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Von Ochsenköpfen und Einhörnern - Wasserzeichen im Mittelalter

 Wasserzeichen Sammlung Piccard (Quelle: Landesarchiv BW)
Wasserzeichen mit dem Motiv "Wappen / Gemeine Figuren / Fauna / Fabelwesen / Einhorn / ganze Figur / ohne weitere Belegung / Blatt", um 1626 [Quelle: Landesarchiv BW]

Seit den Anfängen der Papierproduktion in Europa, die wohl noch ins 12. Jahrhundert zurückgehen, sind Wasserzeichen oder Papiermarken als Herkunfts- bzw. Qualitätsmerkmale ins Papier eingebracht. Sie kennzeichnen damit den Herstellungsort und Produktionsbetrieb, zunächst also die Papiermühle, wo das Papier produziert wurde.

Wasserzeichen entstehen als Papierzeichen beim Schöpfen des Papierbogens: Auf dem Schöpfsieb wird dazu zusätzlich ein feiner, gebogener Metalldraht angebracht, der an dieser Stelle die Dichte des Papiers reduziert. Nach dem Trocknungsvorgang wird dann das Wasserzeichen im Gegenlicht sichtbar.

Die seit dem Mittelalter verwendeten Motive für die Wasserzeichen zeigen eine enorme Vielfalt. Krone, Dreiberg, Anker oder Waage kommen als Wasserzeichenmotive häufig vor. Besonders verbreitet im 15. Jahrhundert war das Ochsenkopfwasserzeichen. 

Vom 16. Jahrhundert an wurden die Motive zunehmend komplexer. Die Drahtfiguren werden kunstvoller, häufig von speziellen Gold- oder Silberschmieden hergestellt. Gerade heraldische Motive können territoriale Bezüge der herstellenden Papiermühlen sichtbar machen (Stadt- oder Gemeindewappen).

Als historische Hilfswissenschaft bietet die Wasserzeichenkunde eine Methode für die Datierung schriftlicher, graphischer oder typographischer Überlieferung auf Papier. Durch den Nachweis der exakten Übereinstimmung eines Wasserzeichens in datiertem Papier (in Form von Archivalien, datierten Handschriften etc.) mit einem Wasserzeichen in einem undatierten Überlieferungsträger aus Papier lässt sich in der Regel eine auf ±5 Jahre einzugrenzende Datierung gewinnen. Voraussetzung dafür ist die Verfügbarkeit von ausreichendem Vergleichsmaterial datierter Wasserzeichen.

Die vom Wasserzeichenforscher und Papierhistoriker Gerhard Piccard (1909-1989) zusammengetragene Wasserzeichenkartei im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, ist die weltweit größte Sammlung dieser Art. Sie enthält schwerpunktmäßig Wasserzeichen des 14. bis 17. Jahrhunderts. Aus über 85 Archiven und Bibliotheken vor allem in Süddeutschland, aber auch in den europäischen Nachbarländern trug er die Belege für seine Kartei zusammen. Die von den Vorlagen gefertigten Bleistiftpausen übertrug er anschließend mit Tusche auf genormte Karteikarten und ordnete sie nach einem an Wasserzeichentypen orientierten Organisationsplan. Mit rund 95.000 Karteikarten und weiteren ca. 25.000 Durchzeichnungen, die sich heute in seinem Nachlass befinden gilt die Wasserzeichensammlung Piccard als weltgrößte Sammlung ihrer Art.

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