Schießerei in Untergruppenbach. Die Grafen Fugger im Konflikt mit ihren Untertanen

Gesamtansicht des Plans von Untergruppenbach mit Einzeichnung des Schauplatzes der Erschießung von Christoph Löhel, o. J. [1737?], [Maßstab: ca. 1 : 1 000]. Außer der Darstellung des Schauplatzes gibt der Plan auch detailliert die Gebäude (rot), Wege, Äcker und Wiesen des Dorfes wieder. Am oberen und rechten Rand wird genau beschrieben, wo sich die einzelnen Leute während der Bluttat befanden. Außerdem sind Beschreibungen der Gebäude zu erwarten. Der Plan gibt über die Darstellung der Bluttat hinaus Einblick in die Topografie des Ortes. Vorlage: Landesarchiv HStAS N 11 Nr. 13
Gesamtansicht des Plans von Untergruppenbach mit Einzeichnung des Schauplatzes der Erschießung von Christoph Löhel, o. J. [1737?], [Maßstab: ca. 1 : 1 000]. Vorlage: Landesarchiv HStAS N 11 Nr. 13.

Im Bestand N 11 (Land- und Flurkarten betreffend Neuwürttemberg) des Hauptstaatsarchivs Stuttgart findet sich ein kolorierter Plan von Untergruppenbach, heute Landkreis Heilbronn. Der anonyme Zeichner hat die Topografie des Ortes detailgenau wiedergegeben. Auf den ersten Blick scheint es eine ganz gewöhnliche Flurkarte zu sein. Doch der Anlass für die Anfertigung dieser Karte ist ein blutiger, zeigt er doch den Schauplatz eines Verbrechens. Auf der Nebenkarte mit dem vergrößerten Ausschnitt aus der Hauptkarte ist zu sehen, wo am25. Mai 1737 in Untergruppenbach Anton Graf Fugger-Stettenfels den jungen Weingärtner Christoph Löhel erschossen hatte.

Der Tod Löhels war die endgültige Eskalation eines Konfliktes, der sich über Jahrzehnte zwischen den Grafen Fugger einerseits und deren Untertanen in der Herrschaft Stettenfels und dem Herzogtum Württemberg andererseits entwickelt hatte. Wie war es dazu gekommen?

1551 erwarb der Augsburger Bankier Anton Fugger die Herrschaft Stettenfels. Der Kauf der Herrschaft diente nicht zuletzt der Anlage des in Bankgeschäften verdienten Geldes in Grundherrschaften. Stettenfels war jedoch eine Exklave, die fernab vom Familiensitz Augsburg lag. Lehensherr der Herrschaft war der Herzog von Württemberg. Erschwerend zu diesem Umstand kam hinzu, dass die Fugger katholisch und die Einwohner der Herrschaft Stettenfels protestantisch waren. In der Folge gab es deswegen immer wieder Konflikte zwischen Württemberg und den Grafen Fugger.

Außerdem lagen die Grafen Fugger mit den Untertanen von Stettenfels im Streit. Schließlich beschwerten sich die Untertanen beim württembergischen Lehenhof, der sich prompt auf die Seite der aufmüpfigen Untertanen stellte.

Als 1727 Ludwig Xaver Graf Fugger die Herrschaft erbte, verschlimmerten sich die Händel noch. Nach dem Tod von Karl Alexander Herzog von Württemberg 1737 sollten auch in Untergruppenbach am 5. Mai zum Zeichen der Trauer die Kirchenglocken läuten. Graf Fugger unterband dies als Ortsherr. Daraufhin begab sich der württembergische Vogt Ferdinand Konrad Hochstetter aus Weinsberg vor Ort. Graf Ludwig Xaver wollte nun den Vogt gefangen nehmen lassen und schickte dazu seinen Sohn Anton Graf Fugger und bewaffnete Bedienstete nach Untergruppenbach.Vor dem Pfarrhof kam es schließlich zu Schießereien zwischen dem Grafen Fugger und den Untertanen, die aufseiten des Vogts standen. Dabei erschoss Graf Anton Christoph Löhel sowie einen weiteren Bauern aus Untergruppenbach. Auf beiden Seiten gab es Verletzte.

Zur Strafe wurden der alte und der junge Graf Fugger auf ihrem Schloss Stettenfels vom Mai 1737 bis Oktober 1739 auf herzoglichen Befehl in Hausarrest gehalten. Nach jahrelangem Hin und Her verkaufte schließlich 1747 Anton Graf Fugger die Herrschaft Stettenfels an Württemberg. Zu einem Prozess gegen Graf Anton kam es aber nicht mehr. Die Bluttat des Grafen blieb ungesühnt. Die Stettenfelser Händel fanden sogar literarischen Niederschlag: Mit der Erwähnung in Lion Feuchtwangers Roman Jud Süß sind sie auch in die Weltliteratur eingegangen.

Eberhard Merk

Quelle: Archivnachrichten 49 (2014), S.22-23.

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