ sei. Ausgehend von dem wenige Kilometer von Meersburg entfernten Hagnau machte sich am sechsten Februar ein Zug auf den Weg ans gegenüberliegende Ufer in die „Frauen-Abtey Münsterlingen“ bei Kreuzlingen. Beteiligt waren der Ortsvorstand von Hagnau mit Pfarrer, Kaplan, Vogt und Lehrer „nebst Gerichtsmännern“ und die gesamte „Schul-Jugend“. Die Hagnauer ließen sich „vertragsmäßig, wenn der Boden-See überfrieren sollte“ die Büste des Evangelisten Johannes übergeben, worauf sie nach der Rückkehr an einem Seitenaltar der Hagnauer Kirche aufgestellt wurde. Dem Bericht ist außerdem zu entnehmen, dies sei das dritte Mal in 300 Jahren so geschehen. Davor wurde ein vollständiges Zufrieren in den Jahren 1796, 1695 und 1573 vermerkt. In jenem Jahr beginnt auch die auf dem Sockel der Johannes-Büste festgehaltene Geschichte der Eisprozession. Die Entstehung der Büste selbst wird auf den Beginn des 16. Jh. datiert. Weitere Berichte belegen, dass die Anwohner die riesigen Eisflächen gerne für Vergnügungen nutzten. So veranstalteten die Bregenzer 1573 einen Tanz während der „alten Fastnacht“ und entzündeten sogar Funkenfeuer. 1695 wanderte der Schulmeister des schweizerischen Altnau zusammen mit seinen Schützlingen nach Langenargen, wo sie beim Grafen von Oetingen einkehrten. Im ebenfalls schweizerischen Arbon fand eine Schießveranstaltung statt. 1830 führten lange Wege über das Eis, die von Konstanz bis nach Lindau reichen konnten. Dass das Amt Meersburg zeitgleich eine Bekanntmachung über die mögliche Verhütung von Unglücksfällen auf dem zugefrorenen See veröffentlichte, belegt dass vermeintlichem Leichtsinn vorgebeugt werden musste. Beschrieben wurden außerdem Phänomene, die im Zusammenhang mit dem strengen Frost auftraten. So lösten sich 1695 und 1830 unter Einwirkung des Eises große Steine, die mit Getöse am Ufer landeten.

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