„Catholisch bin ich - catholisch bleib ich.“ - Das Emmendinger Religionsgespräch von 1590 und die Konversion des Markgrafen Jakob III. von Baden-Durlach

Markgraf Jakob III. von Baden-Durlach (1562-1590). Kupferstich, aus: Dominicus Custos: Atrium heroicum (...). Augsburg 1600-1602. Vorlage: Landesarchiv BW GLAK J-Aa-J/3
Markgraf Jakob III. von Baden-Durlach (1562-1590). Kupferstich, aus: Dominicus Custos: Atrium heroicum (...). Augsburg 1600-1602. Vorlage: Landesarchiv BW GLAK J-Aa-J/3

War die Markgrafschaft Baden Mitte des 16. Jahrhunderts katholisch oder evangelisch? Der Historiker zögert, wenn er die konfessionelle Landkarte des Oberrheingebiets für diese Jahrzehnte mit eindeutigen Zuweisungen belegen soll. Natürlich galt auch hier ab 1555 der Grundsatz des Augsburger Religionsfriedens, der dem Landesherrn die Entscheidung über das Bekenntnis seiner Herrschaft und seiner Untertanen zuwies. Aber damit begannen die Schwierigkeiten: Die Markgrafschaft Baden war seit 1535 in zwei Linien geteilt, in Baden-Baden (bernhardinische Linie) und Baden-Durlach (ernestinische Linie). Während sich Baden-Durlach unter Markgraf Karl II. (1529–1577) in der Kirchenordnung von 1556 auf das lutherische Bekenntnis festgelegt hatte, rückte in Baden-Baden Philipp II. (1559–1588) von der protestantischen, zugleich aber auch toleranten Haltung seines Vaters Philibert (1536–1569) ab und machte aus seinem Landesteil ein katholisches Territorium. Die bis in die Neuzeit anhaltende Trennung der Markgrafschaft in einen katholischen und einen evangelischen Landesteil zeichnete sich erstmals ab.

Nach dem Tod von Markgraf Karl II. wurde 1584 der durlachische Landesteil zunächst unter seinen drei Söhnen aufgeteilt. Jakob III. (1562–1590), der als Herr über die hachbergischen Gebiete Emmendingen zur Stadt erhob und zu seiner Residenz ausbaute, zeigte seit 1587 Sympathien für die katholische Kirche. Seine persönlichen Aufzeichnungen lassen erkennen, wie er sich intensiv mit den konfessionellen Streitfragen seiner Zeit beschäftigte: Listen von Bibelstellen sind den einzelnen Themen zugeordnet, Kirchenväter werden als Garanten der wahren Lehre zitiert.

Während katholische Fürsten – wie etwa der Herzog von Bayern oder Erzherzog Ferdinand von Österreich – Markgraf Jakob in seinen Absichten unterstützten, vermischten sich in den Schreiben seines Bruders Ernst Friedrich theologische Einwände mit kaum verdeckten Drohungen. Zwei Religionsgespräche (colloquia) in Baden(-Baden) und Emmendingen (1590) sollten die Entscheidung bringen. Bei diesen Disputationen ging es weniger um ein ergebnisoffenes Austauschen von Argumenten zwischen den eingeladenen Theologen als vielmehr um eine öffentliche Bestätigung der eigenen Position. Der Show-down der konfessionellen Auseinandersetzung verlief hart und scheute auch nicht vor persönlichen Diffamierungen zurück. Jede Partei reklamierte für sich den Punktesieg und verspottete den Gegenpart. Unterstützt durch seinen Hofprediger Johann Zehender und seinen Berater Dr. Johannes Pistorius vollzog Jakob III. kurz danach im Juli 1590 seine Konversion in der Zisterzienserabtei Tennenbach.

In den Unterlagen von Markgraf Jakob findet sich neben den üblichen, allgemein gehaltenen Schreiben ein Briefwechsel mit seiner Schwester Elisabeth (1570–1611), der einen Blick auf die Persönlichkeit und die Gefühlswelt der Geschwister in jenen aufwühlenden Tagen zulässt. Elisabeth fordert in zum Teil ungelenker Sprache ihren Bruder eindringlich auf, sich durch die Konversion nicht von Jesus Christus loszusagen. Sie könne zwar nicht wie ein Theologe argumentieren, doch sei sie in ihrem Glauben als ein armer ley so fest verankert, dass sie bis in den Tod nicht von ihrem Erlöser weichen werde. Heil und Erlösung durch Jesus Christus waren für sie untrennbar an das evangelische Bekenntnis gebunden. Die Antwort des Bruders nahm diesen Gedanken auf und wendete ihn ins Gegenteil: Niemand dürfe von ihm denken, dass er sich gegen sein Gewissen von Jesus abwenden wolle. Die Abkehr von der lutherischen religion sei keine Abkehr vom Erlöser, sondern wer sich von der rechten Kirche, als der gespons [Braut] Christi, abwende, der verrate in Wirklichkeit Christus. Aus seiner Sicht habe nur die katholische Kirche seit der Zeit der Apostel und der Kirchenväter bis auff die stundt die zentralen Inhalte des Glaubens treu bewahrt. Für Jakob steht die katholische Kirche für Tradition und Treue im Glauben – gegen alle reformatorischen Anfragen. Der schriftliche Dialog zwischen den Geschwistern endet bei aller gegenseitigen Sympathie in Trauer und Not, weil die Sorge um das Heil im Denken des konfessionellen Zeitalters nur eine richtige Antwort zuließ, die eine Verständigung zwischen Bruder und Schwester nicht möglich machte.

Wenige Tage später starb Jakob III. am 17. August 1590. Eine Obduktion durch die Mediziner der Universität Freiburg machte eine Vergiftung durch Arsenik für den überraschenden Tod verantwortlich. Während die katholische Seite diese Erklärung – Mord aus religiösen Motiven! – schnell publizistisch verbreitete, spottete der protestantische Gegenpart, der Markgraf habe wohl bei seiner Kur zu viel Mineralwasser getrunken. In einem persönlichen Bekenntnis auf dem Sterbebett hatte Jakob nochmals seinen Übertritt zum Katholizismus bekräftigt: Catholisch bin ich – catholisch bleib ich – catholisch will ich sterben – Da helf mit Gott zuo.. Dies hinderte seine Brüder jedoch nicht daran, den Leichnam – gegen den ausdrücklichen Willen des Verstorbenen – zur Bestattung in die evangelische Pforzheimer Schlosskirche, also in die markgräfliche Grabstätte, zu verbringen. Erste Maßnahmen zur (Wieder-) Einführung des Katholizismus im hachbergischen Landesteil wurden sofort rückgängig gemacht. Nach dem Tod seines Bruders Ernst Friedrich (1560–1604) wurde für die beiden Geschwister ein aufwendig gestaltetes Grabmal errichtet: Die Inszenierung dynastischer Gemein- samkeiten und Kontinuitäten überdeckte die tatsächlichen religiösen Differenzen

 Wolfgang Zimmermann

Quelle: Archivnachrichten 55 (2017), S.20-21.

Suche