Das römische Kastell in Mainhardt

Bild des Römermuseums in Mainhardt (Ausstellungsraum)
Das Römermuseum in Mainhardt (Ausstellungsraum)

Die wichtigste römische Fundstelle im Kreisgebiet Schwäbisch Hall stellt zweifelsohne das römische Kohortenkastell von Mainhardt dar. Seine topographische Lage ist deutlich von strategischen Gesichtspunkten geprägt. Es befindet sich auf einem leicht nach Norden geneigten Plateau, das auf drei Seiten von Taleinschnitten begrenzt und etwa 330 m von der Limesstraße entfernt ist. Der rechteckige Grundriss des Kastells (177 x 142 m) mit einer umwehrten Innenfläche von ca. 2,5 ha entspricht den üblichen Ausmaßen römischer Kohortenkastelle in Obergermanien. Allerdings ist obertägig nur noch ein kleiner Teil des ehemaligen Kastells sichtbar. Große Bereiche sind unter der modernen Bebauung des Ortskerns von Mainhardt verschwunden. Nur noch die westliche Flanke mit den beiden Ecken im Nordwesten und Südwesten und ein Abschnitt der nördlichen Kastellmauer sind in den Gärten zu erkennen. Die Fundamente des Südwestturms der Kastellmauer sind restauriert und zu besichtigen, auch die westliche Kastellmauer ist als etwa 2 m hohe Böschung entlang des Justinus-Kerner-Wegs erkennbar.

Die Forschungen im Kastellareal gehen bis in das 18. Jahrhundert zurück, als 1768 der Grundriss von Mainhardt mit den dortigen Überbleibseln von Römischen Kastellen von Christian Ernst Hansselmann, einem der wichtigsten Römerforscher der Frühzeit in Süddeutschland, publiziert wurde. Erste planmäßige Ausgrabungen im Bereich des Kastells werden der Reichs-Limeskommission verdankt, in deren Auftrag Adolf Mettler im Jahr 1893 vor allem die Umfassungsmauern mit den Türmen und die Toranlagen untersuchte. Er beschreibt die gut erhaltene Westmauer, aus der noch 1837 Mainhardter Bürger Steine für Hausbauten brachen. Nach längerer Forschungspause, die lediglich durch die Untersuchung und Konservierung der Fundamente des Südwestturms unterbrochen wurde, machten Baumaßnahmen vor allem in den 1990er-Jahren immer wieder archäologische Untersuchungen durch das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg notwendig. So gelangen im Jahr 2000 im Bereich eines kleinen Ausschnitts neue Einblicke in die Wehranlagen des Kastells: Die etwa 1,4 m breite Kastellmauer lag auf einem etwas breiteren gemörtelten Fundament, und zumindest einer der Türme an der Südseite des Kastells sprang 20 cm über die Kastellmauerflucht hinaus, eine Beobachtung, die auch für die Ecktürme zutrifft. Im Innenraum des Kastells war die Umfassungsmauer mit einer angeschütteten Erdrampe gestützt worden, die in ihrem Kern von einem Holzgerüst stabilisiert worden war. Davon fanden sich letzte Reste in Form verkohlter Holzbalken. Bestätigt werden konnte durch die neuen Grabungen ebenfalls, dass das Kastell offenbar von einem Doppelgraben umgeben war. Dabei war der innere der beiden Gräben als Spitzgraben rund 1,8 m in den anstehenden Keupersandstein eingetieft, der äußere, sogar noch 2,35 m tief, ist ebenfalls als Spitzgraben erhalten. Holzpfosten, die als dunkle, regelmäßige Verfärbungen zwischen den beiden Gräben bei den neuen Grabungen beobachtet wurden, werden als Reste einer Holz-Erde-Konstruktion gedeutet, die von einem Vorgängerbau des Steinkastells stammen könnten.

2001 gelang es erstmals zusammenhängende Strukturen der Innenbebauung freizulegen. Der Neubau zweier Einfamilienhäuser machte Ausgrabungen im Bereich des Stabsgebäudes (principia) des Kastells notwendig. Dabei wurden neben einem Brunnen, der im Innenhof des Stabsgebäudes lag, auch Spuren einer in Holzbauweise errichteten Exerzierhalle und zwei Gebäudeteile des Stabsgebäudes dokumentiert.

Dank mehrerer Inschriften ist die Besatzung des Mainhardter Kastells bekannt: Mit der cohors I Asturum equitata versah eine teilberittene Einheit, deren Soldaten ursprünglich aus Spanien stammten, ihren Dienst am vorderen Limes, nachdem die Soldaten von Walheim am Neckar nach Mainhardt verlegt worden waren. Bereits an der Wende des 2. zum 3. Jahrhundert wurde diese Einheit nach Britannien verlegt. Neben der ›normalen‹ Besatzung des Kastells ist durch einen Weihealtarfund mit Inschrift in Mainhardt auch eine Sondereinheit der römischen Provinzverwaltung nachgewiesen: die Benefiziarier (beneficiarii), die die Fernhandelsrouten und den dort zirkulierenden Warenverkehr überwachten.

Jörg Bofinger

Veröffentlicht in: Der Landkreis Schwäbisch Hall. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Schwäbisch Hall (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). Ostfildern 2005, Bd. 1, S. 108.

Suche