Die Keltenstadt Heidengraben auf der Schwäbischen Alb

Bild des Heidengrabens bei Erkenbrechtsweiler
Der Heidengraben bei Erkenbrechtsweiler.

Zwischen Erkenbrechtsweiler, Grabenstetten und Hülben liegen eindrucksvolle Gräben und Wälle als heute noch sichtbare Hinterlassenschaften einer keltischen Stadt des 2. und 1. Jh. v. Chr. Sie haben dem Dorf Grabenstetten seinen Namen gegeben. Hier liegt der eigentliche Kernbereich, die Elsachstadt mit einer Stadtmauer von 1,4 km Länge und einer befestigten Innenfläche von 153 ha. Wie neuere Grabungen und vor allem Lesefunde belegen, war sie dicht besiedelt. Die Befestigung besaß mindestens drei, wohl vier Tore mit weit nach innen gezogenen Torwangen, die heute durch den Ackerbau weitgehend zerstört sind. Die Tore sind zum Teil auf alte Albaufstiege ausgerichtet. Grabungen wurden hier nur in geringem Umfang durchgeführt, so 1908 durch Friedrich Hertlein im Bereich des Tores A und von 1994 bis 1999 durch die Universität Tübingen. Trotzdem ist über die Siedlungsdauer und die Struktur der Innenbesiedlung wenig bekannt. Immerhin wurde hier eine große Zahl italischer Weinamphoren gefunden, die zeigen, dass die Bewohner über einen beträchtlichen Reichtum verfügten. Die Elsachstadt wird schon in einem Lagerbuch des 16. Jh. erwähnt. Die ungeheure Arbeitsleistung, die der Bau der Stadtmauer und ihr Unterhalt erforderte, macht es sicher, dass es sich nicht um eine Fluchtburg, sondern um eine dauernd bewohnte Stadt mit Tausenden von Einwohnern gehandelt hat.

Im Vergleich zu anderen Oppida ungewöhnlich sind die zahlreichen Vorbefestigungen, die Teile der Albhochfläche abriegeln und vor allem die natürlichen Albaufstiege sichern. Teilweise sind sie noch sehr gut erhalten. Dies trifft vor allem auf die Befestigung bei Grabenstetten Richtung Böhringen zu. Der 175 m lange Wall und das Zangentor im Wald sind noch sehr gut erhalten. Quer durch das Dorf Grabenstetten verläuft eine weitere Befestigung, die heute kaum mehr zu erkennen ist. Durch eine knapp 1 km lange Mauer wird die Hülbener Halbinsel abgeschnitten mit dem sehr gut erhaltenen Tor F, einem typischen Zangentor mit 35 m langen, in den Innenraum ziehenden Torwangen. Im Kreis Esslingen liegt die Abschnittsbefestigung mit dem Tor G nördlich Erkenbrechtsweiler. Dieses wurde 1981 ausgegraben und konserviert. Hier zeigt sich auch die Mauertechnik, die bei allen Befestigungswerken des Heidengrabens nachgewiesen wurde, die sogenannte Pfostenschlitzmauer. Die Torgasse des Tores G verläuft jedoch nicht wie sonst üblich mit parallelen Wangen, sondern etwas trichterförmig. Der Weg oder die Straße durch das Tor ist heute zu sehen, bei der Ausgrabung wurden hier zahlreiche Schuh- und Hufnägel gefunden, ebenso eine keltische Silbermünze.

Die insgesamt durch Befestigungen geschützte Fläche des Heidengrabens beträgt 1600 ha, es ist damit das flächenmäßig größte Oppidum, das wir kennen. Sicherlich war es Mittelpunkt eines keltischen Stammes, der durch die römischen Kriegszüge jedoch nicht direkt berührt wurde. So ist das bisher unerforschte Ende des Heidengrabens besonders spannend. Warum diese große Stadt gerade hier auf der nicht eben siedlungsfreundlichen Alb erbaut wurde, bleibt bis heute unklar, die Eisenvorkommen im Vorland der Alb könnten hier eine Rolle spielen.

Der Heidengraben ist durch einen gut ausgeschilderten Wanderweg erschlossen und heute ein beliebtes Ausflugsziel.

Jörg Biel

Veröffentlicht in: Der Landkreis Esslingen. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Esslingen (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). Ostfildern 2009, Bd. 1, S. 420.

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