Freizeit

Ausruhen
Ausruhen vom Besuch der Bundesgartenschau, 1967 [Quelle: Stadtarchiv Karlsruhe. Bildarchiv Schlesiger 1967]

Im Laufe des 19. Jahrhunderts erfuhren Zeiteinteilung und Zeitökonomie eine Neugewichtung. Arbeit und Nicht-Arbeit wurden nun – anders als in der agrarisch geprägten Gesellschaft – räumlich und zeitlich voneinander abgrenzbar. Arbeitszeiterfassungsmaschinen und Fabriksirenen waren Ausdruck dieser neuen Temporalstrukturen und markierten die Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit. Die Ausweitung der frei verfügbaren Zeit war neben der Verbesserung der Arbeitsbedingungen und -löhne immer auch Gegenstand der Arbeitskämpfe. Schon vor dem Ersten Weltkrieg existierten zahlreiche Arbeiterkulturvereine, die der Arbeiterschaft die Möglichkeit zur kollektiven Gestaltung ihrer Freizeit boten. Die Arbeiterkulturvereine waren ein zentrales Element des Emanzipationskampfes von Arbeiterinnen und Arbeitern, indem sie als Gegenentwurf zum harten Arbeitsleben dienten und gleichzeitig das Zusammengehörigkeitsgefühl stärkten.

Mit der Einführung des Acht-Stunden-Tages im Jahr 1918 wurde großen Teilen der erwerbstätigen Bevölkerung schließlich ganz neue Freizeitmöglichkeiten eröffnet. Bildungs-, Sport- und Gesangsvereine erfreuten sich immer größer Beliebtheit und hatten zur Zeit der Weimarer Republik ihre Blütezeit.

Versteht man Freizeit als Sammelbegriff für alle kulturellen Alltagsaktivitäten, so gilt es auch Feste und regionale Bräuche in den Blick zu nehmen. Die zahlreichen Volks-, Stadt- und Dorffeste im Südwesten sind wichtiger Teil unserer Alltagskultur, in ihnen leben alte Traditionen und Rituale weiter. Nicht selten sind die Feste, die wir noch heute feiern, Ausdruck früherer territorialer und konfessioneller Verhältnisse oder sie gehen auf das mittelalterliche Zunftwesen zurück. Feste und Bräuche sind dabei nichts Statisches, parallel zur fortlaufenden Transformation unserer Lebenswelten muss sich auch die Fest- und Brauchtumskultur immer wieder den neuen Gegebenheiten anpassen.