Baden: 900 – 966 – 1125 – 1300 ... Jahre? Zur Geschichte eines Namens

Siegel Markgraf Rudolfs von Baden, 1306 (GLAK 37 Nr. 158)
Siegel Markgraf Rudolfs von Baden, 1306 (GLAK 37 Nr. 158)

In einer Urkunde Kaiser Heinrichs V. vom 27. April 1112 erscheint Herimannus marchio de Badun erstmals unter dem Namen, den seine in Baden bis 1918 regierenden Nachkommen bis heute führen. Freilich lassen sich die Vorfahren der badischen Markgrafen und Großherzöge noch wenigstens drei Generationen weiter zurückverfolgen, bis hin zu einem schwäbischen Grafen Bezelin von Villingen, der 1024 gestorben ist. Hermanns Großvater Bertold († 1078) nannte sich nach Limburg bei Weilheim an der Teck, der Vater Hermann († 1074) war Graf im Breisgau und erlangte als kaiserlicher Amtsträger in Verona den Markgrafen-Titel, und der Onkel Bertold († 1111) war der Stammvater der 1218 ausgestorbenen Herzöge von Zähringen. Die durch Hermann um 1112 von Baden an der Oos abgeleitete, zunächst allein auf ihn selbst bezogene Zubenennung wurde im Lauf des Mittelalters die Bezeichnung eines Territoriums unter der Herrschaft seiner markgräflichen Nachkommen und schließlich im 19. Jahrhundert der Name eines Landes, das sich von Markdorf am Bodensee über Konstanz, Lörrach, Freiburg, Offenburg, Karlsruhe, Mannheim, Heidelberg und Mosbach bis nach Wertheim am Main erstreckte.

Der für die Dynastie und das Land namengebende Ort an der Oos ist indes älter. Bei den dort befindlichen Thermalquellen hatten sich bereits im ersten nachchristlichen Jahrhundert die Römer niedergelassen, die heilende Wirkung des warmen Wassers nutzbar gemacht und ihre Siedlung folgerichtig Aquae bzw. Aquae Aureliae genannt. In nachrömischer Zeit verloren die heißen Quellen ihre Attraktivität nicht. Zu Zeiten der fränkischen Könige aus dem Haus der Merowinger gelangten sie in den Besitz des Klosters Weißenburg im Elsaß. Die entsprechende Schenkungsurkunde von 675, richtiger 712, ist zwar gefälscht, aber gleichwohl besteht kein Zweifel, dass die Weißenburger Mönche die begehrten balneas illas trans Rhenum in pago Auciacensi sitas tatsächlich innehatten und von ihnen profitierten. Die aus der Topographie hergeleitete Ortsbezeichnung hatte sich inzwischen von Wasser (aquae) in Bäder (balneas) gewandelt. 856, in einer Urkunde König Ludwigs des Deutschen, ist noch einmal von den heißen Wassern, die man Bäder nannte (calidis aquis que dicuntur Balnei), die Rede. Und zum Jahr 987 findet sich dann erstmals die deutschsprachige Namensform Badon ... in pago Ufgouue. Kein Zweifel: Das heiße Wasser und seine Nutzung zu Heilzwecken war für das örtliche Leben von Anfang an prägend.

Dass bei den heißen Quellen im Tal der Oos schon im frühen Mittelalter eine Siedlung bestand, ist aus vielerlei Gründen als sicher anzunehmen. Ausdrücklich erwähnt wird diese jedoch erst in einer im Generallandesarchiv Karlsruhe verwahrten Urkunde vom 9. September 1046, mit der Kaiser Heinrich III. der Speyrer Kirche ein Gut in der Siedlung Baden im Ufgau (predium in villa Baden in pago Ufgowe) samt zugehörigen Leuten und sonstigen nutzbaren Rechten schenkte. Erst im Zuge des Investiturstreits gelangte um 1100 die Grafschaft im Ufgau und mit ihr die Gerichtsbefugnisse über die bei den kostbaren Thermalquellen siedelnden Leute in den Besitz des Markgrafen Hermann von Limburg, der alsbald am Battert hoch darüber seine Burg errichtete und sich fortan immer öfter, aber noch lang nicht ausschließlich nach den Bädern – nach Baden – benannte.

Demnach ist der Name Baden wesentlich älter als die Dynastie, die ihn, als sie vor rund 900 Jahren in den Nordschwarzwald kam, sich aneignete und seither führt. Darin liegt ein Unterschied zwischen den einstigen Herrscherhäusern Badens und Württembergs. Die Grafen von Württemberg nämlich kreierten, als sie im 11. Jahrhundert ihre Stammburg auf dem Rotenberg über Untertürkheim bei Stuttgart gründeten, deren Namen selbst, machten ihn sich für ihr Haus zu eigen und übertrugen ihn in der Folge auf ihr kontinuierlich wachsendes Herrschaftsgebiet: So kann ein Herzog von Württemberg noch heute zu Recht behaupten, das Land trage seinen Namen. Den Herren, Grafen und Fürsten zu Hohenlohe gelang es sogar, ihren eigenen, angestammten Namen von der längst untergegangenen Burg Hohlach bei Uffenheim im heute bayerischen Mittelfranken in die Gebiete um Tauber, Kocher und Jagst mitzunehmen, mit ihren dort im Lauf von Jahrhunderten erworbenen Herrschaftsgebieten zu verbinden und so an eine nicht zuletzt durch ihr Zutun kulturlandschaftlich ganz besonders reizvolle Region weiterzugeben.

Fragt man nach dem Alter des Namens Baden, so hat man folglich zu differenzieren nach einem Wandel sowohl in der Gestalt als auch im Gebrauch. Der Gebrauch als Herrschafts- respektive Familienname erweist sich dabei – obgleich bereits seit 900 Jahren geläufig – als der jüngste. Der Siedlungsname hingegen ist schon seit mindestens 1125 Jahren gebräuchlich, wenn man so will seit 1300 Jahren – und im Grunde sogar seit nahezu zweitausend Jahren.

Kurt Andermann

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