Die Künstlerfamilie Sommer

Kreuzigungsgruppe von Johann Jakob Sommer im Chorbogen der Künzelsauer Johanneskirche. Copyright: LMZ BW
Kreuzigungsgruppe von Johann Jakob Sommer im Chorbogen der Künzelsauer Johanneskirche. Copyright: LMZ BW
Unter dem Begriff Künstlerfamilie Sommer fasst die kunst- und heimatgeschichtliche Forschung das Wirken einer in Künzelsau ansässigen Familie zusammen, die von der Mitte des 17. bis ins frühe 19. Jh. über fünf Generationen hinweg als Schreiner, Fassmaler, Büchsenschäfter, Möbelbauer, Bildhauer und Brückenbauer hauptsächlich im hohenlohisch-fränkischen Raum arbeitete. Zu ihren Dienstleistungen zählten Handwerksprodukte für den täglichen Bedarf ebenso wie mitunter erstaunlich qualitätvolle Werke für adlige und kirchliche Auftraggeber, gleich welcher Herkunft und Konfession. Abnehmer waren unter anderen die Grafen Schönborn in Gaibach, das Zisterzienserkloster Schöntal, diverse Kirchengemeinden, die Grafen zu Castell, die Freiherren von Crailsheim und vor allem das weit verzweigte Haus Hohenlohe. Die Sommer bedienten den Markt je nach Wunsch, was Flexibilität, Spezialisierung und Orientierung am jeweiligen Zeitgeschmack voraussetzte.

Vorbild war ihnen die Bildhauerfamilie Kern aus Forchtenberg, die mit ihrer eindrucksvollen Bearbeitung von Elfenbein und Alabaster Kirchen und Kunstkammern weit über Süddeutschland hinaus bestückte und europäische Standards setzte. Johann Jakob Sommer (1645–1715), der Begründer der Sommerschen Bildhauerwerkstatt, lernte von 1660 bis 1664 bei Achilles Kern. Von Johann Jakob stammt das sogenannte Triumphkreuz im Chorbogen der Johanneskirche in Künzelsau, das 1704 fertiggestellt wurde und zu dem ursprünglich noch ein von seinem Sohn Johann Friedrich (1671–1737) gestalteter Altar gehörte. Das imposante Werk greift eine alte, im Mittelalter zur Blüte gekommene, monumentale Bildform auf. Johann Jakob inszenierte den überkommenen Typus, indem er das Kreuz und die zwei Engel auf einen Balken setzte, der von kräftigen, üppig wuchernden Akanthusblättern überzogen ist. Diese Schnitzereien zählen zum Besten, was aus der Sommer-Werkstatt an bildhauerischen Arbeiten hervorgegangen ist.

Spitzenprodukte stellte der Kunstschreiner Johann Daniel Sommer her (geb. 1643). Seine Besonderheit waren höchst artifizielle, in der sogenannten Boulle-Technik ausgeführte, d.h. mit Einlegearbeiten in verschiedenen Materialien verzierte Möbelstücke. Sein im Alter von 23 Jahren geschaffenes Frühwerk ist ein signierter, auf 1666 datierter Tisch in Schloss Neuenstein. Dieses Prunkstück belegt, dass Johann Daniel sehr früh mit jener Furniertechnik in Kontakt kam, die André Charles Boulle (1642–1732) zu großer Perfektion führte.

Der Erfolg der Sommer-Familie hängt zweifellos auch mit der geopolitischen Lage Künzelsaus und der historischen Situation zusammen. Nach dem Dreißigjährigen Krieg gab es eine verstärkte Nachfrage für Güter des täglichen Bedarfs, desgleichen für kirchliche Ausstattungsstücke und Luxusartikel. Hinzu kam, dass in der politisch kleinteiligen, von vielen Herrschaften geprägten Landschaft zahlreiche potenzielle Auftraggeber und Kunden lebten, denen sie ihre vom Handwerk bis zum Kunstgewerbe reichenden Produkte anbieten konnten. Mit dem Ende des Alten Reiches und dem Verschwinden der nach Geltung trachtenden Herren von Kleinterritorien wurde dem Sommerschen Gewerbe die wirtschaftliche Grundlage entzogen.

Johannes Brümmer

Veröffentlicht in: Der Hohenlohekreis. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Hohenlohekreis (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). Ostfildern 2006, Bd. 2, S. 22. 
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