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Joseph Süß Oppenheimer - Die Geschichte eines Justizopfers

 Verteidigungsschrift Oppenheimers
Verteidigungsschrift des Pflichtverteidigers des Joseph Süß-Oppenheimer [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS A 48/14 Bü 122]
 Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer, diffamierend „Jud Süß“ genannt, ist über die Grenzen Württembergs hinaus bekannt. Allerdings basiert dieser Bekanntheitsgrad weniger auf der historischen Person als vielmehr auf der größtenteils antisemitisch geprägten Rezeption dieser Figur im Laufe der Jahrhunderte. Oppenheimer war der Hofbankier und Berater des Herzogs Karl Alexander von Württemberg. 1732 trat Oppenheimer zunächst als "Hoffaktor und Schatullenverwalter" in die Dienste des damaligen Erbprinzenpaares und erledigte ohne feste Besoldung typische Auftragsgeschäfte eines Hofagenten. Nach dem Regierungsantritt ernannte ihn Karl Alexander zum württembergischen Residenten in Frankfurt. 1734 verlagerte sich der Schwerpunkt seiner Tätigkeit schließlich nach Stuttgart und Ludwigsburg, wo Karl Alexander ein absolutistisch-antiständisches Regiment einführte, das Schulden des Vorgängers abbauen und gleichzeitig eine kostspielige Hofhaltung finanzieren sollte. Oppenheimer wurde durch seinen erfolgreichen Kurs schnell zu einem einflussreichen Wirtschafts- und Finanzpolitiker. Karl Alexander verlieh ihm 1736 den Titel eines "Geheimen Finanzrates" und machte ihn zu einem seiner wichtigsten Berater. Doch obwohl Oppenheimer ausschließlich im Auftrag des Herzogs gehandelt hatte, richtete sich der Zorn vieler verarmter Württemberger gegen ihn. Als Karl Alexander am 12.3.1737 plötzlich starb, wurde Oppenheimer verhaftet und in die Festung Hohenneuffen gebracht. In Folge des Kriminalprozesses wegen Hochverrats und Münzverschlechterung sowie weiterer Delikte wurde Oppenheimer schließlich am 4. Februar 1738 hingerichtet. In einer schweren Krise des Herzogtums Württemberg geriet Oppenheimer wegen seiner Lebensweise und seiner politischen Funktion in die Rolle eines Sündenbocks.

Die umfangreichen Unterlagen des Prozesses wurden seit ca. 1820 in mehreren Tranchen an das damals zuständige Königlich Württembergische Staatsarchiv, das heutige Hauptstaatsarchiv Stuttgart, abgegeben. Darin fehlte bisher die Verteidigungsschrift, die der Hofgerichtsadvokat und Licentiat der Rechte Michael Andreas Mögling für Joseph Süß Oppenheimer verfasst und am 11. November 1737 unterschrieben hat. Mögling war die Pflichtverteidigung Joseph Süß Oppenheimers übertragen worden; einen selbst gewählten Verteidiger hatte man diesem verwehrt. Seinen Auftrag nahm der Pflichtverteidiger ernst, obwohl die Arbeit ihm seitens der Ermittlungsrichter in vielerlei Hinsicht erschwert wurde. Oppenheimer, mit dem er seit Juni 1737 verschiedene Gespräche geführt hatte, bemerkte einmal, er Hofgerichtsadvokat habe ihm "mit Eifer und Fleiß und Treue gedient". Allerdings hätte er sich einen weitaus kämpferischen und mutigeren Verteidiger gewünscht: Mögling sei, so Oppenheimer gegen Ende des Verfahrens, "ein ehrlicher Kerl, aber blutschlechter Doktor, ja gar ein Württemberger mit Menschenfurcht". Die Verteidigungsschrift geht auf zahlreiche Punkte ein, in denen man gegen Oppenheimer ermittelte, ohne dass je abschließend eine Anklageschrift erstellt worden war. Schon daran zeigt sich, dass der Prozess alles andere als korrekt verlief, schon darin kündigte sich der Justizmord an, der an seinem Ende stand.
Weitere Informationen zur Verteidigungsschrift Oppenheimers finden Sie hier. (JH)
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