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Von Eulen und Bärtlingen - Der Eulenturm des Klosters Hirsau

 Der Hirsauer Eulenturm
Hirsau Eulenturm Ansicht von Nordwestturm, Südseite - romanischer Fries / Bild 1 [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 498-1 Nr. 6617]

Im Jahr 1091 wurde die Peter und Paulskirche in Hirsau, deren Bau um 1140 mit der Fertigstellung des Westbaus abgeschlossen wurde, eingeweiht. 1692 brannten jedoch drei Viertel des Gebäudebestands innerhalb der Umfassungsmauer in Folge eines von durchmarschierenden französischen Truppen bei St. Peter und Paul gelegten Schadensfeuers nieder. An mittelalterlicher Bausubstanz blieb lediglich der nördliche Turm der Peterskirche, der so genannte Eulenturm, unbeschädigt. Die Ruinen anderer niedergebrannter Gebäude innerhalb der Umfassungsmauern des Klosters wurden in der Folge als Steinbruch genutzt und großenteils abgetragen.

Der Eulenturm mit einer Höhe von 37 Metern und drei übereinander liegenden Doppelarkadenfenstern gehört noch heute zu den Wahrzeichen des Klosters Hirsau. Seinen Namen verdankt der Turm den unter dem Dach nistenden Eulen. Ein besonderes Merkmal des Turmes, das in der Vergangenheit zu vielen Spekulationen führte, ist der romanische Figurenfries. Die Eckfiguren stellen liegende Löwen oder Panther dar, die dem Betrachter zähnefletschend entgegen schauen, zwischen ihnen sind Ziegenböcke und bärtige Männergestalten erkennbar. Bis heute ist die Bedeutung dieser Figuren nicht eindeutig geklärt. Eine Vermutung ist aber, dass es sich dabei um die Darstellung des Lebensbogen eines Laienbruders, eines sogenannten Bärtlings, handelt. Traditionell waren Mönche lesekundige Mitglieder der Oberschicht, also Adelige. Hirsau aber bot auch Männern aus niederem Stand, die sich für das Klosterleben entschieden hatten und nach 1079 vermehrt vor den Toren des Klosters Hirsau standen, Aufnahme. Anders als Adelige, waren sie unrasiert und konnten meist nicht lesen. Von dieser Tatsache her rührt die Bezeichnungen „Bekehrte“, „ Bärtlinge“ oder „Analphabetische“ (fratres conversi, barbati oder illiterati). Sie wurden nicht geweiht, waren von den meisten täglichen Gottesdiensten befreit und verrichteten körperliche Arbeiten. Die Bärtlinge hielten das Kloster als Wirtschaftsbetrieb am Laufen, indem sie vor allem die praktische Arbeit in Werkstätten und auf den Feldern leisten. Laienbrüder übernahmen damit die Arbeit und die Funktion der klassischen "Klosterknechte". Diese Hirsauer Eigenart des Laienbrüderwesens wurde von anderen Klöstern zunächst stark kritisiert. So veröffentlichte beispielsweise das Kloster Lorsch im Jahr 1111 eine Schmähschrift gegen die Laienbrüder. Doch über die Jahrhunderte hinweg setzte sich die Laienbruderschaft durch und veränderte in ganz Europa das Klosterleben.
Mehr über das Hirsauer Kloster erfahren Sie auf der Seite der Klosterdatenbank Baden-Württemberg. (JH)

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