Unterwegs in Europa: Adelsnetzwerke am Beispiel der katholischen Linie der Löwenstein-Wertheimer

Schloss Fischhorn im Pinzgau/Österreich. Das Schloss aus dem Besitz der Gemahlin des Fürsten Karl Heinrich zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Sophie geb. Prinzessin von und zu Liechtenstein wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im neugotischen Stil umgebaut. Nach einem Brand 1920 erfolgte sein Wiederaufbau in wesentlich schlichteren Formen. Vorlage: Landesarchiv BW, StAWt-A 61 Nr. 726
Schloss Fischhorn im Pinzgau/Österreich aus dem Besitz der Gemahlin des Fürsten Karl Heinrich zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. Vorlage: Landesarchiv BW, StAWt-A 61 Nr. 726

Die Mobilität war vor allem beim Adel schon früh stark ausgeprägt. Nur so ließen sich die Besitzungen, die zum Teil in den unterschiedlichsten Gegenden Europas lagen, verwalten und beaufsichtigen. Im Mittelalter kam dazu die Notwendigkeit, im Rahmen des Lehenswesens an den verschiedenen Feldzügen teilzunehmen oder auch bei Gerichtstagen anwesend zu sein.

Als es im 18. Jahrhundert üblich wurde, Bildungsreisen oder Kavaliersreisen zu unternehmen, waren auch Angehörige der Familie Löwenstein-Wertheim- Rosenberg dabei. Vornehmlich die künftigen regierenden Grafen und Fürsten wurden an fremde Höfe in ganz Europa gesandt, um ihren Horizont zu erweitern und Bekanntschaften zu knüpfen, die sie später pflegen und weiter verwenden konnten. Eine reine Bildungsreise nach Holland unternahm Erbprinz Constantin zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg im Jahr 1819 in Begleitung seines Vaters. Von ihr liegt ein Tagebuch vor, das in Form einer Edition nachgelesen werden kann. Ebenfalls ein Reisetagebuch gibt es von der Fahrt über Italien in den Orient, die sein Sohn Karl Heinrich in den Jahren 1857/58 unternahm, bevor er die Pflichten eines Fürsten übernahm. Vor allem in Rom, einem Drehpunkt der damaligen besseren Gesellschaft, traf er Bekannte und lernte über sie wieder neue Leute kennen.

Auch für Verwandtschaftsbesuche begab man sich auf Reisen, die ins europäische Ausland führten. Da gab es Verwandte in England, Österreich, Böhmen und Frankreich zu besuchen. Diese Verbindungen waren meist durch Eheschließungen zustande gekommen. Die Nähe der katholischen Linie zum Kaiserhof in Wien führte zu einer intensiven Reisetätigkeit vor allem in diese Richtung. Dort konnte man seinen Geschäften und Vergnügungen nachgehen.

Ein absolutes Muss waren allerdings die Reisen zu den verschiedenen Gütern. Diese lagen u.a. im heutigen Belgien, in Frankreich, Österreich und dem heutigen Tschechien. Die in Böhmen liegenden Güter waren seit 1712 nach und nach durch Ankauf und Erbschaft in den Besitz der Familie gelangt. Bleiben wir bei diesem Beispiel. Für die umfangreichen Güterkomplexe um Weseritz und Haid gab es anfangs eine Lokalverwaltung, die der Zentralverwaltung in Wertheim unterstand. Jedoch schon im 18. Jahrhundert gab es erste Bestrebungen, der anfänglichen Gutsverwaltung mehr Verantwortung zu überlassen. Dies führte ab 1855/56 zur Einrichtung einer eigenen Zentralverwaltung. Zusammen mit deren Überlieferung blieben auch Akten aus Wertheim bis 1945 in Haid. Nach dem Kriegsende mussten die ehemaligen Besitzer in Begleitung ihrer Bediensteten das Land verlassen. Das Schriftgut blieb vor Ort und wurde nach Klattau, einer Dependance des Staatsarchivs Pilsen gebracht. Über den dortigen Bestand Zentralverwaltung der Löwensteinischen Güter in Böhmen mit 125,4 lfd. Meter wurde im Jahr 1963 ein Inventar in tschechischer Sprache verfasst.

Last but not least dürfen an dieser Stelle nicht die europäischen und außereuropäischen Reisen vergessen werden, die drei Generationen des Hauses Löwenstein im Rahmen ihres Engagements für den Laienkatholizismus unternahmen und die zu interessanten Verbindungen führten.

 Martina Heine

Quelle: Archivnachrichten 52 (2016), S.21.

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