Frickenhausen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1304 [1304/16]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Frickenhausen ist ein Ausbauort des frühen Mittelalters und wird erstmals am Beginn des 14. Jahrhunderts genannt (»Frickenhusen«). Der Ortsname geht auf die Rufnamenkurzform »Fricko« zurück. Auf den Höhen östlich von Frickenhausen und Linsenhofen lag vom ausgehenden 6. bis zum Ende des 9. Jahrhunderts ein Zentrum der Eisenproduktion im Voralbgebiet. Zahlreiche Verhüttungsplätze des Typs Frickenhausen konnten hier festgestellt werden. Der alte Ortskern mit Kirche und Rathaus liegt am Ostufer der Steinach. Die Dörfer im Steinachtal gehörten zum Kirchheimer Forst. Die in Frickenhausen ansässigen Forstknechte wachten über die Einhaltung der Forstordnungen; zu ihrer Hut gehörten die landesherrlichen Forste auf dem Eichenfirst und auf der Weinschnait. Im 30-jährigen Krieg erlitt der Ort schwere Schäden. Von den 157 Gebäuden, die es vor 1634 gegeben hatte, waren 1655 nur noch 97 intakt. Fachwerkhäuser des 16. und 17. Jahrhunderts, darunter das Rathaus von 1567, sind z.T. verputzt, im alten Dorfkern erhalten. Ortserweiterungen durch neue Wohnsiedlungen besonders im Norden bzw. Nordwesten (»Aile« 1954/69, »Heimwasen« 1951, »Reute« 1949, Mühlstraße 1976), im Südosten und Südwesten (zwischen Eisenbahn – Ziegelei – Weinbergstraße 1959, »Katholische Kirche« 1969, »Gaiern« 1970/74, »Mühlhalde« 1969), im Westen (»Tischardt – Egart«, »Auf dem Berg« 1969) sowie im Osten (Haupt-, Kelterstraße - Eisenbahn 1958, Rosenstraße 1958, »In der Bitze« 1969). Die Gewerbeniederlassungen im Gebiet »Tischardt — Egart«, Ziegeleistraße (Westen, Nordosten) erfolgten 1969, jene an der Nürtinger Straße (Nordwesten, Nordosten) erst 1976.
Historische Namensformen:
  • Friggenhusen 1300 [um]
  • Frickenhusen
Geschichte: Frickenhausen kam mit der Herrschaft Neuffen an Württemberg. 1359 verpfändeten die Grafen Eberhard II. und Ulrich IV. den Ort und Linsenhofen mit Ausnahme der Weingefälle an Berthold und Heinrich Schilling. 1381 versetzte Eberhard II. erneut einen Teil der Steuer beider Orte. Zahlreiche niederadlige Geschlechter waren vor Ort begütert. Besitz und Einkünfte der Merhelt, der Speth, der Kaib von Hohenstein, der Schweler von Tachenhausen, der Herren von Grafeneck, von Baldeck und von Herrlingen waren großen Veränderungen unterworfen und gelangten bis um 1500 meist an Pfarr- und Altarpfründen in der Umgebung. Grundherrliche Gefälle in Frickenhausen bezogen auch die Spitäler in Esslingen und Nürtingen, das Stift Urach und bis 1482 das Kloster Salem. Württemberg besaß 1526 neun Erblehengüter in Frickenhausen und zog neben Geld- und Naturalabgaben den größten Teil des Weinzehnten ein. Ein Schultheiß wird erstmals 1358 genannt. Wie die zwölf Richter kamen die Schultheißen aus der schmalen Schicht der vermögenden Einwohner. Vom Dorfgericht konnte erst bei Geldbußen, die drei Pfund Heller überstiegen, an ein höheres Gericht appelliert werden. Zu den Gremien der kommunalen Selbstverwaltung gehörten neben den Heimbürgen, Untergängern und Heiligenpflegern auch die Geschworenen oder Verordneten der Gemeinde, die bei der Erneuerung von Lagerbüchern und bei Veränderungen der auf der Markung ruhenden Lasten mitwirkten. 