Wasserkraftwerk Laufenburg - Energetische Erfolgsgeschichte und Geburtsstunde der Bürgerinitiative

Die Stromschnellen des Laufen vor dem Bau des Flusskraftwerks Laufenburg. Vorlage: Landesarchiv BW, StAF B 750/14 Nr. 9373
Die Stromschnellen des Laufen vor dem Bau des Flusskraftwerks Laufenburg. Vorlage: Landesarchiv BW, StAF B 750/14 Nr. 9373

Das Kraftwerk Laufenburg ist in der Reihe der Großprojekte zur energetischen Nutzung der Wasserkräfte am Hochrhein lediglich das dritte Kraftwerk, das um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert gebaut wurde. Bereits 1898 wurde das Kraftwerk Rheinfelden eröffnet. Diesem folgte 1907 das Kraftwerk Augst-Wyhlen.

Doch unterschied sich das Kraftwerk Laufenburg in mehrfacher Hinsicht von den beiden anderen Kraftwerken: Technisch durch das erste, quer über den Rhein errichtete Werk mit Wehr und Maschinenhaus. Dies ermöglichte eine effizientere Nutzung der Wasserkraft und definierte damit den bis heute gültigen Typ des Flusskraftwerks. Zeitlich durch die überraschend lange Dauer der Projektumsetzung, was geeignet ist, unsere Vorurteile zu korrigieren. 1908 in Betrieb genommen sind erste Planungen schon im Jahre 1890 festzustellen, die sich im Laufe der Zeit veränderten, neuen Entwürfen Platz machten, ehe sie erst nach 1900 in ein konkretes Stadium eintraten. Nichts also mit der heute so gern bemühten Reminiszenz an frühere (bessere) Zeiten, in denen sich scheinbar alles schneller umsetzen ließ. Dieses Postulat geht häufig einher mit der Klage, dass einst Großprojekte problemloser – weil ohne großen öffentlichen Widerstand – realisiert werden konnten. Auch da im Falle Laufenburg weit gefehlt.

Die Errichtung des Wasserkraftwerks rief viele auf den Plan, die sich dadurch in ihren Rechten beeinträchtigt fühlten. In erster Linie die Rheinfischer. Diese fürchteten durch das quer zum Fluss projektierte Laufwasserkraftwerk um ihre Einkünfte und damit um ihre Existenz. Aber auch die Anrainer flussaufwärts, die durch die höheren Pegelstände des gestauten Rheins die Nutzung ihrer Rheinuferwiesen gefährdet sahen. Bis hin zu den Hausbesitzern in Laufenburg, die durch die nötigen Sprengungen Beschädigungen an ihren Häusern fürchteten und vorsorglich Schadensersatzforderungen anmeldeten. Auf jeden Einwand musste das Betreiberkonsortium eingehen und gegebenenfalls Entschädigungen in Aussicht stellen.

Und wir treffen im Falle Laufenburg auf ein Phänomen, das vor allem in der heutigen Zeit jedes Infrastrukturprojekt begleitet. Es kann als zentrale Metapher für das spannungsgeladene Verhältnis von Natur und Technik, von Tradition und Fortschritt, vom Bewahren und dem Neuem, von Zerstörung und Auferstehung angesehen werden. Während sich im Falle der Fischer, Wiesen- und Hausbesitzer die direkt Betroffenen zu Wort meldeten, artikulierte sich erstmals eine Art Bürgerinitiative, die sich zum Anwalt der Natur erklärte und ihr eine Stimme geben wollte. Im Mittelpunkt dabei die grandiosen Stromschnellen des Laufen, die dem neuen Wasserkraftwerk weichen mussten. Es waren intellektuelle Kreise aus Freiburg, die sich für den Erhalt dieser Naturlandschaft, dieses Naturdenkmals starkmachten. Der erfolgreiche Schriftsteller Emil Strauß schrieb mit seiner Novelle Der Laufen die erste literarische Anklage gegen die Zerstörung der Umwelt durch industrielle Großprojekte. Andere wie der Freiburger Universitätsbibliothekar Fridrich Pfaff versuchten, durch formale Einsprüche bei den Konzessionären den Bau zu verhindern. Vergeblich, wie wir wissen. Wobei ihnen auch die Unterstützung der Betroffenen vor Ort fehlte und mancher Missionar in Sachen Erhalt des Laufen mit wehen-den Rockschößen aus Dörfern am Hochrhein fliehen musste, um sich und seiner Überzeugung eine Tracht Prügel der Dorfjugend zu ersparen.

Ihr Misserfolg und der dann zügig umgesetzte Bau des Wasserkraftwerks war Auftakt einer bis heute andauernden energetischen Erfolgsgeschichte. Das elektrische Licht zog ein in die Gemeinden am Hochrhein. Ein Industriegürtel beidseits des Rheins zwischen Lörrach und Schaffhausen entstand, der bis heute prosperiert.

 Kurt Hochstuhl

Quelle: Archivnachrichten 51 (2015), S. 30-31.

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