Der Bauernkrieg im Herzogtum Württemberg
von Aaron Bauer und Dominik Wabersich
Das 1495 zum Herzogtum erhobene Württemberg stellte neben den Regionen Oberrhein, Oberschwaben, Franken und Thüringen ein weiteres Aufstandszentrum im Bauernkrieg des Jahres 1525 dar. Zugleich kann Württemberg aber insofern als ein Sonderfall unter diesen Aufstandsregionen betrachtet werden, indem der Aufstand hier stark durch externe Faktoren beeinflusst wurde und die eigentliche Erhebung in Württemberg nur rund einen Monat lang andauern sollte.
‚Armer Konrad‘ und Tübinger Vertrag
Bereits elf Jahre vor dem Bauernkrieg war es in Württemberg zu einem Aufstand gegen die Herrschaft gekommen: Im Zuge des ‚Armen Konrads‘ im Jahr 1514 hatten sich sowohl die württembergischen Bauern als auch die Landstände gegen Herzog Ulrich erhoben. Grund waren Ulrichs verschwenderische Hofhaltung und seine Kriegsbeteiligungen, vor allem am Landshuter Erbfolgekrieg (1503/04).
Die dadurch verursachten Kosten versuchte der Herzog durch die Einführung neuer Steuern zu finanzieren, wobei ihm die Landstände jedoch nur wenig Handlungsspielraum ließen. Als schließlich über die Einführung neuer Gewichte eine Umsatzsteuer auf den Handel mit Getreide in Kraft gesetzt wurde, brachen im Remstal die ersten Unruhen aus. Schließlich schlossen sich in 32 der 43 württembergischen Ämter Bauern, Geistliche und Bürger dem Aufstand an. Ihre Forderungen gingen dabei über die Steuerfrage hinaus und zielten auch auf die Leibeigenschaft und die Nutzung der Allmende ab. Die Bezeichnung ‚Armer Konrad‘ wählten die Aufständischen selbst und machten unter diesem Namen auch mittels Flugblättern Werbung für ihre Sache. Am 28. Mai wollten sich die Aufständischen bei der Kirchweih in Untertürkheim treffen, woraufhin Herzog Ulrich die Versammlung verbat. Er sah sich jedoch gezwungen, einen Landtag zur Beratung der vorgebrachten Beschwerden nach Stuttgart einzuberufen.
Statt in Stuttgart, fand dieser Landtag in Tübingen statt, und zwar ohne Beteiligung der Bauern. Herzog Ulrich schloss am 8. Juli mit den Landständen den Tübinger Vertrag: Die Landstände, allen voran die ‚Ehrbarkeit‘, übernahmen die herzoglichen Schulden und erhielten im Gegenzug weitreichende politische Mitspracherechte. Als die in Stuttgart versammelten Vertreter der Bauernschaft dem Vertrag nicht zustimmen wollten, eskalierte der Aufstand, jedoch brach der Widerstand der Bauern angesichts der militärischen Übermacht des Herzogs schnell zusammen. Eine große Zahl der Aufständischen wurde inhaftiert und hingerichtet.
Dennoch hatten die Aufständischen mit dem Tübinger Vertrag den Herzog in die Pflicht genommen, zumindest auf Teile ihrer Forderungen einzugehen. Gemeinsam mit den Bundschuherhebungen ist der Aufstand des ‚Armen Konrad‘ in die Reihe territorial begrenzter Unruhen einzureihen, die schließlich im Bauernkrieg von 1525 gipfelten.
Vertreibung Herzog Ulrichs
Nachdem Herzog Ulrich bereits 1512 nicht mehr dem Schwäbischen Bund beigetreten war, folgten auf den ‚Armen Konrad‘ weitere Spannungen: Mit seiner adelsfeindlichen Politik[1] brachte er den Bund zunehmend gegen sich auf. Zugleich verlor er den Rückhalt der ‚Ehrbarkeit‘, der bürgerlichen Führungsschicht in Württemberg.
