Der „gemeine Mann“: Die Zusammensetzung der Aufständischen

von Tim-Luka Schwab

In einem Monatszyklus stellt der aus Nürnberg stammende Maler und Kupferstecher Hans Sebald Beham (1500-1550) verschiedene Szenen aus dem Alltag des Gemeinen Mannes dar. Hier zu sehen ist die Darstellung der Monate Mai und Juni. Kupferstich, um 1550 [Quelle: Wikipedia, gemeinfrei]
In einem Monatszyklus stellt der aus Nürnberg stammende Maler und Kupferstecher Hans Sebald Beham (1500-1550) verschiedene Szenen aus dem Alltag des Gemeinen Mannes dar. Hier zu sehen ist die Darstellung der Monate Mai und Juni. Kupferstich, um 1550 [Quelle: Wikipedia, gemeinfrei]

Wozu ist eine (sozial-)wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Themenkomplex „Gesellschaftsstrukturen des Bauernkrieges“ überhaupt notwendig, legt der Begriff „Bauernkrieg“ die gesellschaftliche Struktur der damaligen „Haufen“ doch so nahe? Doch damit nicht genug: Karl Marx deutete den „Bauernkrieg“ als konsequenten Aufstand eines unterdrückten Volkes im Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus. In der DDR-Geschichtsschreibung wurde sogar das Konzept einer „frühbürgerlichen Revolution“ entwickelt. Doch die Frage drängt sich auf, ob sich die Gesellschaftsstruktur des Bauernkrieges wirklich in diesen Kategorien fassen lässt.

Peter Blickle bezeichnete die Ereignisse von 1525 als „Empörung / Revolution des gemeinen Mannes“, denn der Begriff eines „Bauernkrieges“ weise eine deutliche begriffliche Unschärfe hinsichtlich der Sozialstruktur der Aufstände von 1525 auf. Der herrschaftlichen Sicht auf die Aufstände und ihrer Überlieferung, die die Träger der Erhebungen von 1525 als „bäuerliche Haufen“ charakterisierte, stehen zahlreiche Quellenbefunde gegenüber, die zeigen, dass ebenfalls Bürger landsässiger Städte, reichsstädtische Bewohner mit und ohne Bürgerrecht sowie Bergknappen an den Aufständen beteiligt waren. Im Herzogtum Württemberg sympathisierte sogar ein Teil der Ehrbarkeit mit dem dortigen Aufstand, in Franken waren auch Angehörige der Ritterschaft – allen voran Götz von Berlichingen und Florian Geyer – beteiligt. In den zeitgenössischen Quellen findet sich in allen Aufstandsgebieten der Begriff des „gemeinen Mannes“ als Träger der Erhebungen. Im Jahr 1525 wurde hierunter der nicht herrschaftsfähige Untertan verstanden, womit der Gegensatz zur Obrigkeit herausgestellt wurde und eine Vielzahl (bereits genannter) gesellschaftlicher Gruppen umfasst wurde. Trotz der ebenfalls nicht zu verleugnenden Unschärfe des Begriffes – weil sich eben auch Angehörige des Adels an den Aufständen beteiligten - kann abschließend festgehalten werden, dass der Begriff des „gemeinen Mannes“ deutlich präziser und umfassender die Beteiligten an den Ereignissen von 1525 beschreibt als der herrschaftlich tradierte Begriff der „Bauern.“

Literatur

  • Blickle, Peter, Der Bauernkrieg. Die Revolution des Gemeinen Mannes, München 2018.
  • Blickle, Peter, Der Deutsche Bauernkrieg von 1525, Darmstadt 1985.
  • Blickle, Peter, Die Revolution von 1525, München 2004.
  • Sabean, Warren D., Landbesitz und Gesellschaft am Vorabend des Bauernkriegs. Eine Studie der sozialen Verhältnisse im südlichen Oberschwaben in den Jahren vor 1525, Stuttgart 1972.
  • Wehler, Hans-Ulrich, Der Deutsche Bauernkrieg 1524-1526, Göttingen 1975.

Zitierhinweis: Tim-Luka Schwab, Der „gemeine Mann“: Die Zusammensetzung der Aufständischen, in: Bauernkrieg, URL: […], Stand: 07.06.2024.

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