Das Kräuterbuch des Eucharius Rösslin

Das kolorierte Kräuterbuch des Eucharius Rösslin

Farbige Buchillustrationen haben schon immer die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich gezogen – seien es handgemalte Miniaturen in mittelalterlichen Handschriften oder vielfarbige Hochglanzseiten des 21. Jahrhunderts. Das im 16. Jahrhundert weit verbreitete Kräuterbuch des Eucharius Rösslin war jedoch schwarzweiß, wie die meisten zu jener Zeit entstandenen bebilderten Buchdrucke. Daher stellt das im Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein verwahrte Exemplar durch seine nachträgliche Kolorierung eine Besonderheit dar: zu fast allen Tieren, Pflanzen und anderen Motiven sind farbige Illustrationen vorhanden.

Die Farbe sollte eine möglichst wirklichkeitsnahe Darstellung der Natur ermöglichen und das Verständnis von Text und Abbildung unterstützen.

Verfasser des im Jahr 1540 gedruckten Kreuterbuoch von aller Kreuter / Gethier / Gesteine und Metal / Natur / nutz unnd gebrauch. Mitt aller derenn leblicher Abconterfeytunge war der wahrscheinlich aus Freiburg im Breisgau stammende Arzt Eucharius Rösslin der Jüngere. Das Werk galt als eines der wichtigsten Handbücher für Botanik und zielte auf einen volkstümlichen und breiten Adressatenkreis; es diente als Informationsquelle für Heilkundige, Bader, Kräutersammler und interessierte Laien.

 Das Buch beginnt mit Erläuterungen zu Destilliertechniken. Es folgt ein Abschnitt über unterschiedliche heimische und exotische (Fabel-)Tiere, deren Beschreibungen zum Teil recht fantasievoll ausfallen. Am Anfang des Tierkapitels steht der Mensch, dessen Innenleben durch eine bildliche Darstellung der menschlichen Organe veranschaulicht wird. In einem weiteren Kapitel behandelt Rösslin die Wirkung von Edelsteinen, Edelmetallen und anderen Materialien. Der umfangreichste und der Realität am nächsten kommende Teil des Buchs ist den Kräutern und Pflanzen gewidmet, deren Darstellung jedoch häufig auf die jeweilige Wirkungsweise beschränkt ist. Abgeschlossen wird Rösslins Werk durch ein kurzes Kapitel über Krankheitsbilder, die sich anhand des Harns erkennen lassen. Farbige Illustrationen sind fast zu jedem Tier, zu jeder Pflanze und zu allen anderen Materialien vorhanden.

Ganz gleich, ob die Behandlung der Fallsucht mit Koriander oder die Vertreibung von Gespenstern durch Korallen geschildert wird – das Kräuterbuch des Eucharius Rösslin ist ein aufschlussreiches Zeugnis der Frühen Neuzeit für die Auseinandersetzung einer breiten Bevölkerungsschicht mit Krankheit und Heilung. Zugleich ist es der Versuch, Fauna und Flora in ihrer farbigen Vielfalt darzustellen.

Simon Karzel

Quelle: Archivnachrichten 47 (2013), S. 10.

Suche