Hohenzollern im 19./20. Jahrhundert

Heiratsvertrag des Erbprinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen mit Antoinette Murat, 1808 (StAS FAS HS 1-80 T 1-6 R. 53, 158a)
Heiratsvertrag des Erbprinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen mit Antoinette Murat, 1808 (Landesarchiv StAS FAS HS 1-80 T 1-6 R. 53, 158a)

Unter den zahlreichen süddeutschen Kleinstaaten haben, abgesehen vom noch kurz souveränen Hohengeroldseck, nur die zollerischen Herrschaften die napoleonische Zeit überstanden und bis in die Mitte des 19. Jh. ihre Selbständigkeit bewahrt. Der Grund dafür lag in den Familienbeziehungen des Sigmaringer Fürstenhauses zu Napoleon. Amalie Zephyrine von Salm-Kyrburg, die Gemahlin des Fürsten Anton Aloys (1785-1831), hatte in der blutigsten Phase der Revolution in Paris Napoleons späterer Gattin Josephine Schutz gewährt. Ihr Sohn wurde 1808 mit einer Nichte Murats vermählt. Auch dank preußischer Fürsprache konnte Hohenzollern-Sigmaringen nach dem Reichsdeputationshauptschluss die Herrschaft Glatt der Abtei Muri, das Stift Beuron außer drei bereits unter seiner Landeshoheit stehenden Klöstern einziehen, während Hechingen damals mit unbedeutenden Stücken abgefunden wurde. Die Rheinbundakte bedachte allein Sigmaringen hauptsächlich mit den bisher österreichischen Klöstern Habsthal und Wald und der Souveränität über die fürstenbergischen Herrschaften Jungnau und Trochtelfingen sowie über eingesprengten ritterschaftlichen und 1803 an Thurn und Taxis geratenen geistlichen Besitz. Sie löste auch die Lehensbande zu Österreich und beseitigte alle früher von dort ausgehenden Ansprüche auf eine Oberhoheit. Wieder dank preußischer Hilfe überstanden die kleinen Ländchen den Sturz Napoleons.

Ratifikationsurkunde König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen, 1850 (StAS FAS HS 1-80 T 1-6 R 53, 1403)
Ratifikationsurkunde König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen, 1850 (Landesarchiv StAS FAS HS 1-80 T 1-6 R 53, 1403)

Wie sich bei der Bildung der Oberrheinischen Kirchenprovinz zeigte, fürchtete man in Hohenzollern vor allem den württembergischen Nachbarn und schloss sich deswegen kirchlich an Freiburg an. Mit Württemberg wurde allerdings 1824 ein Zollvertrag geschlossen. Fürst Karl von Hohenzollern-Sigmaringen (1831-1848) erschloss sein bisher konservativ verwaltetes Land liberalen Reformen und gewährte 1833 Verfassung und Landtag. Hohenzollern-Hechingen richtete 1835 einen Landtag ein, blieb aber beim patriarchalischen Regierungssystem. Die Revolution brachte den beiden kleinen Staaten 1848 schwere Erschütterungen sowohl zunächst durch Bauernunruhen, die in Hechingen die Abschaffung der Feudallasten erzwangen und zu einer konstitutionellen Verfassung führten, als auch durch die Radikalisierung des Sigmaringer Landtags. Die Linie Hechingen dachte daran, ihre Souveränitätsrechte an Sigmaringen zu übertragen. Karl Anton von der Sigmaringer Linie fühlte sich dem aber auch nicht mehr gewachsen und wollte, als Beitrag zur deutschen Einheit, die oberste Gewalt der provisorischen Reichsregierung in Frankfurt abtreten.

Spanische Thronkandidatur Erbprinz Leopolds von Hohenzollern, 1870 (StAS FAS HS1-80 T 7 R 53, 73 (1a)
Spanische Thronkandidatur Erbprinz Leopolds von Hohenzollern, 1870 (Landesarchiv StAS FAS HS1-80 T 7 R 53, 73 1a)

Das Land war von 1850 an Bestandteil der preußischen Rheinprovinz und bildete einen eigenen Regierungsbezirk Sigmaringen. Die preußischen Könige ließen das Stammschloss auf dem Zollern wieder aufbauen. Ab 1874 besaß der Regierungsbezirk einen Landeskommunallandtag und seit 1875 den Landesausschuss als Selbstverwaltungskörper. Politisch war im ganz katholischen Hohenzollern seit dem Kulturkampf das Zentrum führend. Dieser hatte (1875 bis 1887) zur Schließung des 1863 vom Fürstenhaus den Benediktinern überlassenen Klosters Beuron geführt, das danach zu einem der bedeutendsten Zentren des Ordens emporwuchs. Nach dem Ende der preußischen Monarchie bestand im Lande die Neigung zum Anschluss an einen südwestdeutschen Gesamtstaat, die einseitige Option für Württemberg oder für Baden lehnte man ab. Die Nationalsozialisten konnten zwar Hohenzollern dem NSDAP-Gau Württemberg angliedern, die Zugehörigkeit zu Preußen blieb aber wohl infolge persönlicher Rivalitäten unter den Machthabern erhalten.

(Quelle: Bearbeitete Fassung aus dem Abschnitt Landesgeschichte, in: Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, hg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, Band I, Stuttgart, 2. Aufl. 1977)