Musikleben in Öhringen

Orgelprospekt in der Öhringer Stiftskirche. Copyright: LABW
Orgelprospekt in der Öhringer Stiftskirche. Copyright: LABW

Im Mittelalter war das Chorherrenstift mit seiner Stiftsschule der Ort zur Pflege der Musik, genauer: des liturgischen Gesangs. Nach der Reformation gingen die Aufgaben des Musikunterrichts und des Figuralgesangs im Gottesdienst auf die Lateinschule über; verantwortlich dafür war der Kantor. So war es allgemein üblich, und besondere Ereignisse sind nicht überliefert. Erst das 18. Jahrhundert brachte eine bescheidene Blüte der Musikpflege an Kirche und Hof hervor. 1732 wurde die von Johann Christoph Wigleben geschaffene Orgel eingeweiht. Einer Zeichnung Georg Peter Schillingers zufolge handelte es sich um ein Werk mit zwei Manualen und Pedal. 1735 wurde Johann Heinrich Bach (1707–1783), ein Sohn des älteren Bruders von Johann Sebastian, als Kantor angestellt; er blieb in Öhringen bis zu seinem Tod. Dies ist nur eines von mehreren Indizien für den damals starken thüringischen Einfluss auf die Kirchenmusik im Hohenlohischen. Er hatte seinen Grund darin, dass 1631 die Grafschaft Gleichen – genauer: die Obergrafschaft mit der Stadt Ohrdruf – an Hohenlohe-Neuenstein gefallen war. 1749 komponierte Johann Heinrich Bach eine Huldigungsmusik für den Erbgrafen Ludwig Friedrich Karl von Hohenlohe. Die Musik am Hof hatte nach dem Zeugnis des sach- und ortskundigen Pfarrers Karl Ludwig Junker keinen hohen Rang; zu den beschäftigten Musikanten gehörten freilich noch hie und da die Stadtmusikanten, die an einigen Orten als z.B. in Oehringen recht gut sind. Nur Fürst Ludwig Friedrich Karl (seit 1765), der Gemahl Sophie Amalie Carolines von Sachsen-Hildburghausen, war musikalisch und am Aufbau einer Hofmusik interessiert. Ihr erster Direktor wurde Jakob Andreas Möhling (1735–1779) aus Hildburghausen, sein Nachfolger 1780 Johann Nicolaus Denninger. Das sind heute vergessene Namen, allerdings haben sich von Denninger immerhin zwei Klavierkonzerte, zwei Klavier-Violin-Sonaten und drei Klaviertrios erhalten. Ist diese Musik gut? Im damaligen Musikleben hatte sie ihre Funktion, und das gewiss zufriedenstellend.

Da Fürst Ludwig Friedrich Karl ohne Erben starb, fiel die Herrschaft in Öhringen an Hohenlohe-Ingelfingen, und das höfische Musikleben in der Stadt nahm ein Ende. Erst relativ spät, 1829, wurde ein Männergesangverein als Träger der bürgerlichen Musikpflege gegründet. 1872 folgte der Arbeiterbildungsverein, aus dem später der Liederkranz hervorging, und nochmals ein halbes Jahrhundert später, 1923, der Orchesterverein.

Andreas Traub

Veröffentlicht in: Der Hohenlohekreis. Hg. v. der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Hohenlohekreis (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg). Ostfildern 2006, Bd. 2, S. 220. 

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