Die Wilhelma – vom königlichen Privatgarten zum öffentlichen Park

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Wilhelma. Quelle: Landesarchiv BW, StAL FL 420/1 DO 73
Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Wilhelma. Quelle: Landesarchiv BW, StAL FL 420/1 DO 73

Während der Bauarbeiten für das Landschloss Rosenstein (1824–1829) wurden im östlichen Teil des königlichen Parkes Mineralquellen entdeckt, was in König Wilhelm I. den Wunsch weckte, dort ein eigenes Badhaus errichten zu lassen: Dies war die Geburtsstunde der heutigen Wilhelma. Mehrere Entwürfe, darunter auch den von Hofbaumeister Giovanni Salucci, lehnte der König ab. Im November 1834 verfasste Wilhelm I. schließlich eigenhändig ein Bauprogramm, das Standort, Gestaltung und Anspruch des Badhauses konkretisierte: Nur ein Stockwerk, viereckig, mit einem inneren Hof mit Arkaden im gotischen oder lieber maurischen Stil. Der König wünschte sich also ein Gebäude privaten Charakters; dazu schienen ihm die bislang vorgelegten repräsentativen Entwürfe im griechischen Geschmack nicht geeignet zu sein. Der Rückzug in eine abgeschlossene, private Welt scheint dabei ein wichtiger Impuls gewesen zu sein. So entstand unter der Planung von Karl Ludwig von Zanth ein bauliches Ensemble, dem in den Jahren 1837–1840 noch das Wilhelma-Theater hinzugefügt wurde.

Ursprünglich waren die Gartenanlagen allein der königlichen Familie vorbehalten. Wilhelm I. wachte akribisch darüber, dass nur von ihm dazu befugte Personen Zutritt zu der Anlage erhielten, sodass eine Besuchserlaubnis einer persönlichen Ehrung gleichkam. Die Wilhelma diente zudem den Festlichkeiten des königlichen Hofes. Das nach der Überlieferung glanzvollste Fest fand am 26. September 1857 im Rahmen der Stuttgarter Kaisertage statt, als Napoleon III. und Zar Alexander II. von Russland zu politischen Verhandlungen in Stuttgart weilten.

Nach dem Tod Wilhelms I. im Jahr 1864 wurde der Zutritt zur Wilhelma etwas erleichtert, jedoch erst ab 1880 konnten alle unbescholtenen Bürger Eintrittskarten zur Besichtigung der Anlage erwerben. Nach dem Ende der Monarchie im Jahr 1918 und der Auflösung des württembergischen Hofes ging die Wilhelma in den Besitz des Volksstaats Württemberg über und wurde als botanischer Garten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht; 1939 war die Wilhelma Teil der Reichsgartenschau.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden große Teile der maurischen Bauten und der botanischen Anlagen durch Bombenangriffe zerstört. Erhalten blieben nur der Maurische Garten, Reste des Wohngebäudes und der Gewächshäuser, der Belvedere-Pavillon und die Damaszener-Halle. Erst 1949 konnte die Wilhelma wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Im Jahr 1952 brachte die Ausstellung Indische Dschungeltiere Elefanten und Tiger nach Stuttgart. Die Tiere blieben und die Wilhelma wurde in den Folgejahren zum einzigen deutschen zoologisch-botanischen Garten ausgebaut.

Martin Häußermann

Quelle: Archivnachrichten 56 (2018), S. 26.

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