Die habsburgische Herrschaft im Herzogtum Württemberg 1519/20–1534
von Marius Wieandt
Der Bauernkrieg fällt für Württemberg in eine Zeit, in der das Herzogtum nicht von der angestammten Dynastie des Hauses Württemberg beherrscht wurde. Stattdessen war Württemberg während der 14 Jahre zwischen 1520 und 1534 Teil der Ländermasse des Hauses Habsburg, das auch den Kaiser des Reiches stellte.
Vertreibung Herzog Ulrichs und Verkauf des Herzogtums
Im Januar 1519 hatte Herzog Ulrich von Württemberg die Reichsstadt Reutlingen angegriffen, was dazu führte, dass der Schwäbische Bund, dem auch Reutlingen angehörte, sich gegen den Herzog zusammenschloss und in einem schnellen Feldzug Württemberg eroberte und Ulrich vertrieb.
Nach der Eroberung mussten die Mitglieder des Bundes entscheiden, wie mit dem eroberten Herzogtum weiter zu verfahren sei. Um sich die hohen Kosten des Krieges erstatten zu lassen und eine künftige Rückkehr Herzog Ulrichs zu vermeiden, wurde im Februar 1520 nach langwierigen Verhandlungen die Entscheidung getroffen, das Herzogtum an Karl V. zu verkaufen, der im Vorjahr zum Kaiser des Reiches erwählt worden war.
Für das Haus Habsburg war der Kauf Württembergs aus einer Reihe von Gründen reizvoll: So stellte Württemberg ein Verbindungsglied zwischen Tirol auf der einen Seite und den habsburgischen Besitzungen vom Breisgau bis ins Elsass sowie den Schwarzwald auf der anderen Seite dar, zudem erhoffte man sich von dem fruchtbaren Herzogtum hohe Einnahmen aus dem Handel mit Wein und Getreide und sah eine Möglichkeit, die verfeindeten Schweizer Eidgenossen durch ihre Abhängigkeit von württembergischem Getreide unter Druck zu setzen.
Dieser Kauf eines Herzogtums und die weitgehende Entmachtung eines Fürstengeschlechts galten bereits den Zeitgenossen als wenig legitim. Viele Fürsten des Reiches sahen darin eine Verletzung ihrer ‚fürstlichen Libertät‘ durch den Kaiser.
Politik der habsburgischen Statthalterregierung
In den frühen Jahren der habsburgischen Herrschaft gelang es der neuen Regierung zunächst gut, sich des Rückhalts der lokalen Eliten zu versichern. Gerade die Vertreter der großen Städte waren mit Herzog Ulrich unzufrieden gewesen und nun gern bereit, mit den neuen Machthabern zu kooperieren.
Während eines kurzen Rückkehrversuchs 1519 hatte Ulrich den Tübinger Vertrag, der der württembergischen Landschaft Teilhabe an der Regierung zusicherte, für nichtig erklärt. Demgegenüber gestand die habsburgische Regierung der württembergischen Oberschicht weitreichende Mitbestimmungsrechte zu und bemühte sich nach dem Herrschaftswechsel an württembergische Traditionen anzuknüpfen. Nicht nur wurde der Tübinger Vertrag bestätigt und erweitert, die Landschaft wurde mithilfe von verschiedenen Ausschüssen und Beteiligung an der Finanzverwaltung auch stark in die Regierung eingebunden.
Insgesamt war die Politik der Statthalterregierung stark von der ansässigen württembergischen Oberschicht geprägt. Auf den Gemeinen Mann wurde seitens der Statthalterregierung in Württemberg dagegen wenig Rücksicht genommen. Besonders die hohe Steuerlast, mit der die hohen Schulden des Herzogtums getilgt werden sollten, wurde als drückend empfunden.
Der Bauernkrieg im Herzogtum Württemberg
In der Folge beteiligten sich auch württembergische Untertanen an den Unruhen des Jahres 1525. Noch vor Beginn des eigentlichen Bauernkriegs unternahm im Februar 1525 Ulrich einen weiteren Rückeroberungsversuch Württembergs. Unterstützt wurde er dabei neben Schweizer Söldnern auch von aufständischen Bauern.
