Texte

Von Christian Keitel

Definition der Quellengattung

Texte ordnen in linearer Form einzelne Informationen an und stellen sie in einen Zusammenhang. Autoren können so einen längeren Gedankengang systematisch entfalten oder Geschehnisse in ihrem zeitlichen Ablauf darstellen. Die Abfolge der einzelnen Gedanken respektive Informationen ist dabei fest vorgegeben. Texte werden durch eine Abfolge alphanummerischer Zeichen gebildet. Sie können auch andere Elemente wie Bilder oder Listen enthalten. Hinsichtlich der linearen Abfolge der einzelnen Informationen, nicht aber hinsichtlich deren Codierung, gleichen Texte Tondokumenten und Bewegtbildern.

Warenbegleitbrief, Speditionshaus Massner, 1759, (Quelle: Stadtarchiv Ulm, G2 Maßner, Gebrüder)
Warenbegleitbrief, Speditionshaus Massner, 1759, (Quelle: Stadtarchiv Ulm, G2 Maßner, Gebrüder)

Urkunden können nach dieser Definition auch als Texte verstanden werden. Da sie aber unter dem Gesichtspunkt der Rechtserheblichkeit eine geschlossene Gruppe darstellen und als solche auch traditionell von der Urkundenlehre und Archivalienkunde ausgewiesen werden, sind sie hier nicht subsumiert.

Die hier vorgenommene Gruppierung einzelner Archivaliengattungen als Texte ist letztlich eine pragmatische. Sie wurde aber auch in Abgrenzung von anderen in der Archivalienkunde beschriebenen Gruppen erstellt. Akten entstehen als Niederschlag von Geschäftstätigkeit. Amtsbücher sind buchmäßig angelegt und führen Eintragungen und/oder Texte zusammen. Registern ist die Listenform zu eigen, während sich die Linearität der Texte in strukturierten Informationssammlungen weitgehend aufgelöst hat und die Einzelinformationen zwar in gewissen Zusammenhängen stehen, unter deren Beachtung aber unterschiedlich angeordnet werden können.

Historische Entwicklung

Texte sind die älteste Form strukturierter Informationsaufzeichnung. Historisch älter scheinen nur die symbolischen Abbildungen einzelner Informationen zu sein, die wir bereits in der Steinzeit beobachten können. Die Textgattungen können nach ihrer rechtlichen (Stadtrechte, Stiftsstatuten, Ordnungen) oder ihrer pragmatischen Funktion (Briefe) oder auch inhaltlich (Reiseberichte) charakterisiert werden. Entsprechend unterschiedlich gestaltete sich ihre historische Entwicklung.

Aufbau und Inhalt

Texten ist die lineare Darstellung der Informationen zu eigen. Sie kann zwar durch Querverweise unterbrochen werden, dennoch bleibt die lineare Abfolge zentrales Element, das Texte auch von Webseiten und der Hypertexttechnologie unterscheidet.

Überlieferungslage und ggf. vorarchivische/archivische Bearbeitungsschritte

Texte können als Bestandteile anderer Archivaliengruppen auftreten (Akten, Amtsbücher) oder weitergehend in Einzelinformationen zerlegt werden (Register, strukturierte Informationssammlungen). Wenn daher einzelne Archivaliengattungen der Gruppe der Texte zugerechnet wurden, dann vor allem deshalb, weil sie in der Regel als Einzelstücke, d.h. als eigenständige Archivalien im Archiv nachgewiesen werden. Gleichwohl dürften sich die meisten hier versammelten Archivaliengattungen auch als Bestandteile von Akten oder Amtsbüchern nachweisen lassen. Schließlich kann es auch Übergangsbereiche wie beispielsweise die Gesandtschaftsakten/-berichte geben.

Die Überlieferung als eigenständiges Archivale lässt in aller Regel vermuten, dass die einzelnen Texte auch schon vor der Übernahme ins Archiv als Einzelstücke erstellt und verwahrt wurden.

Aufgenommen wurden in diese Gruppe auch Sammlungen von Texten, die vom Archiv selbst vorgenommen wurden und rein formal begründet sind (Autografen- und Handschriftensammlung).

Quellenkritik und Auswertungsmöglichkeiten

Texte ermöglichen die differenzierte Darstellung einzelne Sachverhalte. Der Bezug zum Verfasser steht deutlicher im Vordergrund als bei Containergattungen wie Akten oder Amtsbücher, wobei einzelne Textgattungen wie z.B. Stadtrechte deutlich auf eine vielköpfige Autorschaft verweisen. Umgekehrt fehlt ihnen manchmal die Einbettung in größere (z.B. institutionelle oder auch zeitliche) Zusammenhänge.

Hinweise zur Benutzung

Nur ein Teil der hier der Gruppe der Texte zugerechneten Archivaliengattungen lassen sich unmittelbar als eigenständige Archivalien identifizieren. Es sollte daher immer überlegt werden, ob die interessierende Archivaliengattung auch in Containergattungen wie Akten oder Amtsbüchern enthalten sein könnte.

Forschungs- und Editionsgeschichte

Die Überlieferung früher Texte ist eng mit dem Übergang zur Schriftlichkeit verknüpft. Abgesehen von diesen allgemeineren Fragestellungen wurden Texte zumeist als konkrete Archivaliengattungen angesprochen und erforscht.

Literatur

  • Keitel, Christian, Vorschläge zur gemeinsamen Klassifikation konventioneller und digitaler Archivalien, in: Moderne Aktenkunde, hg. von Holger Berwinkel/Robert Kretzschmar/Karsten Uhde, (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg, Hochschule für Archivwissenschaft 64), Marburg 2016, S. 131–144.
  • Meisner, Heinrich Otto, Archivalienkunde vom 16. Jahrhundert bis 1918, Göttingen 1969.
  • Meisner, Heinrich Otto, Elemente der archivarischen Berufssprache, AZ 39 (1930), S. 260–273, hier S. 263.
  • Leitfaden zur digitalen Bestandserhaltung. Vorgehensmodell und Umsetzung, Version 2.0, verfasst und hg. von der nestor-Arbeitsgruppe Digitale Bestandserhaltung, Frankfurt a.M. 2012.

Zitierhinweis: Christian Keitel, Texte, in: Südwestdeutsche Archivalienkunde, URL: [...], Stand: 24.11.2017.

 

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