Die Goldene Bulle im Hauptstaatsarchiv Stuttgart

Die Goldene Bulle mit der silbernen Aufbewahrungskassette, Quelle: Landesarchiv BW Hauptstaatsarchiv Stuttgart (H 51 U 589)
Die Goldene Bulle mit der silbernen Aufbewahrungskassette, Quelle: Landesarchiv BW Hauptstaatsarchiv Stuttgart (H 51 U 589)

Die UNESCO hat am 18. Juni 2013 im südkoreanischen Kwangju die Goldene Bulle in die Liste des UNESCO-Weltdokumentenerbes "Memory of the World" aufgenommen. Die Nominierung umfasste alle sieben erhaltenen Originale der Goldenen Bulle, die heute im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien (Böhmisches und Mainzer Exemplar), im Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt (Frankfurter Exemplar), in der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (Kölner Exemplar), im Staatsarchiv Nürnberg (Nürnberger Exemplar), im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München (Pfälzisches Exemplar) und eben im Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Trierer Exemplar) verwahrt werden.

Das Digitalisat des Trierer Exemplars finden Sie hier.

Die Goldene Bulle aus dem Jahr 1356 war das wichtigste Verfassungsdokument des Heiligen Römischen Reiches. Der Name bezieht sich auf das goldene Siegel der Urkunde. Die in lateinischer Sprache gehaltene Bulle, die von Kaiser Karl IV.ausgestellt wurde, regelte die Modalitäten der Wahl und der Krönung der römisch-deutschen Kaiser durch die Kurfürsten bis zum Ende des Alten Reiches 1806. Auch legte sie eine jährliche Versammlung aller Kurfürsten fest und bestimmte deren Immunität und Rechte.

Nur fünf der sieben Kurfürsten ließen sich allerdings eine solche Prachturkunde ausfertigen. Der sächsische und der brandenburgische Kurfürst verzichteten – wohl aus Geldmangel – auf eine eigene Ausfertigung. Dafür ließen sich die Reichsstädte Frankfurt und Nürnberg, die darin besonders hervorgehoben werden, nachträglich Exemplare ausstellen.

Logo des UNESCO-Weltdokumentenerbes "Memory of the World" 

Besonders gut erhalten ist das Trierer Exemplar, das in der Reichskanzlei entstand. Wie aber kam es in Stuttgarter Besitz? Mit den Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 erhielt Herzog Friedrich II. von Württemberg die lang ersehnte Kurwürde. Damit verbunden war der Wunsch, auch ein Exemplar der Goldenen Bulle in Besitz zu nehmen. Eine günstige Gelegenheit ergab sich, als Vertreter des seiner Kurwürde entsetzten Trierer Erzbischofs Clemens Wenzeslaus in Stuttgart über eine Entschädigung des Erzbischofs für den Verlust der Württemberg zugesprochenen Fürstpropstei Ellwangen verhandelten. Dabei kam das Gespräch auf die Goldene Bulle im Kurtrierischen Archiv; allerdings war das Archiv inzwischen an den Rechtsnachfolger des Erzbischofs in seinen rechtsrheinischen Besitzungen, den Fürsten von Nassau-Weilburg, übergegangen. Friedrich bemühte sich aber so lange bei Clemens Wenzeslaus um das wertvolle Rechtsdokument, bis dieser die Goldene Bulle vom Fürsten zurückerbat. Er erhielt sie als Privatbesitz zurück und schickte sie umgehend nach Stuttgart, wo sie am 15. Mai 1803 eintraf. Für Friedrich war der Erwerb der Goldenen Bulle von hohem symbolischem Wert; Ausdruck des Prestiges, das er damit verband, war die Anfertigung einer massiven Silberkassette, worin die Urkunde noch immer aufbewahrt wird.

Mit der Aufnahme der Goldenen Bulle in das Weltdokumentenerbe werden nicht nur die Einmaligkeit des Dokuments und seine zentrale Bedeutung für die deutsche Verfassungsgeschichte unterstrichen. Damit wird auch dem Anliegen der österreichischen und deutschen Archive zum möglichst umfassenden und präventiven Schutz in gemeinsamer politischer Verantwortung entsprochen. Immerhin handelt es sich bei der Goldenen Bulle um das erste Weltdokumentenerbe im Landesarchiv und um einen von nur drei Weltdokumentenerbe-Einträgen in Baden-Württemberg.

                                                                                                        Nicole Bickhoff

Partner: Landesarchiv Baden-Württemberg
 

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