Talheim - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1230

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Obgleich in der schriftlichen Überlieferung erst seit 1230 zu fassen (»Taleheim«), ist Talheim durch einen Reihengräberfriedhof in den Mühläckern nordwestlich des Ortskerns als Siedlung der Merowingerzeit ausgewiesen. Eine Siedlung und ein Massengrab aus der Jungsteinzeit wurde 1983/84 in den Gewannen Pfädle, Steinäcker und Grabenäcker westlich des Dorfs entdeckt. In den Steinäckern und in den Mühläckern gibt es darüber hinaus Reste römischer Niederlassungen. Der Ortsname beschreibt die Lage im tief eingeschnittenen Tal der Schozach. Hie und da sind bei älteren Erwähnungen Verwechslungen mit Dallau im Neckar-Odenwald-Kreis möglich. Mitte des 16. Jahrhunderts umfasste der Ort mehr als hundert Häuser und Höfe. Vermutlich war er schon zu jener Zeit mit einem Graben umgefasst und durch vier Tore zugänglich, jedoch sind diese Sicherungsanlagen längst spurlos verschwunden. Am Ende des 17. Jahrhunderts war das Dorf infolge der Franzosenkriege großenteils ruiniert. 1761 registrierte man 112 Häuser und 49 Scheunen. Der auf der Höhe nördlich des Dorfs gelegene Platz Haigern gehörte im 18. Jahrhundert der Gemeinde und wurde 1786 von den Gemmingen erworben, die dort 1791 ein schon im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wieder abgebrochenes stattliches Schloss errichteten. Der südöstlich von Talheim gelegene Hof Hohrain ist seit dem frühen 16. Jahrhundert nachzuweisen und war zu jener Zeit in frauenbergischem Besitz. Über die von Talheim gelangte er 1585 an das Deutschordenshaus Heilbronn und 1665 an das Kloster Kaisheim, das dort 1707 eine Kapelle baute. 1788 kaufte der Deutsche Orden ihn zurück, und im Zuge der Säkularisation fiel er an Württemberg (heute Domäne). Im Gemeindewald Kuhtatzen, nordöstlich des Dorfs, sind noch heute Wälle und Gräben zu sehen, die Überreste von Verschanzungen, die Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden 1693 im Krieg gegen die Franzosen hat anlegen lassen. Von längst wüstgefallenen Siedlungsplätzen zeugen die Flurnamen Baldenhausen östlich und Hofstetten südwestlich des Dorfs. Zu den neuen Wohngebieten der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg aus Ein- und Zweifamilienhäusern zählen im Westen »Hagelstein« (1965), »Oberes Bremach« (1958), Nordwesten »Mühläcker« (1955), Norden »Hundsberg« (1960), »Tannenäcker« (1966/76), Оsten »Hühnerbrünnele« und Süden »Wollenberg« (1973).
Historische Namensformen:
  • Taleheim
Geschichte: Die Herrschaftsverhältnisse in Talheim präsentieren sich in Spätmittelalter und Frühneuzeit höchst komplex. Ihre Anfänge liegen im Dunkeln, möglicherweise hat man sie in staufischem Reichsgut zu suchen. Demnach wäre die ritteradlige Familie von Talheim – ihr Wappen zeigt in einem von Silber und Schwarz geteilten Schild oben einen roten, fünflätzigen Turnierkragen –, die 1230 erstmals in Erscheinung tritt und 1605 beziehungsweise 1630 im Mannesstamm erlosch, der Reichsministerialität entsprungen. Weil sie sehr zahlreich war und sich früh verzweigte, entstand aus dem zunächst ganz allodialen Besitz ein vielteiliges Kondominat, dessen Anteile im Lauf der Jahrhunderte getrennte Wege gingen und verschiedenen Herren zu Lehen aufgetragen wurden. Ursprünglich indes gehörte die Ortsherrschaft ganz zum Oberen Schloss, dem Stammhaus der