Die Christliche Bruderschaft

von Marius Wieandt

Die Ursprünge der Christlichen Bruderschaft

Die Christliche Bruderschaft war eine überterritoriale Vereinigung der Bauernschaft im Hegau, Schwarzwald und Breisgau, vergleichbar mit der Christlichen Vereinigung in Oberschwaben. Anders als jene wurde die Christliche Bruderschaft wegen der schlechten Überlieferungssituation aber lange Zeit nicht als eine eigene großräumige Bewegung wahrgenommen; erst um die Jahrtausendwende wurde sie von Horst Buszello und Casimir Bumiller als eigene Bewegung erkannt.

Bereits im Herbst 1524 gab es im späteren Wirkungsraum der Christlichen Bruderschaft die ersten Unruhen und bäuerlichen Vereinigungen. Bei der Hilzinger Kirchweih kam es zum ersten Bündnisschwur in der Region. Als Selbstbezeichnung taucht die Christliche Bruderschaft im März 1525 auf; der Begriff der Bruderschaft verweist auf das mittelalterliche Bruderschaftswesen und meint durch Eid zusammengekommene Solidargemeinschaften.

Die Expansion der Christlichen Bruderschaft und Ulrich von Württemberg als Mitglied der Bruderschaft

Seit etwa Anfang April bemühte sich die Christliche Bruderschaft, mit einer erfolgreichen Mischung aus Freiwilligkeit und Zwang, Dörfer und größere Orte in der Region zum Anschluss an das Bündnis zu bringen. Zeitgleich zur militärischen und politischen Festigung der Christlichen Bruderschaft im Hegau und Breisgau erlitten die oberschwäbischen Aufständischen in den Schlachten bei Leipheim (4. April) und Wurzach (14. April) schwere Niederlagen, die am 22. April im Weingartener Vertrag und dem weitgehenden Ausscheiden Oberschwabens aus dem Konflikt mündeten. Für die Christliche Bruderschaft bedeutete das, dass sie zunehmend isoliert stand und die Möglichkeit bestand, dass der Schwäbische Bund von Osten her in die Gebiete der Bruderschaft einfallen konnte.

Gerade rechtzeitig kam daher das Angebot des vertriebenen Herzogs Ulrich von Württemberg, sich der Christlichen Bruderschaft anzuschließen. Ulrich sah, nachdem sein eigener Feldzug im Februar rasch und umfassend gescheitert war, in den Bauern eine Chance, nun auf diesem Weg sein angestammtes Herzogtum zurückzuerobern. Am Tag vor der Unterzeichnung des Weingartener Vertrags, dem 21. April, vereinte Ulrich seine Kräfte mit denen der Bauern. Dass die Christliche Bruderschaft damit über die Reiterei und Artillerie des Herzogs verfügte, ermöglichte neben weiteren Vorstößen auch die Einnahme der Stadt Engen.

Doch schon bald führten die unterschiedlichen Interessen der Aufständischen auf der einen Seite und dem vertriebenen Herzog auf der anderen Seite zu Konflikten. Man kann nur annehmen, dass weder die Bauern ein Interesse daran hatten, sich vor den Karren des Herzogs spannen zu lassen, noch, dass der Herzog die teils revolutionären Forderungen der Bauern teilte. Diese Konflikte gipfelten darin, dass Ulrich die Bruderschaft bereits nach zwei Wochen, am 4./5. Mai wieder verließ, auf den Hohentwiel als seinen Rückzugsort zurückkehrte und in diesem Jahr keinen Versuch einer Rückeroberung seines Herzogtums mehr unternahm.

Das Ende der Christlichen Bruderschaft

In der Folge der Ausscheidens Herzog Ulrichs aus der Bruderschaft verloren mehrere Tausend Hegauer gemeinsam mit deren Hauptleuten Hans Helbling und Hans Bienckler in der Schlacht bei Böblingen (12. Mai) das Leben, nachdem sie zur Unterstützung der Württemberger Aufständischen entsandt worden waren.

Anfang Mai scheiterte auch ein Versuch der Bruderschaft, die Stadt Villingen einzunehmen. Stattdessen wandten sich die Aufständischen Freiburg zu, zerstörten Burgen und Klöster im Umland und kesselten die Stadt ein. Am 24. Mai, mehr als ein Monat nach dem Weingartener Vertrag, gelang der Bruderschaft noch ein letzter bedeutender Erfolg, als sie die Stadt Freiburg zum Anschluss an das Bündnis zwingen konnten.

Dennoch stand die Christliche Bruderschaft mittlerweile auf verlorenem Posten, viele Regionen waren inzwischen aus dem Aufstandsgeschehen ausgeschieden und die Gegner der Aufständischen hatten reichlich Gelegenheit gehabt, sich zu organisieren. Auch im Gebiet der Bruderschaft verhandelten Teile der Aufständischen bereits mit ihren ehemaligen und zukünftigen Herren. Unter diesem Druck musste die Christliche Bruderschaft schließlich nachgeben. Bis zum Juli 1525 war der Widerstand auch im Hegau, Schwarzwald und Breisgau zum Erliegen gekommen.

Literatur

  • Bumiller, Casimir, Der Bauernkrieg im Hegau 1524/25. Rekonstruktion einer revolutionären Bewegung, Meßkirch 2024.
  • Bumiller, Casimir, Donth so wol und zihet zu uns, damit wir mögen verdriben die Tirannen. Die „Christliche Bruderschaft“ im Hegau, Schwarzwald und Breisgau im Bauernkrieg 1525 – Kommunikation und interregionale Strukturen, in: Akteure des Bauernkriegs im deutschen Südwesten. Motive – Strategien – Kommunikation – Lernerfahrungen, hg. von Sigrid Hirbodian, Sabine Holtz und Edwin Weber, Ostfildern 2025 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde, Reihe B, Bd. 239).
  • Buszello, Horst, Die Christliche Vereinigung und ihre Bundesordnung, in: Der Bauernkrieg in Oberschwaben, in Verbindung mit Peter Blickle, hg. von Elmar L. Kuhn, Tübingen 2000, S. 141–173.

Zitierhinweis: Marius Wieandt, Die Christliche Bruderschaft, in: Bauernkrieg, URL: […], Stand: 07.06.2025.

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