Menschen im Krieg 1914-1918 am Oberrhein

Eine militarisierte Gesellschaft

Von Rainer Brüning

 

Soldaten des XIV. Armeekorps bei der Kaiserparade auf dem Forchheimer Feld bei Karlsruhe am 11. September 1909 zum Auftakt der Kaisermanöver im Raum Boxberg. Die großen Kriegsspiele dienten nicht nur militärischen Zwecken, sondern waren auch gesellschaftliche Ereignisse ersten Ranges, in denen sich die adlige Elite in Szene setzte. (Quelle: Fotoarchiv Zwingenberg)
Soldaten des XIV. Armeekorps bei der Kaiserparade auf dem Forchheimer Feld bei Karlsruhe am 11. September 1909 zum Auftakt der Kaisermanöver im Raum Boxberg. Die großen Kriegsspiele dienten nicht nur militärischen Zwecken, sondern waren auch gesellschaftliche Ereignisse ersten Ranges, in denen sich die adlige Elite in Szene setzte. (Quelle: Fotoarchiv Zwingenberg, 236 (Foto 16) )

Das neue Deutsche Kaiserreich war von Preußen unter der politischen Leitung Bismarcks in drei Kriegen 1864-1871 mit Blut und Eisen geschmiedet worden. Nach dem Zurückdrängen Dänemarks und dem Ausschalten Österreichs war schließlich die europäische Hegemonialmacht Frankreich besiegt worden. Das Elsass und Teile Lothringens wurden von Deutschland annektiert und zum Reichsland Elsass-Lothringen zusammengefügt. Tatsächlich war dieses aber kein Bundesstaat wie die anderen deutschen Länder, sondern unterstand der direkten Kontrolle Berlins. Immerhin erhielt es 1911 etwas mehr an Autonomie zugestanden. Zwar wurden seine Wirtschaft und Gesellschaft auf Deutschland ausgerichtet, doch galten seine Einwohner den deutschen Behörden nach wie vor als national unzuverlässig. Der Schule und dem Militärdienst kam daher eine wichtige Rolle zu, die jungen Elsässer zu Deutschen zu erziehen. Neben die Spannungen zwischen dem deutschen und dem französischen Nationalbewusstsein traten Konflikte zwischen der elsässischen Zivilverwaltung und den preußischen Militärbehörden. Diese führten sich gegenüber den Elsässern oft genug wie eine Besatzungsmacht auf, was in der sogenannten Zabern-Affäre von 1913 für Aufsehen und Empörung sorgte.
Das 1806 zusammengefügte Großherzogtum Baden entwickelte sich seit 1871 als Teil des Deutschen Reiches in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht zum liberalen Musterländle. Um den sich verstärkenden Einfluss der Zentrums-Partei im Landtag zu begrenzen, arbeiteten hier seit 1905 die Nationalliberalen und die SPD mit Wahlabsprachen im sogenannten Großblock zusammen. Eine gewisse Teilhabe an der Macht schien für die Arbeiterbewegung so in greifbare Nähe zu rücken, während die katholische Bevölkerungsmehrheit von der Regierungsgewalt ausgeschlossen blieb.
Deutschland selbst verwandelte sich am Ende des 19. Jahrhunderts in eine hochindustrialisierte Wirtschaftsnation, die seit dem Regierungsantritt Kaiser Wilhelms II. 1888 auch zunehmend außenpolitisch auftrumpfen wollte und aggressiv ihren Platz an der Sonne einforderte. Hervorstechende Merkmale der deutschen Gesellschaft waren ihre autoritäre Struktur, ihr hoher Grad an Militarisierung und ihr überbordender Nationalismus. Der Antagonismus zwischen einer technisch modernen, kapitalistisch organisierten Wirtschaftsform und einem veralteten politischen Herrschaftssystem stellte die Klassengesellschaft vor eine Zerreißprobe.
Die rasante ökonomische Modernisierung der Gesellschaft ging indessen nicht mit einer Stärkung ihres zivilen Charakters einher. Im Gegenteil, die Glorifizierung des Militärischen griff immer weiter um sich: Sinnbild hierfür waren die allgegenwärtigen Kriegervereine, die zusammen mit anderen Interessengruppen die militärische Aufrüstung und territoriale Expansion Deutschlands propagierten.
Die Aufrüstung des Deutschen Reiches vermehrte auch die Anzahl der Regimenter und Kasernen beiderseits des Rheins beträchtlich. In Karlsruhe wurde das XIV. und in Straßburg das XV. Armeekorps aufgestellt. Obwohl die Militärpräsenz am Oberrhein wegen der unmittelbaren Nähe zu Frankreich sehr hoch war, kam der Region in der strategischen Planung des preußischen Generalstabes letztlich aber nur eine untergeordnete Rolle zu.

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