Adligen von Talheim. Frühzeitig gelangten durch Erbfolge Talheimer Töchter Teile der Herrschaft an die von Bebenburg (vor 1481), von Venningen (1481/99), von Sickingen (1484) und andere Geschlechter. Ein Sechstel der vogteilichen Herrschaft kam nach dem Aussterben des Geschlechts angeblich zusammen mit dem aufgrund eines Tauschs seit 1456 von den Grafen von Katzenelnbogen (dann den Landgrafen von Hessen) lehnbaren Drittel des Oberen Schlosses über die Familien Nördlinger aus Bodenheim bei Mainz (1609), Neumann aus Nürnberg (1680) und von Furtner aus Bayern (1716/18) an die von Gemmingen zu Guttenberg (1736); tatsächlich aber waren die Gemmingen erst nach einem längeren Handel mit den Allodialerben der von Talheim beziehungsweise von Vohenstein seit 1772/91 im Besitz eines Drittels der Obrigkeit. Die anderen beiden Drittel der Ortsherrschaft erwarb seit dem Ende des 15. Jahrhunderts in Sechstelschritten der Deutsche Orden: 1499 von den Venningen, 1576 von denen von Layen, 1585/87 von den Lemlin von Horkheim und 1607 von den Lyher aus Heilbronn. Offensichtlich war ganz Talheim – sowohl der ritteradlige als auch der deutschordische Anteil – beim Kanton Kocher der schwäbischen Reichsritterschaft immatrikuliert. 1545 erlangten die Ganerben ein kaiserliches Blutbannprivileg. Abgesehen von einer kurzen Phase während des Dreißigjährigen Kriegs wurde das Kondominat in ungeteilter Gemeinschaft verwaltet; die Führung des Gerichtsstabs oblag einem gemeinsam bestellten Schultheißen, und bis 1712 fanden regelmäßige Konferenzen der Ganerben statt. Im 18. Jahrhundert waren mit den Funktionen des Schultheißen verschiedene Beamte der jeweiligen Herrschaften betraut. Von 1599 datieren eine vom Deutschen Orden allein verfügte Dorfordnung und eine von den Ganerben gemeinsam erlassene Erbordnung. Der deutschordische Teil des Dorfs wurde 1805 von Württemberg säkularisiert, der gemmingische 1806 von Württemberg mediatisiert. Unter den verschiedenen Talheimer Schlössern ist das Obere, ein über dem Dorf thronender klassischer Ministerialensitz, das älteste. Sein östlicher Teil war seit der Mitte des 15. Jahrhunderts katzenelnbogisches beziehungsweise hessisches Lehen. Der westliche Teil wurde 1551 an die Lyher vererbt, war seit 1606/11 württembergischer Lehnshoheit unterworfen und gelangte über die Chanovsky von Langendorf (1640) an die von Schmidberg zu Lehrensteinsfeld (1694); mit deren Aussterben fiel er an Württemberg heim. Das im Nordwesten des Dorfs, an der Sontheimer Straße gelegene Untere Schloss war zum einen Teil Allod, zum anderen württembergisches Lehen. Als Lehnsnehmer begegnen zunächst die Sturmfeder (1415/30), seit 1453 die von Frauenberg und daneben die von Talheim (1471/98). Nach dem Erlöschen der Frauenberg folgten 1636 die von Sperberseck, 1708/13 die von Racknitz und 1734 die von Gemmingen zu Guttenberg. Der Neubau datiert von 1766/67. Unmittelbar östlich des Unteren lag das Mittlere Schloss, bisweilen auch als Ehrenberg bezeichnet. Zuvor im Besitz der von Klingenberg, wurde es 1430 durch die von Riexingen dem Hochstift Worms teilweise zu Lehen aufgetragen. Bereits Mitte des 16. Jahrhunderts verfallen, diente es hernach als Steinbruch und musste schließlich vollends dem Neubau des Unteren Schlosses weichen. Das zugehörige Klingenberger beziehungsweise Ehrenberger Hofgut gelangte von den von Riexingen an die von Lomersheim (1550) und