Die Heuneburg

Anlage und Geschichte

Der Eingang zur Vorburg -Quelle: LABW
Die rekonstruierte Anlage der Heuneburg
Zwischen Binzwangen und Hundersingen erhebt sich auf einer rißeiszeitlichen Terrasse der Donau die Heuneburg, etwa 50 m über dem heutigen Flussniveau. Die weitläufige Anlage weist verschiedene Siedlungs- und Ausbauphasen seit der Mittelbronzezeit vom 15. bis 13. Jahrhundert vor Christus auf. Ihre größte Ausdehnung und Blüte erlebte die Anlage als keltischer Herrschaftssitz und Handelszentrum der Hallstattkultur im 6. und 5. Jahrhundert vor Christus. Spuren einer Zerstörung finden sich nicht, gleichwohl ist für die Zeit zwischen dem 12. und dem 6. Jahrhundert keine Besiedlung nachgewiesen, bevor der Ausbau zum keltischen Herrschaftssitz begann.

Die Entwicklung der Heuneburg resultierte aus ihrer günstigen Lage an einer Furt durch die Donau, die heute noch nutzbar sein soll. An dieser Stelle kreuzten sich der Handelsweg auf der Donau mit einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Handelsstraße. Bei Herodot ist in seinen „Historien" aus dem 5. Jahrhundert vor Christus zu lesen, dass die Donau "bei den Kelten und der Stadt Pyrene" entspringe und quer durch Europa fließt. Mit Pyrene könnte womöglich die Heuneburg gemeint sein - sie wäre damit die älteste schriftlich erwähnte Siedlung nördlich der Alpen!

Die Anlage lässt sich in vier Teile gliedern: Im Zentrum der Burgberg mit Herrenhaus und metallurgischen Handwerksbetrieben, Wohn- und Speichergebäuden, umgeben von einer Wehrmauer. Eine zunächst locker bebaute Vorburg lag auf einer etwas niedrigeren Terrasse, vom Burgberg und dem Umland mit einer Wall- und Grabenanlage abgegrenzt. Bis zum 5. Jahrhundert vor Christus verdichtete sich die Struktur der Vorburg mit Handwerksbetrieben und Wohnhäusern. Im Nordwesten schloss sich die Außensiedlung an, ein weitläufiges Areal von mehreren Quadratkilometern Größe, mit weiteren Wohnhäusern und landwirtschaftlicher Nutzung. Die Außensiedlung war vermutlich ebenfalls befestigt, eventuell mit Holzpalisaden, und in verschiedene Kammern gegliedert. Den äußersten Ring bildeten die Begräbnisstätten, die noch heute in Form mehrerer Grabhügelgruppen erkennbar sind. Zur Blütezeit der Heuneburg lebten dort schätzungsweise bis zu 10.000 Menschen.

Mediterrane Bezüge

Der Eingang zur Vorburg -Quelle: LABW
Der Eingang zur Vorburg
Aufsehen erregte die Befestigung des Burgbergs, als Ausgrabungen zeigten, dass es sich um eine Mauer aus luftgetrockneten Lehmziegeln mediterranen Typs handelte, die auf einem Fundament aus Kalksteinen ruhte. Diese Bauart wird auf einen griechischen oder phönizischen Ursprung zurückgeführt, jedenfalls als mediterran angesehen. Als Anpassung an das feuchtere mitteleuropäische Klima war die Mauer mit Kalkmörtel verputzt. Der Zugang wurde im Westen durch ein 16 m langes Kammertor ermöglicht, das ebenfalls auf mediterrane Vorbilder hindeutet. Im Südwesten erfolgte der Zugang über einen Weg vom Fluss herauf durch das sogenannte Donautor. Das Donautor war durch eine Versetzung der Außenmauer als etwa drei Meter lange Torgasse ausgebildet.

Eine Vielzahl von Artefakten weist darauf hin, dass die Verbindungen zum Mittelmeerraum recht eng gewesen sein müssen: Schmuck, Gebrauchsgegenstände und Behältnisse für Konsumwaren (wie etwa Trinkgefäße oder Weinamphoren) sind griechischen und etruskischen Ursprungs. Der etruskische Schmuck war so beliebt, dass er in den eigenen Werkstätten nachgebildet und durch importierte Bestandteile ergänzt wurde. Dazu gehörten Korallen beispielsweise aus dem Mittelmeer sowie Bernstein, der Beziehungen in den Ostseeraum belegt.

Ab 540 vor Christus setzte eine Umstrukturierung der Anlage ein. Die Außensiedlung wurde aufgegeben und die Vorburg stark verdichtet. Eine Mauer in keltischer Bauart (aus Stein, Holz und Bodenmaterial) ersetzte die Lehmziegelmauer mit ihren repräsentativen Wehrtürmen.

Gräberfelder in der Umgebung

Das Vorland der Heuneburg an der Donau - Quelle: LABW
Das Vorland der Heuneburg an der Donau 

Neben mehreren Grabhügelgruppen werden der Heuneburg auch Gräberfelder im näheren Umland zugeordnet. Bereits im 19. Jahrhundert wurden die Grabhügel archäologisch erforscht. In der Oberamtsbeschreibung von Riedlingen zu Hundersingen mit Thalhof, 1827, wurde hinsichtlich der Wallanlage noch eine Entstehungszeit während des Dreißigjährigen Krieges angenommen, obgleich angemerkt ist, dass die eigentliche Burganlage sehr viel größer sei und vielleicht aus römischer Zeit datiere. Die benachbarte Staatsdomäne Thalhof, heute Talhof, erhielt 1820 den Auftrag, die Wallanlagen einzuebnen und die Flächen urbar zu machen. In der Folge wurden bis in die 1840er Jahre wohl viele Teile der Heuneburg zerstört, unter anderem die Toranlage im Westen. Die archäologischen Ausgrabungen begannen 1876 an einem Grabhügel in der Nähe der Burg, ab 1920 folgten Ausgrabungen auf dem Burgberg. Mit Unterbrechungen hält die archäologische Erforschung des Komplexes bis heute an. Durch den Einsatz immer besserer Technologien kommen auch für die bereits untersuchten Flächen neue Erkenntnisse zutage. So dient z.B. ein Laserscan (Lidar) der präzisen Erfassung der Landoberfläche, Magnetometerbegehungen der Analyse der physischen Bodenstruktur. Seit 2014 ist durch die DFG ein Langfristprojekt zur weiteren Erforschung eingerichtet, das bis 2026 laufen soll und auch die weitere Umgebung, z.B. den Bussen, mit einbezieht.

Einen Höhepunkt bildete die Bergung des kompletten Kammerschachtgrabs einer Keltenfürstin, das 2010 als 80 Tonnen schwerer Block gehoben und in die Restaurierungswerkstatt der Landesdenkmalpflege nach Ludwigsburg gebracht wurde. In Hundersingen befindet sich das Heuneburgmuseum, in dem eine Auswahl der Originalfunde und nachgestellte Szenen der Keltenzeit besichtigt werden können. Weitere Exponate befinden sich im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart.

Tilo Wütherich

Quellen:

DIRK KRAUSSE: Die Heuneburg. Zur Geschichte, Erforschung und musealen Vermittlung einer archäologischen Fundstätte von Weltrang. In: Schwäbische Heimat, Heft 4, 2014, S. 390-398.  

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