Der Sieg der Eintracht im Kampf mit der Zwietracht

Zum Ritterspiel des Erasmus Widmann von 1620

Der Marktplatz in Schwäbisch Hall mit dem ehemaligen Wohnsitz der Familie Widmann (zweites Haus von links), heute Stadtarchiv, Quelle: Landesmedienzentrum BW
Der Marktplatz in Schwäbisch Hall mit dem ehemaligen Wohnsitz der Familie Widmann (zweites Haus von links), heute Stadtarchiv, Quelle: Landesmedienzentrum BW

Dass schon frühzeitig in Musik und Dichtkunst der 1618 ausgebrochene Krieg reflektiert und hinterfragt wurde, zeigt ein Werk des Erasmus Widmann (1572–1634), Musiker am hohenlohischen Hof in Weikersheim und seit 1613 Organist, Cantor und Gymnasiallehrer in Rothenburg ob der Tauber. Widmann war nicht nur Musiker, sondern auch gewandter Dichter, der zum poeta laureatus erhoben wurde. 1620 ließ er den Schönen Newen Ritterlichen Auffzug vom Kampff und Streyt zwischen Concordia und Discordia drucken, von ihm gedichtet und komponiert, darinnen der jetzige deß Reichs zustand / unnd wordurch derselbig zu remedieren ... für Augen gestellt wird. Er widmete ihn der Gesamtheit der deutschen unierten Fürsten.

Die Königin Reganima/Germania berät mit ihren sieben Söhnen Menelaus, Carolomannus, Theophilus, Cyrifredus (für Frydericus), Philadelphus, Scipio und Brennus (Anspielung auf die sieben Kurfürsten) die bedrohliche Lage für das Reich, wobei die konfessionelle Spaltung zwar thematisiert, aber nicht in den Mittelpunkt gestellt wird. Dann werden die sieben Räte gehört, die mit der lateinischen Bezeichnung für Gerechtigkeit, Klugheit, Stärke, Wahrheit, Freundlichkeit, Geduld und Hoffnung benannt sind. Ihre Meinung geht dahin, dass man durch die Stärkung der alten ritterlichen Tugenden die äußeren und inneren Gefahren, die dem Reich drohen, überwinden könne. So bittet man die Eintracht, sie wolle die feindliche Zwietracht bekämpfen. Die Zwietracht nennt als ihre Verbündeten: Fürnemblich wolln wir Romulum [Papsttum], / Iberum [Spanien], Ottomanum [Türken] drumb / Ersuchen: Rabbimoschel [Juden] auch / Zu hülff nehmen nach Kriegs gebrauch. / Wie auch die Nachbarn Barbarum [Barbaren] / Die Furias [Raserei] und Cerberum [Höllenhund]. Nach ausführlichen Hin- und Widerreden kommt es zur Feldschlacht, die durch den raffenden Bericht des Feldtrompeters (Verfahren der Teichoskopie) wiedergegeben und von einer Battaglia, einem musikalischen Schlachtengemälde, unterlegt wird. Die Eintracht siegt glanzvoll, und ihre Töchter Gratitudo (Wohlwollen), Bullaurea (Goldene Bulle als Grundlage der Reichsordnung) und Constantia (Beständigkeit) feiern den Sieg.

Die eröffnende Rede der Königin sowie die Reden ihrer Söhne und Räte sind mit lateinischen Versen überschrieben. Zu den Versen der Räte hat Widmann Tonsätze komponiert, ebenso am Schluss des Spiels zum Lobgesang Concordia der Liebe Band, zum Gebetlein: O heilige Dreyfaltigkeit und zum Lob der edlen Ritterschaft: Ritterliches Blut und kühner Heldenmuth.

Mit seinem schwerfälligen Prunk und der umständlichen Argumentation ist Widmanns Ritterspiel ein eindrucksvolles Zeugnis aus den Anfangsjahren des Dreißigjährigen Krieges und früher Friedenshoffnungen.

Andreas Traub/Peter Schiffer

Quelle: Archivnachrichten 57 (2018), S. 10-11

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