Die Tierberger Fehde

Burg Tierberg bei Braunsbach. Copyright: LABW
Burg Tierberg bei Braunsbach. Copyright: LABW

Die Tierberger Fehde war eine der vielen Kraftproben am Ende des Mittelalters, mit deren Hilfe Herrschaftsträger verschiedenen Ranges sich im Ringen um die Landesherrschaft zu positionieren und durchzusetzen suchten. 1475 begann sie damit, dass der Graf von Hohenlohe sein verbrieftes, seitens der ritteradligen Herren von Stetten jedoch verweigertes Wiederkaufsrecht an Burg Tierberg über dem Kocher mit Gewalt zur Geltung brachte und die Pfandnehmer, die sich dort, in unmittelbarer Nachbarschaft ihres Stammsitzes seit 1387 vermeintlich auf Dauer eingerichtet hatten, vertrieb. Mit zeittypischen Überfällen, Belagerungen, Schädigungen, Tagsatzungen und einem umfangreichen Schriftwechsel zog sich die Sache über zwei Jahrzehnte hin, bis sie unter maßgeblicher Beteiligung des Erzbischofs von Mainz 1495 beigelegt werden konnte. Zwar mussten die von Stetten fortan auf Schloss Tierberg verzichten, aber den Grafen von Hohenlohe war es auch nicht gelungen, die widerspenstigen Ritter, mit denen sie in Künzelsau im Kondominat saßen, ihrer Territorialgewalt zu unterwerfen. Wie so oft waren diese regionalen Händel eingebettet in größer dimensionierte Konstellationen und Rivalitäten; auf seiten der von Stetten engagierten sich der Erzbischof von Mainz und der Markgraf von Brandenburg-Ansbach, auf seiten der Grafen von Hohenlohe der Pfalzgraf bei Rhein und der Graf von Württemberg, und zu guter Letzt spielten dabei auch noch die Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Reichsständen um die Verteilung der Gewichte im Reich eine Rolle. Die Folie des Ganzen bildete schließlich die Rezeption des römischen Rechts und die vielen großen und kleinen Neuerungen, die damit einhergingen. Im Kochertal hatte die Fehde abgesehen von langjähriger Friedlosigkeit vielerlei Auswirkungen, darunter die dauerhafte Verlegung des Landkapitels von Künzelsau nach Ingelfingen (1487), die gegen Künzelsau gerichtete Wiederbelebung des Ingelfinger Markts und den Ankauf umfangreicher Komburger Gerechtsame durch die Grafen von Hohenlohe (1483).

Kurt Andermann

Veröffentlicht in: Der Hohenlohekreis. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Hohenlohekreis (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). Ostfildern 2006, Bd. 1, S. 50. 

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