Der Neckar-Donau-Kanal : Eine kurze Geschichte von gescheiterten Großprojekten

Neckar-Donau-Kanal Plochingen-Ulm, Südwestdeutscher Kanalverein für Rhein, Neckar und Donau, Stuttgart 1954. Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS J 121/695 Nr. 1
Neckar-Donau-Kanal Plochingen-Ulm, Südwestdeutscher Kanalverein für Rhein, Neckar und Donau, Stuttgart 1954. Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS J 121/695 Nr. 1

Das Großprojekt einer Wasserstraße vom Neckar quer über die Schwäbische Alb zur Donau sowie eine Schifffahrtsverbindung der Donau mit dem Bodensee wurde über zwei Jahrhunderte hinweg geplant. Unter Herzog Karl Eugen wurde 1784 eine Verkehrs- und Handelsvereinbarung zwischen Bayern und Württemberg getroffen. Beide Länder beabsichtigten, die Neckarschifffahrt auszubauen, um den Warenhandel zu fördern. Kaum war die Vereinbarung bekannt, meldete sich ein Giacomo Natale aus Mainz und schlug in einem Schreiben an den Herzog vor, einen Kanal zwischen Neckar und Donau zur Verbesserung des Handels mit Italien zu erbauen. Der württembergische Diplomat Abel berichtete daraufhin dem Herzog, dass das Projekt sinnvoll und für das Land und seinen Kommerz nützlich sei – mehr geschah nicht.

Im Jahr 1802 wandte sich der württembergische General Ferdinand Varnbüler (1774–1830) an Herzog Friedrich, den späteren ersten König von Württemberg. Varnbüler schlug eine Wasserweg-Verbindung von Rhein und Neckar vor, die über die Flüsse Rems, Kocher und Brenz bis zur Donau bei Gundelfingen reichen sollte. Doch wurde auch dieser Plan nicht umgesetzt.

Varnbüler gab nicht auf, bei König Wilhelm I. unternahm er im Jahr 1828 einen weiteren Versuch. In seiner Denkschrift Über die wichtige Beziehung, in welcher das Königreich Württemberg in Absicht auf den allgemeinen Handel steht erörterte er die Verbesserung der württembergischen Verkehrswege für den nationalen und internationalen Handel und seinen Nutzen für Württemberg. Er propagierte den Ausbau der Wasserstraßen als eigentliches Ziel der Verkehrspolitik. Als das für Württemberg wertvollste Projekt, das auch den Anschluss nach Friedrichshafen ermöglicht hätte, erachtete er den Erms-Lauter-Kanal. Dieser sollte eine Verbindung vom Rhein über den Neckar zur Donau und von dort zum Bodensee ermöglichen. Auch dieser Plan fand keine Gnade. Gerade in der Zeit der beginnenden Industrialisierung, bevor die Eisenbahn die Logistikprobleme im wachsenden innereuropäischen Warenhandel lösen half, waren Kanalbauprojekte von großem Interesse. Doch mit dem Siegeszug der Eisenbahn, dem Bau der Strecke von Stuttgart über Ulm nach Friedrichshafen verstummte die Kanaldiskussion.

Erst das im Jahr 1904 gegründete Neckar-Donau-Kanal-Komitee befasste sich wieder mit Kanalplänen: einer Verbindung von Neckar und Donau sowie einer Schifffahrtsstraße von der Donau zum Bodensee. Im Auftrag des Komitees erarbeiteten Baurat Gugenhan und Regierungsbaumeister Eberhardt im Jahr 1908 eine Broschüre mit dem Titel Die württembergischen Grossschiffahrtspläne, die detailliert die technische Ausführung des Kanalbaus erörterte. Mitten im Ersten Weltkrieg wurde als Nachfolger des Komitees der Südwestdeutsche Kanalverein für Rhein, Neckar und Donau e.V. gegründet. Tatsächlich wurde 1920 offiziell mit dem Ausbau des Neckars zur Schifffahrtsstraße begonnen.

Besonders der spätere Präsident der Neckar-Aktiengesellschaft Otto Konz (1875 –1965) war ein glühender Verfechter der Ausbaupläne der Neckarschifffahrt. Außerdem plante und förderte er einen Neckar-Donau-Kanal von Plochingen nach Ulm sowie einen Donau-Bodensee-Kanal. Beiden Projekten widmete er Denkschriften, die in den Jahren 1950 und 1954 erschienen. Die Kanalisation des Neckars war sein Lebenswerk und eine Aufgabe, die er nie aus dem Auge verlor, selbst als er während der Nazidiktatur aus dem Amt gejagt wurde. Bereits zu Beginn der Arbeiten geriet der Ausbau des Neckars in die Kritik und Bürgerinitiativen protestierten dagegen, die Schönheit des ganzen Neckartals zu zerstören. Doch die wirtschaftspolitischen Interessen setzten sich durch.

Mit der Fertigstellung des Neckarausbaus zwischen Mannheim und Plochingen im Jahr 1968 war das Ziel einer wirtschaftlichen Neckarfrachtschifffahrt vorerst erreicht. Die weiterführenden Kanalausbaupläne wurden zu Beginn der 1970er Jahre endgültig zu den Akten gelegt. Denn die zu erwartenden Kosten waren zu hoch, die technischen Schwierigkeiten unkalkulierbar und der LKW hatte seinen Siegeszug über die Straßen des Landes längst angetreten.

 Peter Bohl

Quelle: Archivnachrichten 51 (2015), S.22-23.

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