Nachdem er 1519 die Reichsstadt Reutlingen eroberte, erklärte ihn der Schwäbische Bund zum Landfriedensbrecher und stellte ein Heer gegen ihn auf. Herzog Ulrich musste aus seinem Herzogtum fliehen und hielt sich zunächst in seinem linksrheinischen Landesteil Mömpelgard (heute Montbéliard) und ab 1521 auf dem Hohentwiel auf.
Das Herzogtum Württemberg wurde an das Haus Habsburg verkauft und ab 1522 von einer habsburgischen Statthalterregierung regiert. Während die habsburgische Regierung umfassende Verwaltungsreformen in Württemberg durchführte, konnte sie nicht verhindern, dass erneut Beschwerden des ‚Gemeinen Mannes‘ laut wurden. Insbesondere die Reformation, deren Verbreitung die habsburgische Regierung zu unterdrücken versuchte, barg neues Konfliktpotential.
Als Anfang des Jahres 1525 der Bauernkrieg am Hochrhein und in Oberschwaben bereits seinen Anfang genommen hatte, unternahm Herzog Ulrich einen Feldzug zur Rückeroberung Württembergs. Dieser führte ihn über Balingen und Herrenberg bis vor die Tore Stuttgarts. Der Schwäbische Bund hatte zwar ein Heer unter Georg Truchsess von Waldburg gegen den Herzog aufgestellt, jedoch waren es letztlich die Schweizer Söldner, die Ulrichs Feldzug beendeten, indem sie sein Heer vor Stuttgart verließen.
Der Bauernkrieg in Württemberg
In dieser unruhigen Zeit kam Ende März 1525 der Bauernkrieg nach Württemberg. Zunächst waren es die Bauern im Remstal, die das Programm der Zwölf Artikel übernahmen und sich mit den Odenwälder Bauern Anfang April zum Neckartal-Odenwälder Haufen zusammenschlossen. Am 14. April forderten sie die Bauern im Bottwartal zum Anschluss auf, ehe sie unter der Führung Jäcklein Rohrbachs am 16. April Burg und Stadt Weinsberg einnahmen und tags darauf die ‚Weinsberger Bluttat‘ verübten.
Während die Burg Weinsberg in Flammen aufging, versammelten sich die Bottwartaler Bauern am 16. April auf dem Wunnenstein und wählten dort den gemäßigten Matern Feuerbacher zu ihrem Hauptmann. Vom Wunnenstein zog der Bottwartaler Haufen zunächst nach Lauffen, vereinigte sich mit den Aufständischen von Weinsberg und zog von dort den Neckar aufwärts.
Ebenfalls am 16. April stürmten Aufständische im Zabergäu das Schloss Stocksberg, ehe sie am 18. April Hans Wunderer zu ihrem Anführer wählten. Bei Löchgau vereinigten sich die beiden Haufen. Über Bietigheim, Horrheim und Vaihingen zogen die etwa 10.000 Aufständischen auf Stuttgart zu, wo sie am 25. April ankamen.
Die Stadt, die sich knapp einen Monat zuvor noch gegen Herzog Ulrich verteidigt hatte, öffnete den Aufständischen kampflos die Tore. Die habsburgische Regierung hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits nach Tübingen in Sicherheit gebracht.
In Stuttgart organisierten sich die württembergischen Aufständischen neu und bezeichneten sich fortan als ‚Heller Christlicher Haufen‘. Unter der Führung Feuerbachers betrachteten sie sich als die rechtmäßige Vertretung der ‚Landschaft Württemberg‘ und knüpften damit auch an die im Tübinger Vertrag zugesicherten landständischen Rechte an.
Im Unterschied zu den anderen Aufstandsregionen des Bauernkriegs bedeutete dies vor allem, dass Plünderungen württembergischer Klöster und Schlösser nach Möglichkeit vermieden wurden. So kam beispielsweise ein Zusammenschluss mit den Gaildorfer Bauern nicht zustande, nachdem diese am 29. April den Hohenstaufen abgebrannt hatten.
