Sebastian Lotzer (geb. um 1494, gest. nach 1525)

von Pauline Zondler

Die Bundesordnung vom 6. März 1525 nach einem Entwurf von Sebastian Lotzer, Druckausgabe von Heinrich Steiner, Augsburg, 1525. [Quelle: Bayerische Staatsbibliothek, Res/4 Eur. 332,33]
Die Bundesordnung vom 6. März 1525 nach einem Entwurf von Sebastian Lotzer, Druckausgabe von Heinrich Steiner, Augsburg, 1525. [Quelle: Bayerische Staatsbibliothek, Res/4 Eur. 332,33]

Sebastian Lotzer wurde wahrscheinlich um 1494 in Horb geboren. Sein Vater hatte studiert, verwaltete kirchliches Eigentum und war eine Zeit lang Bürgermeister von Horb. Anders als seine Brüder entschied sich Lotzer jedoch bewusst gegen das von seinem Vater für ihn angedachte Theologiestudium. Er glaubte sich so in der Tradition der Jünger Jesu und vertrat damit die Vorstellung eines Laienpriestertums.

1521 wird er das erste Mal in den Memminger Steuerbüchern als Basty Lotscher erwähnt. Über die Zeit davor ist wenig bekannt; vermutlich war er bei einem Kürschner in die Lehre gegangen. In Memmingen war er war mit Margreth Weigelin, einer Krämertochter, verheiratet und hatte mehrere Kinder.

Durch die Verfügbarkeit von Luthers Schriften in Memmingen setzte er sich intensiv mit Luther, aber auch mit anderen Reformatoren auseinander. In der Folge machte Lotzer sich Luthers Position zu eigen und begann sie öffentlich zu vertreten: Er verfasste zwischen 1521 und 1525 fünf Flugschriften, in denen er Luthers Lehre verteidigte und erstellte ein evangelisches Handbüchlein, in dem er die reformatorische Lehre systematisch darlegte und biblisch untermauerte. In Memmingen gehörte er außerdem zu einem reformatorischen Bibelkreis, der immer wieder durch Straßenaktionen auffiel. Allerdings war er kein radikales Mitglied des Konventikels und lehnte jede Gewalt ab.

Auch bei den Memminger Bauern war Lotzer angesehen. Als diese ihre Beschwerden dem städtischen Rat vorlegen sollten, wurde er als Verfasser ausgewählt. So formulierte er zwischen dem 24. Februar und dem 1. März die zehn Memminger Artikel.

In Baltringen bildete sich zu dieser Zeit unter der Führung Ulrich Schmids ein Haufen. Als Schmid in Memmingen war, wurde ihm Lotzer als Feldschreiber vorgeschlagen. In dieser Funktion war er maßgeblich an der Formulierung der Baltringer Beschwerden beteiligt und schrieb auch, als sich die Allgäuer-, Baltringer- und Bodenseehaufen in Memmingen trafen und sich zur Christlichen Vereinigung zusammenschlossen, einen Entwurf für die Bundesordnung vom 6. März.

Dabei entstanden ebenfalls die Zwölf Artikel, deren Autorenschaft umstritten ist. Die Artikel selbst, die die Forderungen der Bauern zu einem einheitlichen Programm zusammenfassen, wurden zweifellos von Lotzer verfasst. Meist werden die Präambel und die Marginalien dagegen dem Memminger Prediger Christoph Schappeler zugeschrieben, manches spricht allerdings auch dafür, dass Lotzer die Marginalien verfasst hat.

Seine Tätigkeiten als Feldschreiber sind noch bis zum 22. März belegbar. Am 21. April 1525 wurde ein Haftbefehl für Sebastian Lotzer vom Schwäbischen Bund an den Rat in Memmingen überstellt; Lotzer war zu dieser Zeit allerdings schon nicht mehr in der Stadt. Danach verlieren sich von ihm alle Spuren.

Literatur

  • Blickle, Peter, Memmingens Rang in der Geschichte der Reformation, in: Zwölf Artikel und Bundesordnung der Bauern, Flugschrift „An die versamlung gemayner pawerschafft“. Traktate aus dem Bauernkrieg von 1525, hg. von Christoph Engelhard (Materialien zur Memminger Stadtgeschichte 2), Memmingen 2000, S. 2-19.
  • Brecht, Martin, Der theologische Hintergrund der Zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben von 1525. Christoph Schappelers und Sebastian Lotzers Beitrag zum Bauernkrieg, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 85 (1974) S. 30-64.
  • Dies., Gründe für Lotzers Verfasserschaft der Memminger Bauerbeschwerden und der Zwölf Artikel, in: Die 12 Bauernartikel. Flugschrift aus dem Frühjahr 1525, hg. von ders. (Memminger Geschichtsblätter, Sonderheft), Memmingen 2018, S. 20-26.
  • Dies., Lotzers Motive für seinen sozial-politischen Einsatz in den Zwölf Artikeln, in: Die 12 Bauernartikel. Flugschrift aus dem Frühjahr 1525, hg. von ders. (Memminger Geschichtsblätter, Sonderheft), Memmingen 2018, S. 47-58.
  • Ruszat-Ewig, Heide, Familiärer Hintergrund Lotzers und sein Eintreten für die Lehre Luthers, in: Die 12 Bauernartikel. Flugschrift aus dem Frühjahr 1525, hg. von ders. (Memminger Geschichtsblätter, Sonderheft), Memmingen 2018, S. 12-19.
  • Trummer, Natalie, Christoph Schappeler. Fragmente seiner Biographie, in: Der Bauernkrieg in Oberschwaben, hg. von Elmar L. Kuhn, Tübingen 2000, S. 271-293.

Zitierhinweis: Pauline Zondler, Sebastian Lotzer (geb. um 1494, gest. nach 1525), in: Bauernkrieg, URL: […], Stand: 07.06.2024.

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