Von Kirchentellinsfurt bis Plochingen

Das Neckartal bei Nürtingen-Neckarhausen, im Hintergrund Neckartailfingen – Quelle: LMZ BW
Das Neckartal bei Nürtingen-Neckarhausen, im Hintergrund Neckartailfingen – Quelle: LMZ BW

Unterhalb Tübingens stoßen mit Schönbuch im Norden und Härten im Süden die Keuper-Lias-Höhen fast aufeinander und schließen damit die Stufenrandbucht ab. Dazwischen schnitt sich der Neckar ein, weiter seinen Weg nach Nordosten suchend. Die vor allem im Stubensandstein des Keupers steilen, stellenweise bis 70 m hohen, bewaldeten Talflanken rücken wieder eng zusammen, lassen aber neben dem kanalisierten, vielfach an den Hangfuß gedrängten Fluss genügend Raum sowohl für die heute vierspurig ausgebaute B27, als auch für die von ihr abgehende B297, besonders aber für ausgedehnte alte (Bagger-) Seen, die inzwischen auf der Talsohle als Erholungsgebiete fungieren. Auch blieb in diesem Talabschnitt ein heute weitgehend isolierter einstiger Neckararm, der dicht am Hangfuß des Härten unterhalb Kusterdingens verläuft, als Naturschutzgebiet Blaulach bestehen. Bei Kirchentellinsfurt wird zudem dem Neckar – mittlerer Abfluss hier 25,2 Kubikmeter/Sekunde – über einen Seitenkanal Wasser zur Stromgewinnung abgezweigt.

Zwischen Neckartenzlingen und Neckartailfingen (Landkreis Esslingen) tritt der Neckar unvermittelt in den Fildergraben ein. Auf dieser tektonisch abgesenkten Schwarzjurascholle durchfließt er jetzt weiche Knollenmergel, die eigentlich über dem Stubensandstein abgelagert wurden. Die nur mehr mäßig steilen, oft verrutschten und jetzt vielfach von Obstwiesen bedeckten Talhänge treten etwa einen Kilometer auseinander, wobei sich das Tal – immer wieder hohe Prall- und weite Gleithänge ausbildend – als südlicher Abschluss der Filder, zu denen es naturräumlich gehört, bis zur Filsmündung bei Plochingen quer durch den Graben windet. Heute sind sowohl die Prallhänge als auch die Gleithänge nahezu durchgängig in das hochverdichtete, stark verbaute Siedlungsgebiet dieses südlichen Teils des Mittleren Neckarraumes einbezogen. Auf einem einstigen Umlaufberg, den die Flüsse Tiefenbach (Saubach) und Steinach mit heraus präpariert haben, der aber als solcher heute kaum mehr zu erkennen ist, thront beispielsweise die Altstadt von Nürtingen. In dem breiten Tal, das in diesem Abschnitt mehrere kräftig wasserführende Flüsse von der Schwäbischen Alb aufnimmt, hat der Fluss vermehrt während der Eiszeiten, insbesondere aber in der unmittelbaren Nacheiszeit, mächtige Kies- und Geröllschotterflächen hinterlassen. Speziell zwischen 1935 und 1962 wurden sie in großem Umfang als wertvolles Baumaterial ausgebeutet. Davon zeugen die ausgedehnten einstigen Baggerseen, die den regulierten und kanalisierten Fluss begleiten. Bei den Orten Wendlingen, Köngen und Wernau bilden sie inzwischen eine Kette überregional bedeutender Naturschutzgebiete, in denen Auwälder und Feuchtbiotope für durchziehende Watvögel bewahrt werden. Mit solchen Überwinterungsplätzen erweist sich das Neckartal als ausgewiesene Vogelzugstraße. Zugleich sind die Schotterflächen wiederum wichtiger Grundwasserspeicher, der die Wasserversorgung mancher Anrainergemeinden gewährleistet.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Fildergrabens stößt der Neckar auf den bis 513 m über NN (Kernen) herausgehobenen Schurwald, der ihn zur abrupten Richtungsänderung nach Nordwesten zwingt. Der Fluss selbst fließt hier auf einem Höhenniveau von etwa 249 m über NN. Dieser Neckarknick am Plochinger Kopf bei der Stadt Plochingen ist in erster Linie tektonisch bedingt, da der Fluss jetzt der Schurwald-Hauptverwerfung an der Nordgrenze des Fildergrabens folgt. Bei Plochingen nimmt der Fluss zudem die wasserreiche Fils auf, die ebenfalls auf der Schwäbischen Alb entspringt. Der Neckarabfluss erreicht deshalb am Knick im Mittel etwa 46,4 Kubikmeter/Sekunde. Diese Menge war eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass der Fluss ab hier bis Mannheim zur Bundeswasserstraße ausgebaut werden konnte. 1968 wurde der Plochinger Hafen nordwestlich des Plochinger Kopfs gegenüber der Kernstadt als Endpunkt der gewerblichen Neckarschifffahrt eingeweiht. Mit dem Ausbau zur Wasserstraße änderten sich freilich die Struktur des ursprünglichen Tales und der ökologische Charakter des Flusses tiefgreifend, wie sich auf dem weiteren Weg flussabwärts zeigen wird.

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