Markgraf Bernhard bringt einen Zollerngrafen vor die Feme

Erste Seite des Pergamentlibells von 1433. Quelle LABW (StAS FAS HH 1-50 T 1-5 U 453)
Erste Seite des Pergamentlibells von 1433. Quelle LABW (StAS FAS HH 1-50 T 1-5 U 453)

Der Bruderzwist zwischen den Grafen Friedrich dem Öttinger und Eitelfriedrich von Zollern zog zu Beginn des 15. Jahrhunderts ganz Schwaben in Mitleidenschaft. Denn beiden Brüdern gelang es, Verbündete zu gewinnen, und der Zwist wurde vor allem mit Gewalt ausgetragen. Doch es wurden auch Gerichte bemüht: neben Schiedsgerichten das Hofgericht in Rottweil und das bischöfliche Offizialatsgericht in Konstanz. Im November 1422, kurz nachdem ein Heer der Reichsstädte und Württembergs begonnen hatte, den Öttinger auf der Burg Hohenzollern zu belagern, schaltete der auf dessen Seite stehende Markgraf Bernhard vonBaden ein weiteres Gericht ein: die westfälische Feme, genauer: das Femegericht in Sachsenhausen (heute ein Stadtteil von Waldeck in Nordhessen).

Die Femegerichte in Westfalen – es gab dort über 300 – erlangten in jener Zeit für ein halbes Jahrhundert reichsweite Bedeutung bei der Ahndung schwerer Rechtsbrüche und bei Rechtsverweigerung, weil sie als königliche Gerichte galten, vor allem aber wegen ihrer Angst einflößenden Vollstreckungspraxis. Sprach ein Femegericht über einen Angeklagten als letzte sentencie die Verfemung aus, durften Freischöffen der Feme, wenn sie mindestens zu dritt waren, den Verfemten überall hangen an ... den nechsten bome, wo sie seiner habhaft werden konnten. Freischöffen waren Leute, die nach einem feierlichen Aufnahmeverfahren in das Femewesen eingeweiht worden waren. Zu den entscheidenden Gerichtssitzungen waren nur Freischöffen zugelassen. Sie bildeten so einen Geheimbund, dessen Mitglieder sich an geheimen Erkennungszeichen erkannten Am 26. November 1422 erhielt Graf Eitelfriedrich einen auf Papier geschriebenen Ladungsbrief, er solle vor dem Sachsenhäuser Femegericht erscheinen zu rechter Tagzyt unter der Linden (die Femegerichte tagten unter freiem Himmel, nicht in finsteren Gewölben und Höhlen wie in den Ritterdramen Goethes und Kleists). Der Graf habe dort Ehre und Leib zu verteidigen, weil er den Markgrafen Bernhard von Baden in dessen Ehre verletzt habe. Denn er habe diesem fälschlich nachgesagt, ihm geraten zu haben, seinen Bruder Friedrich von der Burg Hohenzollern ußzustössin.

Der Ladung leistete Eitelfriedrich keine Folge, ließ aber immerhin im März durch einen Freischöffen aus Munderkingen ein Rechtfertigungsschreiben nach Westfalen bringen. Darin stritt er die ihm vorgehaltene Äußerung ab und betonte, er habe dem Markgrafen angeboten, ihre Streitigkeiten vor einem fürstlichen Schiedsgericht auszutragen. Unterstützung erhielt er im November von Herzog Friedrich von Österreich, bei dem er in Diensten stand. Der Herzog erklärte ihn für unabkömmlich und verwies auf ein kaiserliches Privileg, dass seine Diener nur von seinen Räten gerichtet werden dürften.

Eitelfriedrich wurde verfemt, allerdings ohne Folgen für ihn. Denn er wehrte sich vor einem anderen Femegericht dagegen. Von den ganzen Vorgängen wissen wir, weil er – wohl für ein weiteres Verfahren – 1433 seinen ganzen Schriftwechsel mit den Femegerichten in einem Pergamentlibell zusammenstellen und von sieben südwestdeutschen Freischöffen, darunter Graf Bernhard von Eberstein und Herzog Reinhold von Urslingen, beglaubigen ließ.

 Volker Trugenberger

Quelle: Archivnachrichten 43 (2011), S.8-9.
 

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