Von Stuttgart aus setzte der Helle Haufen seinen Zug entlang des Neckars fort, um weitere Teile Württembergs zum Anschluss zu bewegen. Über Nürtingen kamen die Aufständischen bis zum 1. Mai nach Kirchheim. Dort erreichte sie die Nachricht vom Anrücken des Bundesheeres unter Georg Truchsess von Waldburg, das nach den Schlachten bei Leipheim und Wurzach und dem Abschluss des Weingartener Vertrags die Aufstände in Oberschwaben weitestgehend hatte beenden können.
Bislang hatte Matern Feuerbacher noch Verhandlungen mit dem Schwäbischen Bund angestrebt. Als sich am 3. Mai die Stadt Urach in der Hoffnung auf Unterstützung durch das herannahende Bundesheer zum wiederholten Male weigerte, sich den Bauern anzuschließen, entschied sich der Helle Haufen zum Rückzug, steckte zuvor aber noch Burg Teck in Brand. Über Degerloch zog der Haufen nach Süden gegen Herrenberg, das ebenfalls den Anschluss verweigerte. Nachdem der Helle Haufen Verstärkung aus dem Schwarzwald erhalten hatte und Matern Feuerbacher als Hauptmann durch Melchior Uhlbacher ersetzt worden war, stürmten die Bauern die Stadt am 8. Mai.
Das Bundesheer, das dem Hellen Haufen über Tübingen und durch den Schönbuch gefolgt war, zwang die Bauern am 11. Mai erneut zum Rückzug. Am 12. Mai kam es bei Böblingen zur Entscheidungsschlacht, die das Ende des Hellen Haufens und des Bauernkriegs in Württemberg bedeutete.
Nach der Schlacht bei Böblingen wurden insbesondere die Beteiligten an der ‚Weinsberger Bluttat‘ hart bestraft, der Großteil der Aufständischen musste Urfehde schwören. Obwohl der Bauernkrieg in Württemberg vergleichsweise kurz (Mitte April - Mitte Mai) angedauert hatte, hatte Württemberg mit den Ereignissen von Weinsberg und Böblingen doch zwei der blutigen Höhepunkte des Bauernkriegs gesehen.
In Württemberg führte der Bauernkrieg dazu, dass sich die Obrigkeit bemühte, Untertanenkonflikte gerichtlich zu lösen. So gilt es als wahrscheinlich, dass der erstaunliche Ausbau der landschaftlichen Rechte im Herzogtum Württemberg im 16. Jahrhundert[2] indirekt durch die Ereignisse des Jahres 1525 gefördert wurde.
Anmerkungen
[1] Haug-Moritz, Ulrich I.
[2] Maurer, Bauernkrieg, S. 294.
Literatur in Auswahl
- Blickle, Peter, Die Revolution von 1525, 4. Auflage, München 2004.
- Blickle, Peter, Unruhen in der ständischen Gesellschaft 1300–1800, 3. Auflage, München 2012 (Enzyklopädie Deutscher Geschichte, Bd. 1).
- Ehmer, Hermann, Württemberg, in: Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500–1600, Bd. 5: Der Südwesten, hg. von Anton Schindling und Walter Ziegler, Münster 1993 (Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung, Bd. 53), S. 168–192.
- Haug-Moritz, Gabriele, Art. Ulrich I., in: Neue Deutsche Biographie (2016), S. 600 f., URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz56405.html#ndbcontent (aufgerufen am 12.07.2025).
- Maurer, Hans-Martin, Der Bauernkrieg als Massenerhebung. Dynamik einer revolutionären Bewegung, in: Bausteine zur geschichtlichen Landeskunde von Baden-Württemberg, hg. von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Stuttgart 1979, S. 255–295.
- Ulbrich, Claudia, Oberschwaben und Württemberg, in: Der deutsche Bauernkrieg, hg. von Horst Buszello/Peter Blickle/Rudolf Endres, Paderborn 1984, S. 97–133.
Zitierhinweis: Aaron Bauer und Dominik Wabersich, Der Bauernkrieg im Herzogtum Württemberg, in: Bauernkrieg, URL: […], Stand: 24.09.2025.

leobw