war später Eigentum der württembergischen Pflege in Heilbronn. Außer diesen Schlössern verfügten talheimische Agnaten und ihre Erben über eine Reihe weiterer herrschaftlicher Behausungen im Dorf. Im späteren 14. Jahrhundert hatten die Pfau (vom Stamm der Horneck von Hornberg?) einen Sitz, das sogenannte Pfauenhaus, unterhalb des Oberen Schlosses. Ein allodiales Anwesen bei der mittleren Brücke gelangte 1556 von den Frauenberg an die Talheim, 1644 an die Vohenstein und schließlich an die Gemmingen. Beim alten Rathaus lagen zwei Häuser der Lemlin; das eine erwarb 1606 der Deutsche Orden, das andere diente zu jener Zeit als Witwensitz. Ein weiterer Freihof in der Nähe des Rathauses gehörte um 1600 ebenfalls den Lemlin und gelangte über die von Helmstatt (1621), von Möschlitz (1664) und Chanovsky (1665) an die von Schmidberg. Oberhalb des alten Dorfs, an der Stelle der katholischen Kirche, lag einst das Schlösschen der Lyher. Alle Ganerben zu Talheim, ob mit oder ohne Teilhabe an der Vogtsherrschaft, hatten am Ort mehr oder minder großen Grundbesitz. Der Deutsche Orden gebot 1524 über zwei Höfe mit insgesamt 82 Morgen Äckern und 8 Morgen Wiesen. Den Freiherren von Gemmingen gehörten 1736 rund 70 Morgen Äcker, 11 Morgen Wiesen, 10 Morgen Weingärten und 6 Morgen Wald zum Unteren Schloss sowie 59 Morgen Äcker, 9 Morgen Wiesen, 4 Morgen Weingärten und 20 Morgen Wald zu ihrem Anteil am Oberen Schloss, dazu vielerlei Natural- und Geldeinkünfte. Das Kloster Schöntal war hier seit 1285 begütert, das Kloster Lauffen seit 1299 und das St. Klara-Kloster in Heilbronn seit 1316. Einen Teil des Zehnten zu Talheim trugen im früheren 14. Jahrhundert die von Heinriet vom Hochstift Würzburg zu Lehen. Später war der ganze Zehnt im Besitz der von Talheim, die ihn 1597 mit Konsens des Bischofs von Würzburg an die Echter von Mespelbrunn verkauften, und von diesen gelangte er um 1634 an die von Dalberg. 1719 fiel das Zehntlehen dem Hochstift Würzburg heim. Mit der Säkularisation kam der Zehnt 1802/03 in den Besitz der Fürsten zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. Der Gemeinde dürfte die Konkurrenz der Ganerben untereinander Spielräume und Freiheiten eröffnet haben, die es andernorts nicht ohne weiteres gab. Zwar liegen über die Beteiligung Talheims am Bauernkrieg keine näheren Informationen vor, aber 1666 wurde die Widersetzlichkeit und Halsstarrigkeit der Untertanen ausdrücklich beklagt. In älterer Zeit fand jedes Jahr am Dreikönigstag (6. Januar) ein Vogtsgericht statt, bei dem die Bürgermeister- und sonstigen Gemeindeämter bestellt wurden, dazu übers Jahr verteilt drei Rüggerichte. Seit 1727/31 gab es jährlich nur noch vier Rüggerichtstermine. 1728 bestand das Gericht aus elf Schöffen (davon sechs evangelisch, fünf katholisch); der Rat war mit sechs Personen besetzt (je drei evangelisch und katholisch). Ein Rathaus findet 1606 Erwähnung. 1801 bestand der Gemeindebesitz aus dem Rathaus, einem Hirten- und Schafhaus, rund 30 Morgen Land sowie ziemlichem Waldbesitz. Im Dorf das würzburgische Zehnthaus, ein Steinhaus mit einem Löwenkopf in einer Rundnische und der Jahreszahl 1607. —Der Deutschordensteil fiel 1805 an Württemberg und kam 1807 zum Oberamt Heilbronn, der gemmingische 1806 an Württemberg; er gehörte zunächst zum Oberamt Kirchhausen. Beide Teile ab 26.4.1808 Oberamt Heilbronn (30.1.1934 Kreis), ab 1.10.1938 Landkreis Heilbronn.