1468 setzte Graf Ulrich V. fest, dass bei Erbfällen »und anderen des Dorfs Rechten und Gewohnheiten« das Recht Stuttgarts gelten und das dortige Gericht Obergericht sein sollte. Aber erst das Erbrecht von 1493 schloss endgültig die Lücken im Güterrecht. Als leibeigene Untertanen waren die Einwohner zu Frondiensten verpflichtet. Die der Herrschaft zustehenden Naturalabgaben mussten in die Fruchtkästen nach Nürtingen und Neuffen gebracht werden. Solche Fuhrfronen übernahmen in der Regel die Inhaber der württembergischen Erblehen. Außerdem mussten die Bauern Holz in den Herrschaftswäldern schlagen und es ins Nürtinger Schloss oder auf die Festung Hohenneuffen transportieren. Als besonders drückend galten bis zu ihrer Aufhebung im Jahr 1838 die Jagdfronen, die mit der Pflege und Aufzucht der Jagdhunde verbunden waren. Im 15. und 16. Jahrhundert musste die Gemeinde im Rahmen ihrer Fronpflichten auch Kriegs- oder Reiswägen samt Pferden und Fuhrleuten stellen. Wertvollster Besitz der Gemeinde waren 368 Morgen Wald (1733/34). Sie war auch am Ertrag einiger Weingärten beteiligt. Gemeindeeigene Äcker und Wiesen wurden an Einwohner ausgegeben. Im Dorf gab es ein Siechenhaus für Leprakranke (1475) und eine Badstube (1526). Das erstmals 1799 als Gemeindesiegel nachweisbare Ortswappen geht auf ein Fleckenzeichen zurück, das dem Wappen der Herren von Speth nachgebildet sein könnte. Das Geschlecht der Speth von Frickenhausen–Tumnau erlosch 1711. Nicht bekannt ist, warum sie sich seit dem 14. Jahrhundert nach dem Ort benannt haben. Ein Adelssitz in Frickenhausen konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Frickenhausen gehörte zum altwürttembergischen Amt Neuffen und wurde bei dessen Auflösung 1806 dem Oberamt Nürtingen zugewiesen.
Wirtschaft und Bevölkerung: Frickenhausen lebte vom Weinbau, dessen Fläche bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts vergrößert wurde. Die vor 1526 auf vier Bäume erweiterte Kelter war württembergisches Erblehen, ebenso die Mühle, in die auch Tischardt gebannt war. Um 1500 war Frickenhausen eine kleinbäuerliche Gemeinde. Durch Erbe, Kauf und Tausch waren viele Einwohner Teilhaber an den Erblehenhöfen geworden. Die Landesherren wahrten ihre Einkünfte und Rechte, indem sie einen Teilhaber zum Träger bestimmten, der die zum Gesamtlehen gehörenden Gülten einzuziehen hatte. Die Gemeinde war nicht reich. 1544/45 lag das Durchschnittsvermögen der 93 Schatzungspflichtigen mit 146 Gulden weit unter dem Landesdurchschnitt (170,5 Gulden), entsprach aber dem des Amtes Neuffen (140 Gulden). Überrepräsentiert waren die unteren Vermögensschichten bis 99 Gulden (52,7 Prozent der Veranlagten); 40,9 Prozent versteuerten Vermögen bis 499 Gulden, 6,5 Prozent Vermögen über 500 Gulden. An der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert trafen Seuchen, Missernten und Teuerungen das ganz vom Weinbau abhängige und auf die Kornmärkte der Nachbarstädte angewiesene Dorf hart. 1601 lebten 385 Erwachsene und Kinder im Schulalter im Ort, mit Kleinkindern also wohl 420 Menschen. In den Kriegsjahren nach 1634 flohen viele Einwohner nach Nürtingen und fielen dort Seuchen zum Opfer. 1654 lebten noch 252 Menschen im Ort; die Einwohnerzahl erreichte erst am Ende des Jahrhunderts wieder den Stand von 1600. Die Rebfläche schrumpfte von 118 Morgen (1634) auf 52 Morgen (1655). 1733/34 wurden 449 Morgen Äcker und Mähefelder und 410 Morgen Wiesen bewirtschaftet; die Rebfläche war wieder auf 90 Morgen gestiegen. Zum Wiederaufbau trugen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auch aus den habsburgischen Erblanden vertriebene Protestanten bei. Nachdem 1745 ein Unwetter fast die ganze Weinernte vernichtet hatte, wanderten 13 Einwohner nach Amerika aus. Da die Einwohnerzahl schnell zunahm, die landwirtschaftlich nutzbare Fläche beschränkt und der Weinbau krisenanfällig war, wurden seit 1750 Heimgewerbe wie die Leinenweberei und Spinnerei immer wichtiger. Zu ihren Gunsten wurde der Anbau von Flachs ausgeweitet. In der Einkommens- und Vermögenshierarchie des dörflichen Handwerks standen die zahlreichen Weber aber ganz unten.

