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Zur Entwicklung der Anniversarienbücher

 Jahrtagsbücher
Nekrolog des Klosters Lichtenthal, Mitte des 14. Jahrhunderts [Quelle: Landesarchiv BW, GLAK 64 Nr. 47]

Zu den bibliophilen Kostbarkeiten des Generallandesarchivs Karlsruhe gehört auch das Nekrolog des Klosters Lichtenthal. Es lässt sich der Quellengattung der Anniversarienbücher (Jahrzeitbücher, Nekrologe, Seelbücher, Totenbücher) zuordnen, die seit dem hohen Mittelalter primär für den liturgischen Gebrauch angelegt wurden. Es handelt es sich dabei um kalendarisch aufgebaute Bücher, die Eintragungen regelmäßig wiederkehrender Gebetsverpflichtungen, in der Regel für Verstorbene, enthalten.

Theologische Grundlage ist die Vorstellung, dass durch Fürsprache Dritter im Gebet die irdische Sündenlast verringert werden könne. Diese Fürsprache konnte durch Freunde und Verwandte ebenso wie durch geistliche Gemeinschaften erfolgen. Jahrtagsbücher wurden vor allem in Klöstern und Stiften geführt, später auch in Spitälern, bei Bruderschaften und an einfachen Pfarrkirchen. Die Mehrzahl der erhaltenen Jahrtagsbücher gelangte jedoch mit den Stifts- und Klosterbibliotheken im 19. Jahrhundert in die großen wissenschaftlichen Bibliotheken, wenn sie sich nicht bis heute in der Obhut einzelner Orden befinden.

Die liturgischen Voraussetzungen für dieses „todbezogene Gedächtnis“ (A. Angenendt) dürften im 9. Jahrhundert bereits vorgelegen haben. Die wesentliche Wurzel der Form und des Aufbaus der Jahrtagsbücher sind aber die mittelalterliche Heiligenfestkalender (Kalendarium, Martyrolog). Auch in den meisten Jahrtagsbüchern waren solche  Heiligen- und Festtage der Kirche enthalten. Die entscheidende Weiterung des Kalendars zum Jahrtagsbuch geschieht aber durch Beifügung von Jahrtagseinträgen von Verstorbenen an den entsprechenden Tagen. Solche Einträge können sich auf bloße Namensnennung beschränken, enthalten aber seit dem 14. Jahrhundert immer umfangreichere Angaben, etwa zum Gegenstand der Stiftung oder zur Begehung des Jahrtages, ob an diesem Tag eine Speiseaufbesserung (Pietanz) oder ein Almosen gereicht wird, oder aber ob Kerzen (candelae) oder Weihrauch benötigt werden.

Frühe Beispiele kalendarisch aufgebauter Jahrtagsbücher aus Südwestdeutschland finden sich in den Klosterstiftungen des Hochadels, etwa der Gründung der Grafen von Achalm, Zwiefalten, oder aber der Welfengrablege Weingarten.

Mehr zur dieser Quellengattung finden Sie in unserem Themenmodul „Südwestdeutsche Archivalienkunde“.

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