Wirtschaft und Bevölkerung: Bei einem Bestand von mehr als hundert Häusern dürfte Talheim um die Mitte des 16. Jahrhunderts etwa fünfhundert Einwohner gehabt haben. 1761 wurden 153 Bürger gezählt, was auf knapp siebenhundert Seelen schließen lässt. 1798 waren es bereits rund tausend. Die drei Zelgen, in denen die Talheimer ihren Ackerbau trieben, lagen gegen Horkheim, gegen Lauffen und gegen den Landturm. Der Viehbestand belief sich 1798 auf 29 Pferde, 460 Rinder sowie 550 Schafe und Schweine. Zum Mahlen des Getreides standen bereits im späten Mittelalter zwei Mühlen zur Verfügung, die eine beim Oberen oder Badstubentor, die Untere am nördlichen Ende des Dorfs; bei beiden handelte es sich um Bannmühlen. 1761 gab es am Ort zwei Wirtshäuser.

Name: Oberes Schloss (sogenanntes Judenschloss) - Unteres Schloss - Mittleres Schloss (auch Ehrenberg genannt) - Schlösschen Lyher
Datum der Ersterwähnung: 1200 [im 13. Jahrhundert]

Ersterwähnung: 1418
Kirche und Schule: Ihr romanischer Chorturm zeugt vom hohen Alter der im Übrigen erst 1418 bezeugten Talheimer Kirche, ihr Patrozinium des heiligen Kilian (1654) von der propagandistischen Funktion, die ihr an der südwestlichen Grenze der alten Würzburger Diözese zugedacht war. Die Nebenaltäre waren St. Nikolaus (1434, mit eigener Kaplaneipfründe) und der Muttergottes (1488) geweiht. Im Westen vor dem Dorf stand eine Kapelle zu Ehren St. Wolfgangs, die allerdings längst spurlos verschwunden ist. Patronatsrecht und Kirchensatz waren als Würzburger Lehen jahrhundertelang in derselben Hand wie der Zehnt und gelangten so von den Talheim über die Echter von Mespelbrunn, die Dalberg und das Hochstift Würzburg an die Fürsten zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. Die Reformation fand um die Mitte des 16. Jahrhunderts Eingang, als die Herrschaft am Ort noch überwiegend ritterschaftlich war. Mit zunehmender Dominanz des Deutschen Ordens mehrten sich die konfessionell bedingten Konflikte, und im Dreißigjährigen Krieg kam es darüber zeitweise zu heftigen Auseinandersetzungen; im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts waren auch Wiedertäufer ansässig. 1649 erreichten die evangelischen Ganerben die Wiederherstellung der Verhältnisse von 1624, das heißt die alleinige Geltung der lutherischen Konfession. Jedoch akzeptierte der Deutsche Orden diese von einer kaiserlichen Kommission herbeigeführte Entscheidung nicht, errichtete 1659 anstelle des Lyherschlösschens eine Kapelle und tat auch im Übrigen alles, um neben dem evangelischen das katholische Exerzitium in Talheim aufrechtzuerhalten. 1731 wurde die Kapelle durch einen Neubau ersetzt. Die 1861 erbaute, 1950 renovierte katholische Pfarrkirche zur Himmelfahrt Maria mit hochgotischer Marienstatue um 1360 steht auf deren Grundmauern. Die Katholiken blieben aber bis 1823 ohne eigene Pfarrei und waren nach Sontheim gepfarrt. Schulunterricht gab es in Talheim seit der der Einführung der Reformation. 1665 bestellte der Deutsche Orden einen katholischen Schulmeister. Evangelische Pfarrkirche, romanisch mit tonnengewölbtem Ostchor, in der Gotik und später verändert sowie 1956 und 1966 renoviert. An der Nordwand wurden 1907 und 1955 Wandgemälde von der Romanik bis zur Spätgotik freigelegt.
Patrozinium: St. Kilian
Ersterwähnung: 1654
Jüdische Gemeinde: 1798 wurden zehn jüdische Familien mit insgesamt etwa vierzig bis fünfzig Personen gezählt. Bereits am Ende des 15. Jahrhunderts hatten aus Heilbronn vertriebene Juden in Talheim Zuflucht genommen. Aber erst 1778 ließen sich Juden auf Dauer hier nieder; damals wies Württemberg ihnen den heimgefallenen Schmidberger Teil der Oberen Burg als Wohnung zu (Judenschloss).

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