Margarethe von Savoyen (1420 –1479) und ihre Briefe: Schriftkultur in europäischer Vernetzung

Brief des berühmten Literaten und Arztes Dr. Ludwig Steinhöwel an Margarethe von Savoyen vom 27. Mai 1474. Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS A 602 Nr. 260
Brief des berühmten Literaten und Arztes Dr. Ludwig Steinhöwel an Margarethe von Savoyen vom 27. Mai 1474. Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS A 602 Nr. 260

Die europäische Vernetzung des Hauses Württemberg tritt im späteren Mittelalter vor allem durch seine grenzüberschreitenden dynastischen Verbindungen hervor. Margarethe von Savoyen (1420–1479) als Gemahlin Graf Ulrichs V. und Barbara Gonzaga von Mantua (1455–1503), Frau Graf Eberhards V., sind dafür als namhafte Persönlichkeiten am württembergischen Hof bekannt. Sie stehen nicht allein für familiäre Netzwerke, sondern auch für nachhaltigen Kulturtransfer und politische Allianzen, gerade über die Alpen nach Oberitalien.

Im Gegensatz zu den übrigen Gräfinnen im Hause Württemberg hat sich für Margarethe von Savoyen ein umfangreicher Briefwechsel im Hauptstaatsarchiv Stuttgart erhalten, der einen großartigen Einblick in die Schriftkultur ihrer Zeit bietet (Bestand A 602 Nr. 260). Margarethe, die zuvor bereits mit Ludwig III. von Anjou und Kurfürst Ludwig IV. von der Pfalz verheiratet gewesen war, hatte 1453 die Ehe mit Graf Ulrich V. von Württemberg geschlossen, der ebenfalls bereits doppelt verwitwet war. Als Tochter Herzog Amadeus‘ VIII. von Savoyen, der als Papst Felix V. (1439–1449) Furore machte, entstammte Margarethe feinsten fürstlichen Kreisen; sie war eine geistig wie künstlerisch vielseitig begabte und interessierte Frau. Ihre Vorliebe für Bücher und Literatur fand in prachtvollen Werken, die sie in Auftrag gab und die ihre kostbare Bibliothek schmückten, prominenten Ausdruck.

Margarethes persönliche Vernetzung, ihre intensiven Kontakte zur internationalen gelehrten Welt, spiegeln ihre fast 150 Briefe – eingehende wie ausgehende Schreiben – die ihre Bildung, Interessen und Weltläufigkeit demonstrieren. In diesem Briefwechsel mit über 50 verschiedenen Personen und Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland begegnet man unterschiedlichen Gesellschaftsschichten: Margarethes Briefpartner sind ebenso hohe adelige und geistliche Herren aus ihrer Umgebung, Amtmänner und Diener aus der württembergischen Verwaltung, wie Künstler und Gelehrte aus dem weiteren Umkreis. Sie korrespondierte mit wichtigen Herrschaften bzw. Fürstengenossen vor allem in Baden, Bayern und der Pfalz, aber auch in Frankreich, Burgund und den italienischen Fürstentümern Mailand, Piemont und Savoyen, also mit ihrer eigenen Familie. Sie erhielt Briefe in Deutsch, Latein, Französisch und Italienisch. Wir erfahren anhand ihrer eigenen Briefentwürfe, dass sie diese nicht nur verstand, sondern auch beantwortet bzw. provoziert hat.

 Peter Rückert

Quelle: Archivnachrichten 52 (2016), S.14-15.

Suche