Ersterwähnung: 1358
Kirche und Schule: Die Dörfer im mittleren Steinachtal gehörten zum Sprengel der Nürtinger Laurentiuskirche. In der seit 1358 nachweisbaren Marienkapelle stiftete die Gemeinde 1436 eine Frühmesspfründe, die der Gottesmutter, Allen Heiligen, Wendelin und Leonhard geweiht war. 1467 wurde sie zur Pfarrkirche unter landesherrlichem Patronat erhoben. Eine 1470 genannte und von Herzog Eberhard II. der Pfarrei inkorporierte Trinitatispfründe ist möglicherweise älter. Sie wurde von einem Helfer versehen, der vom Pfarrer bestellt wurde. Zu den wichtigsten Einkünften der Pfarrei gehörten der Kleinzehnt und Anteile am Groß-, Heu- und Weinzehnten in Frickenhausen. Die 1520 erwähnte Wolfgangskapelle außerhalb des Ortes kann nicht mehr lokalisiert werden. Die Kirche wurde um 1500 neu erbaut und gilt als Musterbeispiel einer reich ausgestatteten spätgotischen Dorfkirche. Baumeister war wohl Hans Buß, dem auch die Heiligkreuzkirche in Nürtingen zugeschrieben wird. Das reiche Netzrippengewölbe des Chors ruht auf Konsolen, die als Apostelbüsten ausgearbeitet sind. Solche Konsolen gehen auf rheinische Handwerker zurück, die Graf Eberhard im Bart ins Land geholt hatte. Den Ort des mit 8,25 Meter ungewöhnlich hohen, heute verschwundenen Sakramentshauses an der Nordwand des Chors markiert das Fresko eines Tuches, das den Tisch des Herrn symbolisiert. Zu beiden Seiten des Freskos sind die Stifter dargestellt, zwei Angehörige der dörflichen Oberschicht der Zeit nach 1500. Weitere spätgotische Fresken kamen bei einer Renovierung 1959 zum Vorschein und konnten zum Teil restauriert werden. Das eichene Chorgestühl aus dem zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts wird dem Bildhauer Jörg Fieglin aus Blaubeuren zugeschrieben. Die älteste Glocke stammt aus dem 14. Jahrhundert, eine zweite wurde 1496 gegossen. Eine Geldspende von Frickenhäusern, die nach Amerika ausgewandert waren, ermöglichte 1951 die Anschaffung einer dritten Glocke. Nach der Reformation zeichnete sich Frickenhausen durch eine gut dotierte und in der Regel wohl besetzte Pfarrei aus. Opposition gegen die obrigkeitliche Landeskirche gab es auch hier. Nach 1600 wanderten Anhänger der Täufer nach Mähren aus. Auch später wanderten Einwohner vor allem aus religiösen Gründen aus, so 13 Pietisten, die 1817 nach Bessarabien und nach Südrussland zogen. Der Ort gehörte bis 1586 zum Dekanat Kirchheim, dann zum Dekanat Neuffen. 1826 kam er zum Dekanat Nürtingen. 1559 unterrichtete der Pfarrer die Schuljugend. Der erste Lehrer wurde 1578 angestellt und war zugleich Mesner. Im 18. Jahrhundert amtierten seine Nachfolger auch als Kelterschreiber. Seit 1725 unterrichteten Provisoren die Mädchen und übernahmen das Organistenamt in der Kirche. Bis um 1760 besuchte die Mehrzahl der Kinder nur die Winterschule, weil sie sommers in der Landwirtschaft mitarbeiten mussten. Evangelische Pfarrkirche, erhöht gelegen im ehemaligen ummauerten Friedhof, um 1500 erbaut, mit stattlichem Westturm, dem die Glockenstube in verputztem Fachwerk mit dreigeschossigen Satteldachgiebeln aufgesetzt ist. Romanischer Taufstein, heute außerhalb (nördlich) der Kirche. Katholische Kirche zum Hl. Nikolaus von der Flüe 1965 erbaut, Pfarrei seit 1967.
Patrozinium: Unserer Lieben Frau
Ersterwähnung: 1358

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