Die Weißenauer Chronik

von Amelie Bieg

Plünderung des Klosters Weißenau. [Vorlage: Weißenauer Chronik des Abts Jakob Murer über den Bauernkrieg von 1525, Kopie von Sebastian Abt, 1725. Quelle: Landesarchiv BW, HStAS B 523 Bd.58 Bl.6]
Plünderung des Klosters Weißenau. [Vorlage: Weißenauer Chronik des Abts Jakob Murer über den Bauernkrieg von 1525, Kopie von Sebastian Abt, 1725. Quelle: Landesarchiv BW, HStAS B 523 Bd.58 Bl.6]

Die Weißenauer Chronik wurde vom Abt des Weißenauer Prämonstratenserklosters Jacob Murer (um 1460–1533, seit 1523 Abt) verfasst. Murer „hat auf der äußeren Seite von 12 Bogen Papier die Geschehnisse im Bauernkrieg aufgeschrieben, die auf der Innenseite der Bogen gezeichnet werden sollten.“[1] Mit Ausnahme des Bildes zwischen Blatt 3 und 4 wurden alle Bilder ausgeführt.

Die Chronik Murers behandelt ausschließlich die Ereignisse, die das Kloster Weißenau [Bild 1] und seine Klosterdörfer in den Monaten Februar, März und April 1525 betrafen. [Bild 2] In dieser Zeit wurde das Kloster von den Aufständischen aus Rappertsweiler sowie aus den Weißenauer Klosterdörfern besetzt. Sie wollten den Abt dazu zwingen, sich ihnen anzuschließen und seine Pfarrer anzuweisen, das echte Evangelium, also reformatorisch, zu predigen. [Bild 3]

Außerdem hatten die Bauern gefordert, die Lehensgüter in Eigengüter umzuwandeln, da sie diese mittlerweile durch die vielen Abgaben bereits bezahlt hätten. Der Weißenauer Hintersasse Stephan Rahl, der zu den vermögendsten Untertanen des Klosters gezählt hatte, wurde dabei zum Anführer der Bauern. Um keine Zugeständnisse machen zu müssen, flüchteten Murer und ein Großteil des Konvents mitsamt den Klosterschätzen nach Ravensburg. [Bild 4]

Die Besatzer des Klosters, die einen eigenen Abt als Regenten wählten, nutzten das Kloster und seine Vorräte zur Versorgung der verschiedenen Bauernhaufen der Umgebung. [Bild 5] Auf der zugehörigen Abbildung ist zu sehen, wie die Bauern die Fischbecken, die Pfisterei und die Vorräte des Klosters leerten, wie sie ein Gelage veranstalteten und sich gegenseitig mit Waffen bekämpften. [Bild 6]

Von Weißenau aus zogen die Bauern weiter nach Ochsenhausen und Schussenried, wo sie ebenfalls die Klöster plünderten, was ebenfalls in der Chronik in Wort und Bild festgehalten ist [Bild 7], wie das Vorrücken des Schwäbischen Bundes unter Georg Truchsess von Waldburg. [Bild 8]

Nach dem Abschluss des Weingartener Vertrages weigerten sich zunächst die Weißenauer Bauern dem Abt gemäß der Vertragsregelungen zu huldigen. [Bild 9] Murer begann deshalb Landsknechte aus dem Allgäu in Richtung Kloster zu schicken, was schließlich dazu führte, dass die Bauern der Huldigung zustimmten. Mit dieser Huldigung, die ebenfalls bildlich dargestellt ist, endet die Chronik von Jacob Murer. [Bild 10]

Die Weißenauer Bilderchronik ist einzigartig in ihrer Form, die in einer „unmittelbaren, lebendigen Erzählerkunst“[2] die Geschehnisse des Bauernkrieges aus der Sicht des Abtes schildert. Die Chronik befindet sich heute im Fürstlich-Waldburgisch-Zeilschen Archiv.

1725 wurde die Chronik im Auftrag des Weißenauer Abtes Antonius Unhold kopiert, jedoch sind die Abbildungen der Bauern, die im Stil des 17. Jahrhunderts aufgeführt sind, „ohne historischen Bildniswert“.[3] Diese Abschrift befindet sich im Hauptstaatsarchiv Stuttgart.

Anmerkungen

[1] Jacob Murers Weißenauer Chronik des Bauernkrieges von 1525, S. 15.

[2] Fleischhauer, Kunstgeschichtliche Einordnung, S. 59.

[3] Fleischhauer, Kunstgeschichtliche Einordnung, S. 60.

Quellen

  • Bauernkrieg um Weissenau von Abt Jacob Murer, in: Quellen zur Geschichte des Bauernkriegs in Oberschwaben, hg. von Franz Ludwig Baumann, Tübingen 1876, S. 495-505.
  • Jacob Murers Weißenauer Chronik des Bauernkrieges von 1525. Faksimile, hg. von Günther Franz, Sigmaringen 1977.
  • Jacob Murers Weißenauer Chronik des Bauernkrieges von 1525. Text und Kommentar, hg. von Günther Franz, Sigmaringen 1977.
  • Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, B 523, Bd. 58.

Literatur

  • Fleischhauer, Werner, Kunstgeschichtliche Einordnung der Bilder, in: Jacob Murers Weißenauer Chronik des Bauernkrieges von 1525. Text und Kommentar, hg. von Günther Franz, Sigmaringen 1977, S. 57-60.
  • Heidenreich, Benjamin, Ein Ereignis ohne Namen. Zu den Vorstellungen des Bauernkriegs von 1525 in den Schriften der Aufständischen und in der zeitgenössischen Geschichtsschreibung (Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte, Bd. 59), Berlin/Boston 2019.
  • Jacob Murers Weißenauer Chronik des Bauernkrieges von 1525. Text und Kommentar, hg. von Günther Franz, Sigmaringen 1977.

Zitierhinweis: Amelie Bieg, Die Weißenauer Chronik, in: Bauernkrieg, URL: […], Stand: 07.06.2024.

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