null

Von Brunnen und Jungbrunnen

Den Rottweiler Marktbrunnen aus der Mitte des 16. Jh. krönt die Statue eines Schweizer Amtmanns, das Bild entstand in den 1920er Jahren, Quelle Landesmedienzentrum BW
Den Rottweiler Marktbrunnen aus der Mitte des 16. Jh. krönt die Statue eines Schweizer Amtmanns, das Bild entstand in den 1920er Jahren, Quelle Landesmedienzentrum BW

Brunnen waren und sind – heute mehr im technischen Sinn – elementare Bestandteile der Wasserversorgung. Die alten, öffentlichen und oft prachtvoll gestaltete Brunnen bildeten zentrale Anlaufstellen und boten immer wieder Gelegenheit, lokale Traditionen und Selbstverständnis zum Ausdruck zu bringen.

Ein schönes Beispiel ist der Marktbrunnen von Rottenburg am Neckar aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. Lange Zeit stand Rottenburg unter habsburgischer Herrschaft. Eine glanzvolle Zeit erlebte die Stadt mit dem Musenhof der Erzherzogin Mechthild (1419-182), die in zweiter Ehe mit Albrecht VI. von Österreich, dem Bruder des Kaisers, verheiratet war. Sie gilt aus Auftraggeberin des mehrstöckigen Brunnens. Der Figurenschmuck zeigt neben Heiligen den Habsburgerkaiser Friedrich III., Erzherzog Sigmund von Tirol und Erzherzog Siegfried IV. von Tirol. Bei dem heutigen Exemplar auf dem Markplatz handelt es sich um eine Kopie, das Original befindet sich in der Stiftskirche St. Moritz.

In der Reichsstadt Rottweil stellte die Wasserversorgung aufgrund der besonderen topographischen Lage eine Herausforderung dar. Hier waren in den Häusern tiefe Kellerbrunnen gebohrt worden, um die wasserführenden Schichten erreichen zu können. Später versorgten Leitungen von außerhalb mehrere öffentliche Brunnen. Ein um 1580 erstelltes Brunnenverzeichnis führt 26 Brunnen in der Innenstadt und acht weitere in der Altstadt auf. Viele dieser Brunnen dürften schon längere Zeit existiert haben. Der Rathausbrunnen wurde bereits 1323, der Spitalbrunnen 1381 erwähnt. Auch der große Marktbrunnen aus der Mitte des 16. Jh. und weitere zu dieser Zeit erbaute Anlagen wie Grafenbrunnen, Apostelbrunnen oder Christophorusbrunnen wurden vermutlich anstelle älterer Vorgänger errichtet.

Die ursprünglich farbig gefassten und vergoldeten Figuren des Rottweiler Marktbrunnens sind in ein Bildprogramm eingebunden, das neben alttestamentarischen Helden die christlichen Tugenden und Laster sowie römische Gottheiten zeigt. Neben dieser Anspielung auf die antiken Wurzeln des Ortes bildet ein Eidgenosse den Abschluss an der Spitze der Säule. Das Vorbild dazu stammt aus der Schweiz, wo Venner - Amtleute die in Krisenzeiten zuständig waren - auf vielen Brunnen zu sehen sind. Die Darstellung nimmt Bezug auf den 1519 geschlossenen Ewigen Bund der Reichsstadt mit den schweizerischen Eidgenossen, der feierlich am Marktbrunnen beschworen wurde und aus dem neben militärischen Hilfeleistung weitreichende Handels- und Wirtschaftsbeziehungen resultierten. Auch bei diesem Brunnen handelt es sich heute um eine Kopie, die alten Figuren befinden sich in der Lorenzkapelle.

Das eher unscheinbare Erscheinungsbild des Jungbrunnens um das Jahr 2003, Quelle Landesarchiv BW
Das eher unscheinbare Erscheinungsbild des Jungbrunnens um das Jahr 2003, Quelle Landesarchiv BW

Nochmals stoßen wir hier auf die Erzherzogin Mechthilde, die 1468 dem Rottweiler Patrizier Balthasar Lutz das nahe Feckenhausen verlieh. Zum Lehen gehörte außerdem eine Quelle, deren Heilwirkung mit dem Verweis „wo zu baden nützlich sein soll“ ausdrücklich hervorgehoben wird. Dieser Jungbrunnen – der bislang einzige bekannte in Baden-Württemberg - wird in der Bäderliteratur bis ins 17. Jh. hinein gerühmt. Anfang des 16. Jh. kam die Anlage in den Besitz des Rottweiler Spitals und unterstand der Sorge des städtischen Rats. Diesem scheint der Ort wichtig gewesen zu sein, da mehrmals Maßnahmen zur Pflege von Bauten und Zufahrtswegen durchgeführt wurden. Auch in die Pürschgerichtskarte von 1564 fand der Jungbrunnen Eingang. Demnach bestand die Anlage aus einem mehrstöckigen Hauptgebäude, einem beheizbaren Brunnenhaus und einer Scheune, später wurde eine Kapelle errichtet. Die Gäste kamen aus der näheren Umgebung, die Pflege der Einrichtung oblag dem Jungbrunner. Gegen Ende des 18. Jh. kam der Badebetrieb ins Stocken. Aus der Anlage ging ein landwirtschaftlicher Betrieb hervor. Heute befindet sich im Gebäude ein Naturfreundehaus. Eine Untersuchung des Quellwassers mit modernen chemischen Mitteln erbrachte die Einstufung als Säuerling.

Zum Weiterlesen

00

More Blog Entries

Suche

LEO-BW-Blog

Logo LEO-BW-Blog

Herzlich willkommen auf dem LEO-BW-Blog! Sie finden hier aktuelle Beiträge zu landeskundlichen Themen sowie Infos und Neuigkeiten rund um das Portalangebot. Wir freuen uns auf Ihre Kommentare zu den einzelnen Posts.

Über den folgenden Link können Sie neue Blog-Beiträge als RSS-Feed abonnieren: 

https://www.leo-bw.de/web/guest/blog/rss