Heggbacher Chronik
von Dominik Wabersich
Die Heggbacher Chronik ist die Aufzeichnung des Zisterzienserinnenklosters Heggbach bei Biberach. Die Entstehungszeit liegt mit 1541 kurz nach den Ereignissen des Bauernkriegs, sodass der Text zwar eine unmittelbare Reaktion, allerdings auch eine retrospektive Perspektive auf die Geschehnisse darstellt.
Seit dem späten 19. Jahrhundert gilt die Heggbacher Chronik im Original als verschollen. Allerdings ist ein Zugang über die Quellensammlung von Franz Ludwig Baumann aus dem Jahr 1876 und die sich daran anschließende Sammlung ausgewählter Quellen von Günther Franz aus dem Jahr 1963 möglich.
Auch wenn die genaue Autorschaft der Heggbacher Chronik nicht abschließend geklärt ist, wird angenommen, dass sie von einer Klosterangehörigen verfasst wurde. Es ist deshalb für die Heggbacher Chronik besonders hervorzuheben, dass sie eine der wenigen Stimmen von Frauen aus dieser Zeit überliefert und einen Zugang zu einer weiblichen Perspektive auf die Ereignisse in Oberschwaben bietet.
Die Heggbacher Chronik beschreibt insbesondere die Auswirkungen des Bauernkriegs auf das Kloster und seine Besitzungen. Sie berichtet von den Angriffen und Plünderungen durch aufständische Bauern sowie von den Ängsten und Reaktionen der Klosterbewohnerinnen. Die Heggbacher Chronik eröffnet nicht nur eine weibliche Perspektive auf den Bauernkrieg, sondern belegt zudem die Beteiligung von Frauen an den Ereignissen:
„[…] und kamend die bösen Wiber und händletent min Frauen und die Amptfrauen, si hetent den Punt über ir Mann angerieft, und wen man ire Mann todte, so weltent sie herin und inen die Augen uskrezen, und sie müessent nuß und die Kien melken und bös Jubben tragen, und si herin und saubere Belzlin tragen, und man würd uns in den gemainen Hufen triben und daß Heß ob dem Haupt zuesament binden, und mir müesset auch Kint hon und uns Wehe geschehen lon, wie inen, vor hetten wir es bei den zwaien Bichter und bi dem Hofmaister gehept.“[1]
In ihrer Darstellung zeigt die Chronik nicht zuletzt, indem sie sich dem Topos der ‚bösen Weiber‘ bedient, eine klare Parteinahme für den bedrängten Klosterkonvent und verurteilt die bäuerlichen Forderungen. Dies entspricht der Perspektive der überlieferten klösterlichen Quellen aus dieser Zeit, die die Aufstände als Bedrohung der bestehenden Ordnung wahrnahmen.
Die Heggbacher Chronik ist von besonderem Wert für die Erforschung des Bauernkriegs in Oberschwaben. Sie ergänzt andere zeitgenössische Quellen, darunter Ratsprotokolle und Flugschriften, indem sie die Reaktionen der kirchlichen Institutionen auf die Aufstände dokumentiert, und die quantitativ dominierende Perspektive männlicher Autoren durch eine weibliche komplementiert.
Anmerkungen
[1] Franz, Quellen zur Geschichte des Bauernkriegs, S. 142.
Quellen
- Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges in Oberschwaben, hg. von Franz Ludwig Baumann, Tübingen 1876, S. 283.
- Ulrich Schmidt und der Baltringer Haufen. Bericht einer Nonne aus Kloster Heggbach, in: Quellen zur Geschichte des Bauernkriegs, hg. von Günther Franz, Darmstadt 1963, S. 140–143.
Literatur
- Beck, Otto, Die Reichsabtei Heggbach. Kloster – Konvent – Ordensleben. Ein Beitrag zur Geschichte der Zisterzienserinnen, Sigmaringen 1980.
- Blickle, Peter, Der Bauernkrieg. Die Revolution des Gemeinen Mannes, München 2024.
- Blickle, Peter, Die Revolution von 1525, München 2004.
- Kobelt-Groch, Marion, Aufsässige Töchter Gottes. Frauen im Bauernkrieg und in den Täuferbewegungen, Frankfurt a. M./New York 1993.
- Seifert, Judith, „und kamen die bösen Wiber“ – Frauen im Bauernkrieg: Sturm auf Heggbach, in: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 32, Heft 2 (2009), S. 30–35.
- Ulbrich, Claudia, Die Heggbacher Chronik. Quellenkritisches zum Thema Frauen und Bauernkrieg, in: Verflochtene Geschichte(n). Ausgewählte Aufsätze zu Geschlecht, Macht und Religion in der Frühen Neuzeit, hg. von Andrea Griesebner u.a., Wien u.a. 2014, S. 88–98.
Zitierhinweis: Dominik Wabersich, Heggbacher Chronik, in: Bauernkrieg, URL: […], Stand: 07.06.2024.

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