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Maueranschläge als Kommunikationsmittel

 Maueranschlag
Maueranschlag zur Spende von Anzüge [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS J 151 Nr 2171]

Heutzutage können wir uns Kommunikation ohne große technische Hilfsmittel kaum mehr vorstellen. Doch wie war es in Zeiten ohne Internet, ohne Fernsehen, ohne Rundfunk möglich sich an die breite Öffentlichkeit zu wenden? Eines der wichtigsten historischen Massenkommunikationsmittel waren sogenannte Maueranschläge. Die Bezeichnung verweist auf das einfache Anbringen der Befehle, Bekanntmachungen, Verbote, Verordnungen, Mahnungen und Warnungen an Mauerwänden, an denen sie für jeden sichtbar und lesbar befestigt wurden. Die große Zeit der Maueranschläge war das 19. und 20. Jahrhundert. Schon im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 erfolgte ein massenhafter Einsatz dieses Kommunikationsmittels. Nicht nur die Form der Verbreitung war schlicht, auch die Plakate selbst waren in der Regel anspruchslos gestaltet. Aufgrund der Kriegssituation stand nur einfaches, oft zeitungsdünnes und qualitativ schlechtes Papier zur Verfügung.

Während des Ersten Weltkriegs nutzten die Militärbehörden die Maueranschläge vor allem in den besetzten Gebieten Belgiens und Frankreichs als Kommunikationsmittel und Propagandainstrument gegenüber der ansässigen Bevölkerung. In der Regel waren sie in Frankreich zweisprachig (deutsch – französisch), in Belgien dreisprachig (deutsch – französisch – flämisch) abgefasst. Inhaltlich dienten sie unter anderem zur Bekanntmachung kriegswirtschaftlicher Maßnahmen wie der Festsetzung von Höchstpreisen, dem Erfassen und Requirieren von militärisch verwertbaren Vorräten und Rohstoffen, zur Meldung der Bestrafung Einheimischer – zum Teil auch ganzer Gemeinden – oder zum Einschärfen erwünschter Verhaltensweisen. Die Bevölkerung der besetzten Gebiete wurde von der Besatzungsmacht angewiesen, die Einhaltung der Sperrstunden, Verdunklungsmaßnahmen oder das Versammlungs- und Streikverbot zu beachten. Je länger der Krieg dauerte, umso mehr schwanden die kriegswichtigen Ressourcen; und umso rigoroser und schärfer wurde auch die Ausbeutung der Erzeugnisse und Rohstoffe in den besetzten Gebieten vorangetrieben, was sich ebenfalls an den Maueranschlägen ablesen lässt.

Neben den in den besetzten Gebieten angebrachten Maueranschlägen gibt es auch eine Vielzahl von Plakaten, die in Deutschland selbst verbreitet wurden wie beispielsweise der hier abgebildete Spendenaufruf aus dem Jahr 1918.

Alle Digitalisate der im Hauptstaatsarchiv verwahrten Maueranschläge können Sie hier finden, alles Wissenswerte zur Quellegattung der Maueranschläge finden Sie in unserem Themenmodul zur Archivalienkunde. (JH)

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