Die Stuttgarter Statthalterregierung dagegen hatte große Schwierigkeiten, württembergische Untertanen zum Kampf gegen Ulrich auszuheben, sodass sie letztlich sowohl bei Ulrichs Rückeroberungsversuchen als auch bei der Niederschlagung der Bauern auf die Hilfe des Schwäbischen Bundes angewiesen war.
Georg von Waldburg-Zeil, der das Heer des Bundes im Kampf gegen die Bauern geführt und diese am 12. Mai 1525 bei Böblingen besiegt hatte, erhielt in Anerkennung seiner Leistung und infolge der Abhängigkeit der Habsburgischen Regierung vom Schwäbischen Bund die Statthalterschaft des Herzogtums zugesprochen.
Folgen des Bauernkriegs für die habsburgische Herrschaft
Nach den Konflikten des Jahres 1525 suchte die Statthalterregierung die Lage wieder zu stabilisieren und durch Repressionen insbesondere gegen die ländlichen Untertanen ihre Herrschaft zu sichern. So wurden Versammlungen verboten und das Recht der Untertanen zum Tragen von Waffen, das ihnen erst vier Jahre zuvor von der Habsburgischen Regierung zugestanden wurde, wurde wieder einkassiert.
Jedoch bedeutete das Jahr 1525 auch eine Zäsur im Verhältnis der württembergischen Oberschicht zur Regierung in Stuttgart. Die Landschaft erkannte, wie wenig Rückhalt die Statthalterregierung in der Untertanenschaft genoss und wie sehr sie von der Hilfe des Schwäbischen Bundes abhängig war.
Der Stuttgarter Regierung wiederrum wurde offenkundig, dass sie sich nicht auf die Landschaft verlassen konnte, die sich während des Aufstandes nicht im geforderten Maß an der Verteidigung der etablierten Ordnung beteiligt hatte. In der Folge wurde das Verhältnis zwischen Oberschicht und habsburgischer Regierung zunehmend kühl und angespannt.
Rückkehr Herzog Ulrichs nach der Schlacht bei Lauffen
Diese mangelnde Legitimität in der Bevölkerung sowie die Auflösung des Schwäbischen Bundes infolge konfessioneller Gegensätze innerhalb des Bündnisses ermöglichten es Ulrich im Jahr 1534 in sein Herzogtum zurückzukehren. Auch hatten sich die Interessen des Hauses Habsburg in den vergangenen Jahren weiter nach Osten, nach Ungarn und gegen das Osmanische Reich verschoben. In der Schlacht bei Lauffen am 13. Mai 1534 schlug Ulrich mit dem Heer seines Verbündeten, dem hessischen Landgrafen Philipp, ein kleineres habsburgisches Heer und brachte das Herzogtum rasch wieder unter seine Kontrolle, womit die habsburgische Herrschaft über Württemberg nach nur vierzehn Jahren bereits wieder endete.
Literatur
- Brendle, Franz, Dynastie, Reich und Reformation. Die württembergischen Herzöge Ulrich und Christoph, die Habsburger und Frankreich, Stuttgart 1998 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B: Forschungen, S. 141).
- Heyd, Ludwig Friedrich, Ulrich, Herzog zu Württemberg. Ein Beitrag zur Geschichte Württembergs und des deutschen Reichs im Zeitalter der Reformation, Bd. 2: Württemberg unter Oestreich, 1519-1534, Tübingen 1841.
- Kühnle, Nina, Wir, Vogt, Richter und Gemeinde. Städtewesen, städtische Führungsgruppen und Landesherrschaft im spätmittelalterlichen Württemberg (1250-1534), in: Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde, Bd. 78, Ostfildern 2017.
- Puchta, Hans, Die habsburgische Herrschaft in Württemberg 1520-1534, München 1967.
- Wendt, Georg, Legitimation durch Vermittlung. Herrschaftsverdichtung und politische Praxis in Württemberg am Beispiel von Kirchheim/Teck, Schorndorf und Steinheim/Murr (1482-1608), in: Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde, Bd. 79, Ostfildern 2018.
Zitierhinweis: Marius Wieandt, Die habsburgische Herrschaft im Herzogtum Württemberg 1519/20–1534, in: Bauernkrieg, URL: […], Stand: 07.06.2024.

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